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Human Resources
Wie gut funktioniert das Entgelttransparenzgesetz? Bilanz nach 7 Jahren

Wie gut funktioniert das Entgelttransparenzgesetz? Bilanz nach 7 Jahren

Marié Detlefsen | 24.05.24

Trotz des seit fast sieben Jahren bestehenden Entgelttransparenzgesetzes wissen viele Arbeitnehmer:innen in Deutschland nicht über ihre Rechte Bescheid. Doch wofür brauchen wir Gehaltstransparenz und wer kann sie nutzen?

Das Entgelttransparenzgesetz wurde 2017 eingeführt, um gegen die anhaltende geschlechterspezifische Lohnungleichheit vorzugehen. Ziel ist es, durch mehr Transparenz potenzielle Gehaltsunterschiede offenzulegen und somit eine Grundlage für faire Vergütungspraktiken zu schaffen. Doch wie sieht die Bilanz nach sieben Jahren aus? Nehmen Arbeitnehmer:innen ihr Recht auf Gehaltsauskunft wahr und hat das Gesetz bereits zu einer faireren Entlohnung beigetragen? Wir werfen im folgenden Artikel einen Blick auf die Zahlen rund um die aktuelle Gehaltstransparenz.

Was ist das Entgelttransparenzgesetz überhaupt?

Das Entgelttransparenzgesetz gewährt Arbeitnehmer:innen in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitenden das Recht, Auskunft über die Gehaltsstrukturen zu erhalten. Angestellte können dadurch Auskünfte zu den Kriterien einer vergleichbaren Tätigkeit und deren Entlohnung einholen. Hiermit möchte man die oben genannte Transparenz schaffen, die die Gleichstellung begünstigen soll. Wichtig ist, dass diese Anfrage in tarifgebundenen Unternehmen schriftlich an den Betriebsrat erfolgen muss. Falls kein Betriebsrat existiert, wendet man sich direkt an die Arbeitgeber:innen. In dieser Anfrage müssen konkrete Personen genannt werden, deren Tätigkeit vergleichbar ist.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen kann bei weniger als sechs Mitarbeiter:innen mit vergleichbarer Tätigkeit keine Auskunft erteilt werden. Schätzungsweise betrifft die Auskunftmöglichkeit damit 14 Millionen Beschäftigte in Deutschland. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden sind zudem verpflichtet, alle fünf Jahre einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit zu veröffentlichen. Ziel ist es, durch mehr Transparenz potenzielle Gehaltsunterschiede offenzulegen und somit eine Grundlage für faire Vergütungspraktiken zu schaffen. Damit soll die Chancengleichheit gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen gestärkt werden, indem das Potenzial aller Beschäftigten besser genutzt wird.

Wie soll das Gesetz gegen den Gender-Pay-Gap helfen?

Indem das Gesetz Arbeitnehmer:innen das Recht gibt, Informationen über die Gehälter ihrer Kolleg:innen einzuholen, sollen Ungleichheiten sichtbar gemacht werden. Die Idee dahinter ist, dass Transparenz Druck auf Unternehmen ausübt, faire Löhne zu zahlen und somit den Gender Pay Gap zu reduzieren. Der Entgelttransparenzbericht soll zudem regelmäßig aufzeigen, wo Ungleichheiten bestehen und Fortschritte dokumentieren. Unternehmensberaterin Dr. Simone Burel sagt zu diesem Thema:

Ein faires und transparentes Entgelt für Frauen und Männer stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und trägt dazu bei, die Potenziale von Beschäftigten besser auszuschöpfen.

Nur zwölf Prozent der Arbeitnehmer:innen sind sich der Gehaltstransparenz bewusst

Trotz der guten Absichten hinter dem Entgelttransparenzgesetz fällt die Bilanz nach fast sieben Jahren eher enttäuschend aus. Laut einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts Bilendi, beauftragt von kununu, sind die meisten Beschäftigten in Deutschland nicht ausreichend über das Gesetz informiert. Von den 1.058 Befragten wissen nur zwölf Prozent, dass sie das Recht haben, Auskunft über die Gehaltsstruktur ihres Unternehmens zu verlangen. Nur acht Prozent der Befragten haben tatsächlich schon eine solche Anfrage gestellt.

Die Unwissenheit über das Entgelttransparenzgesetz steht im totalen Gegensatz zum Interesse an Gehaltstransparenz. Insgesamt bekunden 39 Prozent aller Arbeitnehmer:innen den Wunsch, eine Auskunftsanfrage zu stellen. Insbesondere Frauen zeigen mit 48 Prozent ein starkes Interesse an Gehaltstransparenz, wobei dieser Anteil bei jungen Frauen zwischen 18 und 29 Jahren sogar bei 59 Prozent liegt. Bereits ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden kaum positive Effekte festgestellt. 2019 wurde der Anschein erweckt, als würden Unternehmen das neue Gesetz mehr als eine Art Richtlinie wahrnehmen. Zumindest suggerierten dies die Ergebnisse einer Studie. So gaben 74 Prozent der Betriebe mit über 500 Mitarbeiter:innen an, die Entgelttransparenz zu ignorieren und Gehaltsstrukturen nicht zu überdenken.

Bereits ein Jahr nach Inkrafttreten des Entgelttransparenzgesetzes wurden kaum Gehaltsauskünfte gegeben.
Bereits ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden kaum Gehaltsauskünfte gegeben, © Spiegel

Frauen wünschen sich mehr Gehaltstransparenz

Doch hilft die Gehaltstransparenz gegen den Gender Pay Gap? Laut dem Statistischen Bundesamt betrug der unbereinigte Gender-Pay-Gap im Jahr 2023 immer noch 18 Prozent. Das bedeutet, dass Frauen pro Stunde 18 Prozent weniger verdienen als Männer. Diese Diskrepanz ist in der öffentlichen Wahrnehmung weit verbreitet, da fast neun von zehn Befragten glauben, dass es geschlechterspezifische Gehaltsunterschiede gibt. Auffallend ist, dass nur ein Drittel der Befragten annimmt, dass ihre aktuellen Arbeitgeber:innen eine solche Ungleichheit aufweisen – wobei diese Einschätzung unter weiblichen Beschäftigten häufiger vorkommt.


Equal Pay Day 2024:

Höchste Zeit für Gerechtigkeit

Mehrere Geldscheine liegen auf einem Haufen.
© Ibrahim Boran – Unsplash


Daher halten drei Viertel der Frauen Gehaltstransparenz für wichtig. Allgemein wünschen sich viele Beschäftigte, unabhängig von gesetzlichen Regelungen, mehr Einblick in die tatsächlichen Gehaltsverhältnisse ihrer Unternehmen. Dieser Wunsch ist bei Frauen mit 74 Prozent ausgeprägter als bei Männern (51 Prozent).

Noch ein weiter Weg für mehr Gehaltstransparenz

Das Entgelttransparenzgesetz stellt ein wichtiges Instrument dar, um Transparenz in Gehaltsfragen zu fördern und Diskriminierung bei der Bezahlung entgegenzuwirken. Dennoch zeigt sich nach fast sieben Jahren, dass seine Existenz und die damit verbundenen Rechte vielen Arbeitnehmer:innen unbekannt sind. Um die volle Wirkung des Gesetzes zu entfalten, sind eine bessere Aufklärung und Sensibilisierung erforderlich. Nur wenn Beschäftigte ihre Rechte kennen und nutzen, kann das Gesetz dazu beitragen, faire Gehaltsstrukturen und damit eine gerechtere Arbeitswelt zu schaffen. Auf diese Weise kann in Zukunft dann eventuell auf der Gender Pay Gap verkleinert werden.


Das wünschen sich Bewerber:innen

– Flexibilität und Transparenz im Fokus

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