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Human Resources
Wenn Arbeit zur Freizeit wird: 70 Prozent aller Angestellten haben bereits bei Zeiterfassung betrogen

Wenn Arbeit zur Freizeit wird: 70 Prozent aller Angestellten haben bereits bei Zeiterfassung betrogen

Marié Detlefsen | 21.11.24

Immer mehr Arbeitnehmer:innen erledigen private Angelegenheiten während der Arbeitszeit – ein Phänomen, das Unternehmen Millionen kostet und zu Spannungen im Team führen kann. Erfahre, warum und wie häufig Angestellte bei der Zeiterfassung flunkern.

Online Shopping, kurze Telefonate mit Freund:innen oder im Home Office Wäsche aufhängen – immer mehr Arbeitnehmer:inen nutzen ihre Arbeitszeit für private Angelegenheiten. Dieses Ergebnis zeigt eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsinstituts Consumerfieldwork, die im Auftrag der TimO – Time Management Office GmbH durchgeführt wurde. Die repräsentative Studie, an der 1.000 Arbeitnehmende und 373 Arbeitgeber:innen teilnahmen, offenbart die Realität: Arbeitszeitbetrug ist in vielen Unternehmen in Deutschland allgegenwärtig und über ein Drittel aller Angestellten hat schon mal bei der genauen Zeiterfassung geflunkert.

Großteil der Angestellten mogelt bei der Zeiterfassung

Laut der Studie gaben über 70 Prozent der Arbeitnehmer:innen an, während ihrer Arbeitszeit private Aufgaben zu erledigen, doch das ist nicht die einzige Form von fehlerhafter Zeiterfassung: Ein Drittel der Befragten gestand, Pausen nicht ordnungsgemäß zu dokumentieren, während 38 Prozent beobachteten, dass Kolleg:innen ihre Pausenzeiten verlängern. Darüber hinaus haben 70 Prozent der befragten Unternehmen bereits absichtlich fehlerhafte Angaben bei der Arbeitszeiterfassung festgestellt. Darunter zum Beispiel manipulierte Start- und Endzeiten oder verlängerte Pausen. Dies sorgt nicht für Störungen im Betrieb, sondern beeinflusst auch das Vertrauen innerhalb der Belegschaft.

70 Prozent der Arbeitnehmer:innen haben während ihrer Arbeitszeit schon mal private Aufgaben erledigt.
70 Prozent der Arbeitnehmer:innen haben während ihrer Arbeitszeit schon mal private Aufgaben erledigt, © TimO

Im Durchschnitt neigt etwa die Hälfte der Arbeitnehmer:innen unter 30 dazu, ihre privaten Angelegenheiten während der Arbeitszeit zu erledigen – dies ist die häufigste Korrelation unter allen Altersgruppen.

Abeitszeitbetrug hat Folgen und Konsequenzen

Der wirtschaftliche Schaden, der durch solche Unregelmäßigkeiten entsteht, ist erheblich. Zwei Drittel der befragten Unternehmen befürchten finanzielle Einbußen, die durch falsche Zeiterfassung entstehen. Aus diesem Grund setzen bereits rund 80 Prozent der Firmen auf digitale Zeiterfassungssysteme, die als manipulationssicher gelten. Allerdings zeigt die Studie auch, dass insbesondere kleinere Unternehmen noch Nachholbedarf bei der Implementierung solcher Lösungen haben.

Wenn Arbeitszeitbetrug aufgedeckt wird, bevorzugen die meisten Arbeitgeber:innen (65 Prozent) allerdings zunächst eine klärende Kommunikation mit den Betroffenen. Erst in einem kleinen Teil der Fälle folgen Konsequenzen wie Abmahnungen oder gar Kündigungen (14 Prozent). Dieser dialogorientierte Ansatz kann häufig Missverständnisse aus dem Weg räumen und Probleme auch ohne größere Konsequenzen lösen. In einigen Fällen kommt es laut der Studie auch zu falschen zeitlichen Angaben, da Zeiterfassungssysteme nicht funktionieren oder Mitarbeitende ihre Zeiten technisch falsch eintragen. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen Home Office als Arbeitsmodell anbieten, wobei die Zeiterfassung bei vielen unterschiedlich ist und darüber hinaus oft auf Vertrauensbasis beruht.

Falsche Zeiterfassung wegen Überstunden, Frustration oder familiären Gründen

Doch warum kümmern sich so viele Angestellte um private Angelegenheiten während ihrer Arbeitszeit? Die Gründe für Arbeitszeitbetrug sind laut Studie vielfältig. An erster Stelle steht das Gefühl von Ungerechtigkeit: 32 Prozent der Arbeitnehmer:innen nannten nicht vergütete Überstunden als Hauptgrund für absichtliche Falschangaben. Viele sehen dies als Möglichkeit, sich selbst einen Ausgleich zu verschaffen. Weitere Ursachen sind Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen (16 Prozent) oder der Versuch, private Verpflichtungen mit dem Berufsleben zu vereinbaren (13 Prozent). Aber auch mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte (11 Prozent) und die generelle Abneigung gegenüber Kolleg:innen oder der Führungsebene (acht Prozent) beeinflussen Mitarbeitende zur Beeinflussung ihrer eigentlichen Arbeitszeit.

Aus diesen Gründen betrügen Angestellte bei der Zeiterfassung.
Aus diesen Gründen betrügen Angestellte bei der Zeiterfassung, © TimO

Um Probleme bei der Zeiterfassung vorzubeugen, haben viele Unternehmen bereits elektronische Systeme eingeführt. Doch auch Arbeitgeber:innen selbst sind nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu einer konkreten (elektronischen) Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Ein:e Arbeitgeber:in ist laut Arbeitsschutzgesetz generell dazu verpflichtet „ein System einzuführen, mit dem die von Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“.

David Kadiri, Geschäftsführer von TimO, sieht dringenden Handlungsbedarf:

Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen deutlich, dass Arbeitszeitbetrug in vielen Unternehmen nicht nur ein individuelles, sondern auch ein strukturelles Problem darstellt. Während viele Arbeitnehmer der Zeiterfassung möglicherweise noch nicht die gleiche Bedeutung beimessen wie Arbeitgeber, können moderne, sichere Systeme das Vertrauen im Team stärken. Nur durch einen offenen Dialog und klare Richtlinien können Unternehmen das Vertrauen in ihre Zeiterfassungssysteme stärken und falsche Arbeitszeiterfassung nachhaltig reduzieren.

Arbeitszeitbetrug mag oft sowohl von Arbeitnehmer:innen als auch von Arbeitgeber:innen als Kavaliersdelikt abgetan werden, doch die langfristigen Auswirkungen können schwerwiegend sein – sowohl für die Unternehmen als auch für das Arbeitsklima. Ein offener Dialog zwischen Arbeitgebenden und Angestellten, kombiniert mit klaren Richtlinien und moderner Technologie, könnte der Schlüssel sein, um Arbeitszeitbetrug einzudämmen. Denn nur ein gemeinsames Verständnis der Arbeitszeitregeln schafft die Basis für Fairness und Effizienz im Arbeitsalltag und im Team.


Regelmäßige Überstunden für viele Alltag –

Vergütung erfolgt nur bedingt

Regelmäßige Überstunden für viele Alltag – Vergütung erfolgt nur bedingt.
© Jonas Leupe – Unsplash

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