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Digitalpolitik
Facebook blockiert Analysetools zu politischen Ads

Facebook blockiert Analysetools zu politischen Ads

Niklas Lewanczik | 29.01.19

Das System soll dubiose Player am Sammeln von Nutzterdaten hindern, erschwert es Organisationen aber auch, Transparenz zu politischen Ads zu generieren.

Das Soziale Netzwerk macht mit einem Update für die Plattform von sich Reden. Denn nun werden Plug-ins durch Code daran gehindert, Nutzerdaten zu generieren, die Verbindungen zwischen Präferenzen und Handlungen der Facebook User und den ihnen präsentierten Werbeanzeigen herstellen. Facebook möchte damit verhindern, dass solche Daten missbraucht werden. Gleichzeitig können Überwachungsorganisationen wie ProPublica keine transparenten Informationen zum Targeting auf Facebook ermitteln.

Facebook blockiert Plug-ins, ProPublica und Co. wehren sich

Politische Werbung auf Facebook ist immer wieder ein Reizthema. Sie sorgt seit Jahren für Kritik am Medium, doch hat sie natürliche ihre Daseinsberechtigung. Wichtig ist dabei, dass es eine transparente Darstellung gibt, die aufzeigt, wer für was wirbt. Facebook hat daher seine Werbebibliothek eingeführt, in der die Finanzierung für als politisch eingestufte Werbeanzeigen nachvollzogen werden kann. Außerdem wurden jüngst für 2019 weitere Optimierungen zur Transparenz angekündigt. In der EU sollen beispielsweise vor den Europawahlen im Mai weitere Tools zur Werbetransparenz ausgerollt werden.

Unabhängig davon blockiert die Plattform aber neuerdings Plug-ins, die Informationen zum Targeting der Nutzer auf Facebook generieren. Denn beim Netzwerk wurde ein Update durchgeführt, das sowohl Adblocking als auch Adscraping vorbeugen soll. Hierbei wurde der Code der Seite derart modifiziert, dass Plug-ins keine Informationen mehr hinsichtlich des Targetings politischer Ads extrahieren können. Facebooks Director of Product, Rob Leathern, erklärt bei Twitter:

Er reagiert damit auf die Kritik von ProPublica. Die Non-Profit-Organisation setzt sich für investigativen Journalismus und politische Transparenz ein. Die Tools Ad Analysis for Facebook von Mozilla, jenes von WhoTargetsMe und auch ProPublicas funktionieren bei Facebook inzwischen nicht mehr. Das macht die Organisation in einem Blogpost klar.

ProPublica hatte mithilfe seines Plug-ins, das tausende Nutzer installiert hatten, Daten von Facebook gesammelt, die Informationen wie Alter, Geschlecht, politische Präferenzen oder regionale Daten mit politischen Ads abglichen, um Targeting-Muster aufzudecken. Damit sollte verdeutlicht werden, wie sich politisches Targeting auf Facebook darstellt.

ProPublica setzt verschiedene Filter an, um das Targeting von Facebook Ads aufzudecken, Screenshot Facebook Political Ad Collector von ProPublica

ProPublica kritisiert Facebooks Blockade und verweist auf Mikro-Targeting

Die Facebook-Sprecherin Beth Gaultier gab zum Update ergänzend an:

We regularly improve the ways we prevent unauthorized access by third parties like web browser plugins to keep people’s information safe. This was a routine update and applied to ad blocking and ad scraping plugins, which can expose people’s information to bad actors in ways they did not expect.

Während so nun einerseits die Daten der Nutzer geschützt werden sollen, bedeutet das beim Thema Advertising weniger Transparenz. Denn das Werbearchiv Facebooks ist, wie ProPublica berichtet, nicht so informativ, wie es sein sollte. Es liefert keine Informationen zum Targeting nach Alter, Geschlecht, Ethnien usw. Aber genau diese Mikro-Targeting-Aspekte machen sich politische Advertiser zunutze – was die Organisation aufzuzeigen versucht. Außerdem hat ProPublica öfter Werbung ausgemacht, die nicht im Archiv zu finden war, aber durchaus politischer Natur ist, zum Beispiel von der National Rifle Association; die die Lobby in den USA mitbestimmt.

Darüber hinaus können Journalisten in vielen Ländern, etwa in Kanada oder Israel, wo auch Wahlen anstehen, keine konkreten Informationen über das Targeting erlangen. Um diesen Zustand zu ändern, hat Facebook ein Tool namens API entwickelt, das noch in der Betaphase steckt. ProPublica gehört zu den wenigen, die es derzeit schon testen dürfen; allerdings unter Verschwiegenheitsvorschriften. Jedoch soll dieses Tool ebenfalls nur die Recherche basierend auf Keywords erlauben.

ProPublicas Tool hatte politische Ads insofern analysiert, als die Informationen aus dem Bereich „Warum wird mir diese Ad angezeigt“ extrahiert und zur Targeting-Analyse hinzugefügt wurden. Mit Facebooks Code Update sind Plug-ins aber nicht mehr in der Lage, diesen Bereich abzurufen.

Facebook Ad mit Zusatzinformationen
ProPublica hat die Informationen zur Ad aufgerufen und analysiert, © ProPublica

Wie genau die Analyse vonstatten ging, erklärt die Organisation im Post. Dabei wird auch klargestellt, dass Facebook öfter seinen Code ändert, um Plug-ins auszusperren. Der aktuelle geänderte Code sieht wie folgt aus:

Facebooks Update: Das Nutzerinteresse nur vorgeschoben?

Schließlich mag das Ziel Facebooks, die Datensicherheit der Nutzer schützen zu wollen, ein lobenswertes sein. Allerdings gehört das auch in den Verantwortungsbereich, den eine solche Marktmacht mit sich bringt. Dass mit dem veränderten Code aber wiederum Adblocker und Plug-ins zur Werbeanalyse auf der Plattform ausgesperrt werden, zeugt von einer unverbindlichen Haltung gegenüber der Forderung nach mehr Transparenz beim Thema politische Werbung. Das Targeting wird ohne die Tools Dritter wie ProPublica kaum durchsichtiger.

Und wenn Ads der NRA oder für Wahlreformen nicht als politisch anerkannt, während LGBTQ-Inhalte mitunter als solche deklariert werden, dann ist das Werbesystem nicht ausgereift; und schon gar nicht transparent. Diesen Vorwurf muss Facebook sich angesichts der technischen Abschottung von einer genaueren Analyse gefallen lassen.

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