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Native Advertising – Die Zukunft der Online-Werbung oder der nächste Adblocker-Filter?

Native Advertising – Die Zukunft der Online-Werbung oder der nächste Adblocker-Filter?

Stefanie Schröer | 24.01.16

Lohnt sich der Aufwand für gute Native Ads oder werden auch die zukünftig einfach blockiert? Genau das wollten wir von den Anbietern der Adblocker wissen.

Adblocker haben vor allem im vergangenen Jahr weltweit an Beliebtheit gewonnen. Deutschland führt das Ranking, nicht gänzlich unerwartet, an. Die genauen Zahlen variieren von Studie zu Studie, Branche zu Branche und sicherlich auch von Website zu Website. Aktuell setzen je nach Branche zwischen fünf und 60 Prozent der Internetnutzer Adblocker ein.

Native Ads: Die Lösung?

Advertorials, gesponsorte Blogartikel, Produktplatzierungen in Videos oder Text/Bild-Teaser in Feeds und Newslettern: Native Advertising wird häufig als „Rettung vor den Adblockern“ gesehen.

Native Ads sehen nicht aus wie Werbung, sondern werden an die jeweilige Website angepasst. Für den Besucher ist manchmal nicht auf den ersten Blick zu erkennen, dass es sich um ein bezahltes Format handelt, da sich die Werbung in das Umfeld integriert.

Natürlich muss jede Anzeige, auch Native Ads, als solche gekennzeichnet werden. In welcher Form genau, ist derzeit noch nicht einheitlich geregelt. Gebräuchlich ist die Kennzeichnung mit „Anzeige“ oder „Sponsored“.

Sponsored Post Onlinemarketing.de

Diese Kennzeichnung macht es aber theoretisch möglich, dass auch diese „Anzeigen“ von Adblockern gefunden und blockiert werden.

Ob das tatsächlich der Fall ist bzw. demnächst sein wird, wollten wir direkt von der Quelle, von den Adblockern wissen. Schließlich ist die Erstellung von wirklich guten Native Ads mit viel Aufwand verbunden. Da möchten wir als Marketer schon wissen, ob sich das lohnt oder ob dieser Content gar nicht erst bei der Zielgruppe ankommt.

Laut Ben Williams von Eyeo (Adblock Plus) entsprechen die meisten Native Ads den aktuellen Anforderungen für „Acceptable Ads“ und können daher auf die Whitelist kommen. Das klingt erst einmal gut, hat aber zwei Haken: Adblock Plus-Nutzer entscheiden selbst, ob sie diese Whitelist akzeptieren oder ebenfalls blockieren wollen. Zweitens ändern sich genau diese Anforderungen laufend. Adblock Plus zum Beispiel wird noch in diesem Jahr die Kontrolle darüber abgeben, zukünftig soll ein unabhängiges Gremium diese Anforderungen festlegen.

Werden Adblocker Native Ads zukünftig ebenfalls blockieren?

In der Praxis werden bisher nur über Drittanbieter-Netzwerke eingebundene Native Ads blockiert.

Interessanter ist folgendes: AdBlock, Adblock Plus und Adguard blockieren keine Inhalte, die direkt im Content Management System des Publishers abgelegt sind. Also zum Beispiel Advertorials oder gesponsorte Blogartikel. Andrey Meshkov von Adguard sagte uns dazu:

Wir und andere Adblocker entscheiden überhaupt nicht darüber, was blockiert wird. Erst, wenn es entsprechende Anfragen von Nutzern gibt, werden diese Anzeigen blockiert. Ich kann mir nicht vorstellen, das Nutzer uns bitten, ganze Inhalte zu blockieren. Außerdem wäre es technisch schwierig, die Qualität eigener Inhalte eines Publishers zu beurteilen.

Ähnlich sieht es Ben Williams:

Die Verantwortung für Advertorials und gesponsorte Inhalte liegt beim Publisher. Wir geben Nutzern nur die Möglichkeit, störende, nicht relevante Anzeigen zu blockieren. Ein Teaser-Link zu einem gesponsorten Artikel auf der eigenen Seite des Publishers ist normalerweise nicht störend und wird auch nicht blockiert. Klickt der Besucher bewusst auf diesen Link, um den Inhalt zu sehen, ist es schon gar nicht in unserem Interesse, den folgenden Inhalt zu blockieren.

AdBlock (nicht zu verwechseln mit AdBlock Plus, wobei das Unternehmen erst kürzlich übernommen wurde) wies uns allerdings auch deutlich auf die Gefahrenquellen für die Werbebranche hin:

Es liegt in den Händen der Werbetreibenden, ob zukünftig auch Native Ads blockiert werden. Werbebranche und Publisher müssen zusammenarbeiten, um ein Zusammenspiel aus Werbung und Inhalt zu schaffen, auf das sie stolz sein können. Sollte die Branche das nicht schaffen, werden zunehmend mehr Menschen Adblocker einsetzen und AdBlock wird zukünftig weitere Inhaltsfilter entwickeln.

Skalierbare ‘Native Ads’ versus ‘bezahlter Content’

Was hier wohl schon deutlich wird, ist, dass Native Ads nicht gleich Native Ads ist. Von Schleichwerbung (nicht gekennzeichneten Produktplatzierungen und Artikel) über Text/Bild-Links direkt zur Website des Anzeigenkunden bis hin zum Advertorial und gesponsortem Blogartikel wird so einiges als ‘Native Ad’ bezeichnet.

Im Gespräch mit den Adblockern wurde allerdings deutlich, dass es zwei grobe Richtungen gibt.

  • Die einfache Variante: Anzeigen, die vorgeben „native“ zu sein und häufig über Drittanbieter auf vielen Websites gleichzeitig ausgespielt werden.
  • Die Königsdisziplin: Echte Native Ads, prinzipiell ‘gesponsortes Content Marketing”. Individuell für die Zielgruppe eines Publishers erstellt, mit echtem Mehrwert und direkt im Content Management System des Publishers verankert.

Skalierbare Native Ads – die einfache Variante

Die erste Variante ist natürlich skalierbarer als die zweite. Das Verhältnis von Aufwand zu Reichweite scheint besser zu sein. Das Resultat lässt aber häufig zu wünschen übrig.
Eine solche Anzeige unterscheidet sich in der Herangehensweise kaum von normalen Display Anzeigen.

Nehmen wir zum Beispiel einen Text/Bild-Teaser, der zwar genauso aussieht wie eigene Teaser der Website, aber direkt zum Anzeigenkunden verlinkt. Solche Teaser, wenn sie gleichzeitig über viele Websites ausgespielt werden, fügen sich eigentlich nie in das Konzept der Website ein. Werden diese Anzeigen über ein Drittanbieter-Netzwerk ausgeliefert, können Adblocker-Nutzer sie blockieren.

Bezahlter Content – die Königsdisziplin

Die zweite Variante erfordert ein Umdenken sowohl der Anzeigenkunden als auch der Publisher, verspricht aber langfristig für beide Seiten interessantere Resultate.

Gesponsorte Artikel, die exklusiv für einen Publisher bzw. dessen Zielgruppe erstellt werden, im Idealfall sogar mit dem Publisher zusammen, können eine echte Win-Win-Win Situation erreichen.
Bekannte Beispiele hierfür sind natürlich Buzzfeed, das sich vollständig über gesponserte Artikel finanziert, aber auch Brandvoice, die Native Ads-Abteilung von Forbes. Während Buzzfeed die Inhalte der Anzeigen grundsätzlich selbst erstellt, ist das bei Forbes ein Zusatzmodul. In beiden Fällen müssen die Inhalte aber zur Zielgruppe passen.

Sponsored Post auf Forbes.com, Screenshot der Seite
Sponsored Post auf Forbes.com, Screenshot der Seite

Ein anderes Beispiel eines meiner Kunden im letzten Jahr: Ein gesponserter Produkttest auf einem kleineren Portal mit in den besten Monaten ca. 300.000 Besuchern.

Bei den Lesern kam der Artikel gut an. Neben Dutzenden Facebook-Kommentaren wurden die Produkte auch direkt gekauft. Profitabel für den Anzeigenkunden, für den Publisher ebenfalls und echter Mehrwert für den Leser, dem dieses Produkt tatsächlich geholfen hat.

Dieses Modell funktioniert nur, wenn die Redaktion des Publishers sich nicht beeinflussen lässt und ihre Glaubwürdigkeit behält. In diesem Fall wurde der Artikel zwar bezahlt, aber ohne jegliche Vorgaben zum Inhalt. Man könnte sagen, der Publisher wurde für seinen Aufwand bezahlt, Test und Artikel zu machen, nicht aber für das Ergebnis.

So etwas kann man sich als Marketer leisten, wenn man extrem gute Produkte vertritt und Publisher findet, die genau die richtige Zielgruppe haben. Eine tiefergehende Analyse der Native Ads-und speziell der Sponsored Content-Branche findest du in diesem Artikel von Moz.com.

Mythos: Adblocker-Nutzer wollen alles umsonst haben

Interessanterweise haben Adblocker-Nutzer gar nicht die angebliche „Kostenlos“- Mentalität. Eine Studie von Fittkau & Maaß (2014) zeigte, dass Adblocker überproportional häufig von hoch-qualifizierten Menschen mit Interesse für Wirtschaft, Wissenschaft und Politik eingesetzt werden, die durchschnittlich in den letzten zwei Wochen vor der Studie 500 Euro online ausgegeben haben.

Das ist zwar nur „eine“ Studie, aber mit interessantem Ergebnis. Diese Gruppe ist für viele Werbetreibende relevant und es wäre zukünftig sicher sinnvoller, genau diese Leute nicht mit Adblocker-Blockern weiter zu verärgern, sondern sich mit deren Wünschen zu beschäftigen.

Eine Studie von GreenAdz (2015) zeigte, das Adblocker-Nutzer durchaus Werbung anklicken, aber eben nur solche, die sie interessant finden.

Ob es also wirklich zielführend ist, Adblocker-Nutzer als „Asoziale“ zu bezeichnen und eine Zusammenarbeit mit Adblockern abzulehnen, da die “Meinung von Nicht-Experten als nicht relevant” einzustufen sei? (Zitate einer Panel-Diskussion mit Vertretern der Werbebranche der letztjährigen d3con)

Wo wird die Reise hingehen?

Im Idealfall wird es ein Umdenken der Werbebranche geben. Weg von störenden, nervigen Anzeigen und hin zu echtem Mehrwert. Der generelle Aufwärtstrend des ‘Content Marketing’ der letzten Jahre zeigt zumindest, dass das Interesse in die richtige Richtung geht.

Die Verbreitung der Adblocker-Blocker und Anti-Adblocker Kampagnen zum Beispiel von Bild.de und aktuell von Rtl.de führen allerdings in die andere Richtung und wollen dem Internetnutzer aufdiktieren, Werbung zu akzeptieren. Genauso wenig, wie wir jemanden zwingen können, unsere Produkte zu kaufen, können wir Website-Besucher zwingen, Anzeigen anzuschauen.

Ein Ausweg wäre Werbung, die nicht nervt. Werbung, die unseren Kunden direkten Mehrwert liefert und die sie sogar unbedingt haben wollen (und im besten Fall sogar teilen). Möglich ist es, profitabel kann es auch sein.

Sowohl für Werbetreibende als auch für Publisher wird es zunehmend wichtiger werden, die Meinung der Internetnutzer zu kennen und zu respektieren. Sonst werden auch für neue Werbeformen neue “Adblocker” auftauchen.

Kommentare aus der Community

Stefanie P. am 25.01.2016 um 15:18 Uhr

Ich finde das Thema insgesamt total schwierig: Im Gegensatz zu den meisten Bannern dürften vielen Nutzern – trotz entsprechender Auszeichnung – wahrscheinlich nicht klar sein, wann sie einen Sponsored Post / eine Native Ad / whatever vor sich haben und wann nicht.

Antworten
Stefanie Schröer am 25.01.2016 um 17:48 Uhr

Es wäre sicherlich sinnvoll, wenn es dazu mehr Klarheit gäbe, nicht nur aus rechtlicher Sicht. Zum Beispiel könnten Publisher genauer erklären, weshalb und wofür sie genau bezahlt werden und weshalb sie ein Produkt (Marke etc.) so gut finden, dass sie es bewerben. Was auch ihrer Glaubwürdigkeit zugute käme, so es denn wirklich transparent gemacht wird.

Antworten
Moritz am 25.01.2016 um 08:36 Uhr

und letztlich läuft es trotzdem darauf hinaus, daß die Werbetreibenden erpresst werden und alles auf dem Rücken der Marketing-Budgets ausgetragen wird: „Sollte die Branche das nicht schaffen, werden zunehmend mehr Menschen Adblocker einsetzen und AdBlock wird zukünftig weitere Inhaltsfilter entwickeln.“

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