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Digitalpolitik
Digital Markets Act beschlossen: Verknüpfung von WhatsApp und Co. mit anderen Messaging-Diensten kommt

Digital Markets Act beschlossen: Verknüpfung von WhatsApp und Co. mit anderen Messaging-Diensten kommt

Niklas Lewanczik | 25.03.22

Das EU-Parlament möchte die großen Tech Player mit dem Digital Markets Act regulieren. Nach der Verabschiedung des Gesetzes müssen Gatekeeper wie Meta und Apple ihre Messaging-Dienste interoperabel gestalten.

UPDATE

Das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union haben den Digital Markets Act (DMA) verabschiedet. Das Gesetz sieht eine Art Blacklist für bestimmte Praktiken im Digitalraum vor und soll vor allem große Online-Plattformen wie Google, Facebook und Co. – sogenannter Gatekeeper – in ihrer Marktmacht einschränken. Nach einer ersten Vorstellung des Gesetzesentwurfs im Dezember 2020 hatten sich die EU-Länder 2021 auf den DMA verständigt. Nun wird der Rechtstext finalisiert, vom Parlament und dem Rat nochmals abgesegnet und dann 20 Tage nach der Veröffentlichung im EU-Journal in Kraft treten – die Regeln werden ab sechs Monaten danach angewendet.

Die Bestätigung des Digital Markets Act bedeutet auch, dass große Messaging-Dienste wie WhatsApp oder iMessage künftig interoperabel gestaltet werden müssen. Das heißt, sie müssen mit kleineren Diensten kooperieren. Im Beschluss der EU heißt es:

During a close to 8-hour long trilogue (three-way talks between Parliament, Council and Commission), EU lawmakers agreed that the largest messaging services (such as Whatsapp, Facebook Messenger or iMessage) will have to open up and interoperate with smaller messaging platforms, if they so request. Users of small or big platforms would then be able to exchange messages, send files or make video calls across messaging apps, thus giving them more choice.

Des Weiteren sorgt das Gesetz dafür, dass die Kombination personenbezogener Daten für gezielte Werbung nur mit ausdrücklicher Zustimmung gegenüber einem Gatekeeper zulässig ist. Außerdem sollen User das Recht haben, ihren Browser, ihre Virtual Assistants oder Suchmaschinen frei zu wählen. Verstöße gegen das Gesetz können mit Bußgeldern in Höhe von zehn Prozent des globalen Umsatzes des vorangegangenen Jahres geahndet werden. Bei mehrmaligen Verstößen drohen sogar Strafzahlungen in Höhe von 20 Prozent.

Regelungen für einen faireren Werbemarkt und Wettbewerb

Der Europa-Parlaments-Abgeordnete und -Berichterstatter Andreas Schwab, aus dem Internal Market and Consumer Protection Committee, erklärte im ausführlichen Statement:

The agreement ushers in a new era of tech regulation worldwide. The Digital Markets Act puts an end to the ever-increasing dominance of Big Tech companies. From now on, they must show that they also allow for fair competition on the internet. The new rules will help enforce that basic principle. Europe is thus ensuring more competition, more innovation and more choice for users.

With the Digital Markets Act (DMA), Europe is setting standards for how the digital economy of the future will function. It will now be up to the European Commission to implement the new rules quickly.

As the European Parliament, we have made sure that the DMA will deliver tangible results immediately: consumers will get the choice to use the core services of Big Tech companies such as browsers, search engines or messaging, and all that without losing control over their data.

Above all, the law avoids any form of overregulation for small businesses. App developers will get completely new opportunities, small businesses will get more access to business-relevant data and the online advertising market will become fairer.

Bedenken hinsichtlich des Gesetzes äußerte bereits Will Cathcart, Head of WhatsApp, via Twitter:

Das neue Gesetz der EU zur Regulierung großer Tech-Unternehmen könnte – ähnlich wie die DSGVO – als Vorbild für weltweit entwickelte Rechtsrahmen für die Regulierung von Big Tech fungieren. Nähere Informationen findest du im folgenden Artikel und auf der Website des Europa-Parlaments.

Dieses Update stammt vom 25.03.2022.


Im November 2021 verständigten sich die EU-Länder auf einheitliche Regeln zur Regulierung großer Tech-Konzerne wie Alphabet, Apple, Meta, Microsoft und Co. Man hatte sich auf das Gesetz über digitale Dienste (Digital Markets Act, DMA) geeinigt. Demnach sollen „zentrale Online-Plattformen wie zum Beispiel Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder Online-Vermittlungsdienste als Torwächter (Gatekeeper)“ eingestuft und mit strengeren Regularien belegt werden können. Jüngst stimmte das EU-Parlament mit großer Mehrheit für den Gesetzestext, der für gerechtere und offenere Märkte sorgen soll. Dieser Text sieht Interoperabilität für die Dienste von Mega-Unternehmen vor – zum Beispiel auch hinsichtlich der Verwendung populärer Messaging-Dienste.

Digital Markets Act soll für Konzerne gelten, die für anfällig für unlautere Praktiken sind

Auf der Website des Europäischen Parlaments heißt es in einer Pressemitteilung, dass das Parlament zeitnah mit den EU-Staaten und dem EU-Rat über die konkreten Regeln des Digital Markets Act verhandeln wird. Der entsprechende Text des Gesetzes wurde mit 642 zu 8 Stimmen bei 46 Enthaltungen angenommen. Er beinhaltet zum einen „neue Auflagen und Verbote für Unternehmen, die über die Verbreitung von Informationen mitbestimmen“ und „Beschränkungen für sogenannte Killer-Übernahmen“. Zum anderen legt er fest, dass gegen Unternehmen, die gegen die Regeln verstoßen, Geldbußen in Höhe von vier bis 20 Prozent des im vorhergehenden Geschäftsjahr weltweit erzielten Gesamtumsatzes verhängt werden können.

Der Digital Markets Act hat bestimmte Schwellenwerte festgelegt, ab denen das Gesetz über digitale Märkte für Unternehmen gilt. Demnach müssen die Unternehmen acht Milliarden Euro Jahresumsatz im Europäischen Wirtschaftsraum (EWW) und 80 Milliarden Euro Marktkapitalisierung erreichen. Sie müssen dem Text zufolge zudem in mindestens drei Mitgliedstaaten zentrale Plattformdienste anbieten und mindestens 45 Millionen User pro Monat sowie mehr als 10.000 gewerbliche Nutzer:innen vorweisen. Diese Werte treffen beispielsweise auf Meta oder Alpbabet zu.

Der Text enthält zahlreiche Vorschläge, die einen faireren Wettbewerb im Internet fördern sollen. Dabei fokussiert der DMA besonders große Tech Player, die für etwaige Marktmachtmissbräuche in der Kritik stehen oder solche zumindest theoretisch umsetzen könnten. So heißt es beim EU-Parlament:

Die vorgeschlagene Verordnung soll für die großen Anbieter sogenannter zentraler Plattformdienste gelten, die besonders anfällig für unlautere Geschäftspraktiken sind. Dazu gehören Online-Vermittlungsdienste, soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Betriebssysteme, Online-Werbedienste, Cloud-Dienste und Videoplattformen, die nach den entsprechenden Kriterien als Anbieter gelten, die über die Verbreitung von Informationen mitbestimmen. Das Parlament weitete den Anwendungsbereich des Gesetzes außerdem auf Webbrowser, sprachgesteuerte virtuelle Assistenten und Smart-TV aus.

Vor allem „Killer-Übernahmen“ und Interoperabilität im Fokus

Neben neuen Bestimmungen für personalisierte Werbung möchte die EU mit dem Digital Markets Act und dem entsprechenden Gesetzestext sogenannte „Killer-Übernahmen“ zum Schutz des Binnenmarktes verhindern. Geplante Zusammenschlüsse sollen der EU-Kommission mitgeteilt werden müssen. In diese Kategorie der „Killer-Übernahmen“ würden womöglich auch die Facebook-Zukäufe von Instagram und WhatsApp fallen. Wegen dieser erwog die Federal Trade Commission in den USA vergangenes Jahr verspätete Kartellrechtsklagen.

Ohnehin hatte das US-amerikanische Subcommittee on Antitrust, Commercial and Administrative Law of the Committee on the Judiciary im Jahr 2020 eine Zerschlagung der Mega-Konzerne wie Meta, Alphabet und Co. in den Raum gestellt. Der Einfluss sei zu groß, weshalb das Komitee Einschränkungen vorschlug, darunter auch die Trennung einflussreicher Unternehmenszweige. So drastisch sind die Pläne des EU-Gesetzes nicht.

Allerdings könnte dieses dazu führen, dass User künftig Nachrichten bei WhatsApp, Signal, Threema und Co. untereinander austauschen könnten. Auch die Kombination von Social-Media-Inhalten wie Posts von Twitter und Instagram – mit den zuletzt gelaunchten Preview Cards sind vonseiten Instagrams Kooperations-Posts mit Twitter wieder möglich – oder Facebook ist im Bereich des Möglichen. Denn „die Interoperabilität von Dienstleistungen wie nummernunabhängigen interpersonellen Kommunikationsdiensten und Diensten sozialer Netzwerke“ steht besonders im Fokus. Eine solche Interoperabilität ist derzeit noch kaum vorstellbar, würde aber aus User-Sicht sicher auf Befürwortung stoßen. Allerdings würde diese Prämisse Tech-Unternehmen vor enorme technische Herausforderungen stellen.

Die nächsten Schritte für den Gesetzestext

Der vom EU-Parlament angenommene Text gilt als Mandat des Parlaments für die Verhandlungen mit den Regierungen der Mitgliedstaaten. Im ersten Halbjahr 2022 werden diese unter dem französischen Ratsvorsitz beginnen. Gleichzeitig wird das Gesetz über digitale Dienste – den parallel eingebrachten Vorschlag zur Regulierung von Online-Plattformen, der unter anderem Regeln für den Umgang mit illegalen Inhalten sowie für Algorithmen enthält – vom Parlament womöglich im Januar abgestimmt. Die Tech-Branche darf gespannt auf die weiteren Entwicklungen des Digital Marketing Acts blicken. Kommt es tatsächlich zu den interoperablen Messaging- und Social-Media-Diensten, würde sich die Digitallandschaft enorm verändern. Spannend wird künftig auch ein Blick auf das Metaverse, das im Text noch nicht explizit genannt wird, aber auch für Interoperabilität prädestiniert ist.

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