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Aufstiegs-BAföG ausgebremst: Ampel-Aus stoppt Hilfen für Azubis und Weiterbildungen

Aufstiegs-BAföG ausgebremst: Ampel-Aus stoppt Hilfen für Azubis und Weiterbildungen

Marié Detlefsen | 26.11.24

Das Ende der Ampel-Koalition bremst dringend benötigte finanzielle Hilfen für Azubis und angehende Fachkräfte aus. Damit bleibt auch die geplante Reform des Aufstiegs-BAföG auf der Strecke – mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.

Mit dem Ende der Ampel-Koalition scheitert nicht nur eine Regierung – es bleiben auch dringend notwendige Reformen auf der Strecke. Besonders betroffen sind laut dem Handelsblatt angehende Fachkräfte in Deutschland: Eine geplante Verbesserung der finanziellen Unterstützung für Weiterbildungen, das sogenannte Aufstiegs-BAföG, kann jetzt nicht mehr rechtzeitig verabschiedet werden. Diese Entwicklung trifft mitten in einer Zeit, in der der Fachkräftemangel das Land zunehmend in der Hand hat und angehende Fachkräfte auf finanzielle Unterstützung hoffen. Wir erklären dir, was die ausbleibende finanzielle Spritze nun für Azubis und Schüler:innen bedeutet.

Was ist das Aufstiegs-BAföG?

Das Aufstiegs-BAföG, früher auch als „Meister-BAföG“ bekannt, ist ein Förderprogramm für diejenigen, die ihre berufliche Qualifikation auf das nächste Level heben wollen. Es unterstützt Fachkräfte wie Techniker:innen, Meister:innen und Erzieher:innen finanziell – sei es bei den Lehrgangs- und Prüfungsgebühren oder sogar beim Lebensunterhalt für Vollzeitkurse. Die Reform hätte ab Januar 2025 eine deutliche Aufstockung gebracht: Der Zuschuss für Lehrgangs- und Prüfungsgebühren sollte von 15.000 auf 18.000 Euro steigen, der Förderbetrag für Meisterstücke von 2.000 auf 4.000 Euro. Zudem war geplant, den Schuldenerlass bei einem erfolgreichen Abschluss von 50 auf 60 Prozent zu erhöhen. Arbeitgeber:innenzuschüsse wären nicht länger mit der Förderung verrechnet worden.

Deutschland steckt derzeit mitten in einer Fachkräftekrise. Besonders betroffen sind technische Berufe: Aktuell fehlen laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) über 209.000 MINT-Fachkräfte, darunter mehr als 22.000 Meister:innen und Techniker:innen. Gleichzeitig gehen die Zahlen in der dualen Ausbildung zurück, was langfristig den Pool an Kandidat:innen für weiterführende Qualifikationen verkleinert. Die geplante Reform sollte hier einen Anreiz schaffen, um mehr Menschen für eine berufliche Weiterbildung zu gewinnen und somit die Fachkräftelücke zu schließen.

Zuletzt ist die Anzahl der bewilligten Aufstiegs-Bafög-Anträge wieder zurückgegangen.
Zuletzt ist die Anzahl der bewilligten Aufstiegs-BAföG-Anträge wieder zurückgegangen, © Handelsblatt

Ein weiteres Problem: die Nachwuchsfrage im Handwerk. Laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) stehen in den kommenden fünf Jahren über 125.000 Betriebsnachfolgen an. Ohne gut ausgebildete Meister:innen sei diese Herausforderung laut ZDH kaum zu bewältigen.

Der Stopp der Reform führt zu Verzögerungen und Unsicherheit

Das politische Aus der Ampel-Koalition hat die Gesetzesverabschiedung nun allerdings gestoppt. Obwohl das Kabinett die Reform bereits im Sommer auf den Weg gebracht hatte, kann der Bundestag sie vor den Neuwahlen nicht mehr behandeln. Ein neuer Anlauf wird frühestens im kommenden Frühjahr erfolgen, wenn eine neue Regierung im Amt ist. Bis dahin bleibt das Aufstiegs-BAföG in seiner bisherigen Form bestehen – zu wenig, um die drängenden Probleme zu lösen. Neben der politischen Blockade gibt es auch strukturelle Hürden: Viele Förderungen verzögern sich durch extrem lange Bearbeitungszeiten von bis zu einem Jahr, besonders in NRW, Sachsen und Thüringen. Digitale Prozesse könnten hier Abhilfe schaffen, fehlen jedoch bislang.

Die Auswirkungen dieses Stillstands sind weitreichend. Viele potenzielle Teilnehmer:innen könnten ihre Fortbildung aufschieben, bis die Reform endgültig verabschiedet ist. Das bremst nicht nur ihre persönliche Entwicklung, sondern auch den dringend benötigten Zufluss an qualifizierten Fachkräften für die Wirtschaft. Branchen wie Handwerk, Industrie und Erziehung spüren bereits jetzt die Auswirkungen des Fachkräftemangels. Eine Verschiebung der Qualifizierungsmaßnahmen verschärft das Problem nur weiter. Stattdessen sollten Bund und Länder sowie Arbeitgeber:innen einen Schritt auf Azubis zugehen, um sie besser fördern und schließlich halten zu können.

Verbesserung des Aufstiegs-BAföGs für mehr Gleichwertigkeit

Auch aus gesellschaftlicher Perspektive bleibt die Botschaft problematisch: Während die akademische Bildung durch das Studierenden-BAföG vergleichsweise gut gefördert wird, klafft in der beruflichen Weiterbildung eine Lücke. Viele Verbände, darunter der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), fordern eine schnelle Entscheidung, so auch der Generalsekretär des Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke:

[Es] braucht bestens beruflich qualifizierte Meisterinnen und Meister – und das Aufstiegs-Bafög ist dabei das zentrale Instrument. Deshalb muss der Deutsche Bundestag das bereits begonnene parlamentarische Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abschließen und das neue Aufstiegs-BAföG verabschieden.

Verbände wünschen sich seit Langem eine Angleichung der Förderungen, um die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zu unterstreichen. Diese Reform wäre ein Schritt in diese Richtung gewesen. Der Stillstand bei der Reform des Aufstiegs-BAföGs ist damit mehr als nur eine vertane Chance. Er verschärft die Herausforderungen auf einem Arbeitsmarkt, der dringend auf gut qualifizierte Fachkräfte angewiesen ist. Eine zügige Verabschiedung der Reform – und eine weitere Verbesserung des Förderprogramms – ist unumgänglich, um langfristig gegen den Fachkräftemangel anzukämpfen. Doch bis dahin bleibt vielen angehenden Techniker:innen, Meister:innen und Erzieher:innen nur eines: warten.


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