Human Resources
Effizienz oder Enttäuschung? KI-Experience-Gap sorgt für Frust bei Beschäftigten und Unternehmen

Effizienz oder Enttäuschung? KI-Experience-Gap sorgt für Frust bei Beschäftigten und Unternehmen

Marié Detlefsen | 27.11.25

KI soll Zeit sparen – und tatsächlich gewinnen viele Arbeitnehmer:innen wöchentlich über eine Stunde dazu. Doch dieser Vorsprung schrumpft schnell wieder, weil ständige Korrekturen und neu formulierte Prompts genau jene Zeit auffressen, die KI eigentlich zurückgeben sollte. Die erwartete Effizienz durch KI und der eigentliche Output gehen daher noch weit auseinander.

Künstliche Intelligenz hat in vielen Unternehmen längst den Status eines Heilsversprechens erreicht. Sie soll Prozesse beschleunigen, Entscheidungen stützen und ganze Workflows entlasten. Und tatsächlich integriert ein Großteil der Unternehmen die neue Technologie bereits in ihre Arbeitsabläufe. Doch sobald KI-Tools im Alltag eingesetzt werden, prallen Wunschvorstellungen auf eine oft unbequeme Realität – zu dieser Erkenntnis kommt eine aktuelle Untersuchung von Pendo in Zusammenarbeit mit Appinio.

Zeitersparnis durch KI? Nur auf dem Papier

Rein emotional betrachtet startet KI mit einem enormen Vertrauensvorschuss: 85 Prozent der Befragten beschreiben KI als spannend und voller Potenzial. Trotz dieser positiven Grundhaltung erlebt ein großer Teil der Nutzer:innen im Alltag jedoch etwas vollkommen anderes: eine Mischung aus Nutzen, Hürden und wachsender Skepsis.

Denn obwohl 75 Prozent die Technologie als grundsätzlich hilfreich einstufen, löst sie gleichzeitig Frust aus. Dieser Widerspruch zeigt sich besonders im täglichen Umgang, da die Beschäftigten laut der Studie viel Zeit damit verbringen, ihre Anfragen anzupassen oder erneut zu formulieren. Unter den regelmäßigen Anwender:innen sind es sogar 96 Prozent, die Woche für Woche ihre Prompts nachjustieren, um brauchbare Ergebnisse zu erhalten.

Das mag zwar harmlos klingen, bringt allerdings auch einige Konsequenzen mit sich. So feilt fast die Hälfte der Befragten (42 Prozent) so lange an Eingaben herum, bis die Antwort endlich passt. Andere wechseln direkt zur klassischen Suchmaschine (48 Prozent), vor allem wenn das KI-Tool noch nicht verlässlich genug wirkt. 18 Prozent geben bei schlechten Ergebnissen sogar komplett auf.

42 Prozent der Befragten feilen so lange an Prompts herum, bis die Antwort endlich passt (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Pento
42 Prozent der Befragten feilen so lange an Prompts herum, bis die Antwort endlich passt (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Pento

Des Weiteren berichtet die Studie von einer paradoxen Effizienz. So geben immerhin 36 Prozent an, dass sie durch KI wöchentlich mehr als eine Stunde Arbeitszeit gewinnen. Dieser Vorteil wird jedoch durch den ständigen Korrekturaufwand teilweise wieder aufgehoben. KI spart also Zeit, aber nimmt sie an anderer Stelle gleich wieder weg. Genau hier öffnet sich die Kluft zwischen theoretischem Mehrwert und tatsächlicher Erfahrung.

Vertrauen in KI-Ergebnisse bleibt brüchig

Ob Menschen die Resultate von KI für zuverlässig halten, ist ein entscheidender Faktor für den Einsatz im Unternehmen. Doch auch in diesem Punkt geben lediglich 30 Prozent an, dass sie darauf vertrauen, dass die gelieferten Informationen korrekt sind. Nur 36 Prozent fühlen sich zudem überhaupt sicher genug, um die Tools so zu bedienen, dass sie bestmögliche Ergebnisse erzielen. Damit wird deutlich, dass es weniger an der Technologie scheitert, sondern eher an fehlendem Wissen darüber, wie man sie richtig nutzt.

Lediglich 30 Prozent vertrauen darauf, dass die gelieferten Informationen korrekt sind (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Pento
Lediglich 30 Prozent vertrauen darauf, dass die gelieferten Informationen korrekt sind (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Pento

Aus diesem Grund würden 80 Prozent der Befragten sich wünschen, dass Unternehmen gezielte Schulungen oder klare Anleitungen anbieten. Der Bedarf an Orientierung ist riesig und zeigt, dass Mitarbeitende zwar motiviert sind, aber Unterstützung benötigen.


Die Mehrheit der Beschäftigten wünscht sich mehr KI-Schulungsangebote seitens ihrer Unternehmen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Pento
Die Mehrheit der Beschäftigten wünscht sich mehr KI-Schulungsangebote seitens ihrer Unternehmen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht), © Pento

Wenn KI schlechte Erfahrungen produziert, leidet der ROI

Die Studie weist darauf hin, dass frustrierte Interaktionen weit über das persönliche Nutzer:innenerlebnis hinausgehen. Wer ständig zwischen Tools hin- und herspringt, Aufgaben abbricht oder Ergebnisse mehrfach korrigieren muss, wird mit der Zeit unmotiviert. Für Unternehmen bedeutet dies, dass die Investition in KI-Agents an Wert verliert, weil die erwarteten Produktivitätsgewinne ausbleiben. Ineffiziente Nutzung, geringes Vertrauen in Resultate und Zeitverlust durch wiederholte Eingaben wirken sich direkt auf den ROI aus. Doch die Schuld liegt nicht nur an Verständnisproblemen der KI, sondern auch an den fehlenden KI-Skills der Mitarbeitenden. Pendo-Mitgründer und CEO Todd Olson betont in diesem Zusammenhang:

Viele Menschen wissen einfach noch nicht, wie sie KI-Agenten effektiv einsetzen können. Es ist Aufgabe der Entwickler von KI-Agenten, das Nutzerverhalten zu untersuchen und zu verstehen, an welchen Stellen Menschen Schwierigkeiten haben. Darauf basierend kann man die Benutzererfahrung so optimieren, dass die Anwender bessere Ergebnisse erzielen.

Unternehmen und Beschäftigte müssen am KI-Experience-Gap arbeiten

Die Studie macht deutlich: Die Begeisterung für KI ist groß, die Realität in vielen Arbeitsalltagen jedoch holprig. Repetitive Eingaben, schwankende Ergebnisse und ein brüchiges Vertrauen schaffen eine wachsende Erwartungslücke. Diese Lücke zu schließen, ist sowohl für Nutzer:innen als auch für Unternehmen entscheidend. Unternehmen müssen besser verstehen, wie ihre Mitarbeitenden mit KI interagieren und wo genau Unterstützung nötig ist. Ohne diesen Schritt werden Produktivitätsziele verfehlt, Frust nimmt zu und teure Technologien bleiben weit hinter ihrem Potenzial zurück.


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© Pavel Danilyuk – Pexels

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