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d3con Experteninterview: Uli Hegge

d3con Experteninterview: Uli Hegge

Thomas Promny | 09.02.12

Das Online-Urgestein über die heutigen Potenziale des Targeting, Viviane Reding und die Herausforderungen der DSPs.

Heute sind es noch 50 Tage bis zur d3con Konferenz am 30.03. in Hamburg. Für diejenigen, die es nicht erwarten können, lassen wir in den nächsten Wochen einige der Speaker hier zu Wort kommen und uns schon mal einen kleinen Vorgeschmack darauf geben, was es auf der d3con zu lernen gibt.

Heute freuen wir uns, Uli Hegge zum Interview begrüßen zu dürfen, deutsches Online-Urgestein, ehemals Gründer von wunderloop und Moderator bei der d3con.

Uli, du bist ein echtes Urgestein der Online-Branche und hast mit 7d/wunderloop in Deutschland das Thema Targeting erfunden und etabliert.
Heute, ungefähr eine Dekade nachdem du damit angefangen hast, fängt das Thema an, sich richtig durchzusetzen. Was hat damals gefehlt und warum funktioniert Targeting erst heute?

Na, kurz vor der Rente versuche ich mich dann mal zu erinnern ;) Es gibt mehrere Faktoren, die über die Jahre dazu beigetragen haben, die alte Vision im Markt wahr werden zu lassen. An der Technik und der grundsätzlichen Idee hat es nicht gelegen. Sorry, das wird deswegen etwas ausführlicher:

Zunächst einmal fehlte anfangs der Druck auf Seiten der Publisher, sich (auch) auf eine direkte Audience-Ansprache statt ihr Inventar zu konzentrieren. Die kleineren Publisher waren mit Display über Netzwerke, AdSense und Affiliate einigermassen zufrieden. Die Premium-Vermarkter fanden das Thema spannend, aber schwierig im Verkauf zu positionieren. Einige der Agenturen und Werbetreibenden haben übrigens sehr früh begonnen, das zu unterstützen. Da fehlten dann anfangs trotzdem weitere Rahmenbedingungen – siehe unten.
Im Laufe der Zeit haben alle gelernt, wie sie die verschiedenen Disziplinen des Targetings für sich am besten nutzen, d.h. mehr Effizienz einerseits bei ausreichend hohen Vermarktungserlösen andererseits. Um das zu lernen, brauchte es einfach Zeit. Und ehrlicherweise muss man auch sagen, dass es immer noch sehr viel Optimierungsbedarf und damit auch Optimierungschancen gibt.

Damit zusammen hängt natürlich die für Targeting notwendige Reichweite. Egal, ob ich auf Branding oder Performance abziele, mit jedem gewählten Merkmal verenge ich die Reichweite. Nur bei ausreichendem Traffic ist Targeting jeglicher Disziplin denkbar. Und den gibt es erst seit ein paar Jahren.

Wichtig war auch die Ausprägung der verschiedenen Targeting-Arten: „Klassisches“ Behavioral Targeting, Predictive Behavioral Targeting, insbesondere auch Retargeting mussten alle verstanden, ausprobiert und als Best Practise gelernt werden.
Für Targeting im Branding Display-Bereich ist darüber hinaus die Etablierung eines Marktstandards notwendig, d.h. in Deutschland ist das derzeit nugg.ad. Und Retargeting hat erst mit ausreichend Inventar auf den RTBs abheben können.

Aktuell ist übrigens erkennbar, dass sich nicht wenige Startups mit der Optimierung oder sogar Ablösung des aktuellen Targeting-Ökosystems beschäftigen. Das wird wieder richtig spannend.

Du beschäftigst dich auch viel mit den rechtlichen Themen, die die Display-Targeting-Branche betreffen. Welches Szenario hältst du für am wahrscheinlichsten, wie wird in den nächsten Jahren die Branche aussehen: Freiwillige Selbstkontrolle der Branche oder doch Opt-in für alle Cookies?

Meine Kontakte bei der Europäischen Kommission haben hinter vorgehaltener Hand eine klare Meinung: „Ihr, die betroffene Industrie, hattet über 3 Jahre Zeit, vernünftige Vorschläge für eine Selbstregulierung zu machen. Das habt ihr versaut, die wesentlichen Punkte der Transparenz und Wahlmöglichkeit haben eure Vorschläge nicht adressiert. Jetzt machen wir es so, wie wir es für richtig halten.“ Das wären also die Entwürfe von Viviane Reding und die Interpretation bzw. Ergänzung durch die Art. 29-Gruppe. Grundsätzliches Opt-in, volle Offenlegung, Datenportabilität etc.

UPDATE: Ich bin darauf hingewiesen worden, dass es an verschiedenen Stellen sehr wohl aktuelle konstruktive Gespräche mit der European Commission gibt. Die mir gegenüber gemachten Äußerungen seien entsprechend nicht repräsentativ für den Stand des Dialogs von Industrie und EC.
Das hört sich nach einer deutlich positiveren Entwicklung an, sehr gut!

Aber, und das ist sehr wichtiges Aber – es ist kaum vorstellbar, dass das gesamte Online Marketing und sogar viele Basis-Funktionen des Netzes (Sharing, Shopping Carts etc.) isoliert in Europa umgebaut werden. Auch wenn sich nicht in der EU beheimatete und Daten verarbeitende Unternehmen dann direkt (nicht nur indirekt, Stichwort u.a. Safe Harbor) an den hier geltenden rechtlichen Rahmen halten müssen, kann das nur auf einer einheitlichen internationalen Basis funktionieren. Ansonsten haben wir nicht ein Internet, sondern je nach Nutzungsland x verschiedene Internets. Das kann ich mir nicht vorstellen. Und halte es übrigens auch für grundfalsch.

Am wahrscheinlichsten ist es, dass jetzt erneut, aber auf Basis der vorgelegten Regelungen, verhandelt wird. Und am Ende wird es einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss geben, der vermutlich eine Art modifiziertes Cookie-Handling umfasst. Ein paar Ideen dazu gibt es, und auch Unternehmen und Startups, die in dem Bereich etwas anbieten. Klar ist, dass Mobile Teil dieser Lösung sein muss. Und da wird es wirklich „herausfordernd“…

Bei der d3con Konferenz wirst du das DSP Demand Side Platforms Panel moderieren und den Kollegen von Rocket Fuel, Mediamath, Semasio, StrikeAd und ClickDistrict ein paar schlaue Erkenntnisse entlocken. Wo siehst du heute die wichtigsten Herausforderungen für die DSPs?

He, die Leute sollen doch zur d3con kommen, da kann ich doch nicht alles schon vorher verraten! Na gut, ein paar Punkte:
In dem Spannungsfeld zwischen den Zielen der Demand Side und der Sell Side werden immer wieder „Daten“ genannt. Derjenige, der die meisten und besten Daten hat, kann am besten einkaufen und am effizientesten aussteuern. Wer hat diese tollen Daten, zu welchem Preis sind sie verfügbar?
Eine andere Herausforderung, und damit unseren Themen vor über 10 Jahren nicht unähnlich: Versteht der Markt überhaupt schon in ausreichendem Maß, was das alles soll, d.h. trägt der Markt so viele unterschiedliche Player? Und gibt es ausreichend (bezahlbares) Know-how, die alle zu bedienen?
Oder auch: Gibt es tatsächlich Killer-Features für DSPs, und was wären die? Wie sieht die Positionierung in 2, 3 Jahren aus?
Die richtig fiesen Sachen kommen dann doch erst auf der d3con ;)

Vielen Dank, viel Erfolg und bis bald bei der d3con, Uli!

Wer Lust auf das Thema bekommen hat und noch nicht angemeldet ist, kann das hier nachholen:

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