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Social Media Marketing
Diversität im Influencer Marketing – Interview mit Ilia Shayesteh von AIMS-Management

Diversität im Influencer Marketing – Interview mit Ilia Shayesteh von AIMS-Management

Larissa Ceccio | 28.11.22

Das Buzzword Diversität fällt im Influencer Marketing immer öfter. Und viele Brands möchten daran teilhaben. Doch wie können Unternehmen, statt nur ab und an mitzumachen, wirklich fortschrittlich bei diesem wichtigen, aber auch sensiblen Thema, agieren? Ilia Shayesteh von AIMS-Management gibt Antworten.

Wer Diversität verstehen und für sich einsetzen möchte, sollte sich mit der Bedeutung des Begriffs beschäftigen. Daher lohnt es sich, einen Blick auf die Definition des Begriffs Diversität zu werfen. Der Verein Eine Welt der Vielfalt erklärt das Konzept Diversität wie folgt:

Die Anerkennung und Wertschätzung aller Menschen unabhängig von ihrer sozialen, ethnischen etc. Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung, ihrem Lebensalter, ihrer physischen oder psychischen Fähigkeiten oder anderer Merkmale.

Diese insgesamt sieben Kerndimensionen nennt auch die Charta für Vielfalt, die du in dem folgenden Schaubild erkennen kannst.

Vielfaltsdimensionen, © Charta für Vielfalt

Bundeskabinett beschließt „Queer leben“ und Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern

Der Verein Charta für Vielfalt, der sich für ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld einsetzt, machte kürzlich beispielsweise auf den bundesweiten Aktionsplan des Bundeskabinetts aufmerksam, der am 18. November 2022 beschlossen wurde, um die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu stärken und Queer-Feindlichkeit entgegenzuwirken.

Der Beschluss des Bundeskabinetts verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig die Förderung von Vielfalt ist.

Wie divers ist die Influencer-Landschaft?

Im Zuge der Aufmerksamkeit, die dieses wichtige Thema in den vergangenen Jahren erlangt hat, setzen auch immer mehr Brands auf Diversität in Kampagnen, sozialen Netzwerken und anderen öffentlichkeitswirksamen Gebieten. Doch wie sieht authentische, glaubwürdige Diversität auf Social Media aus, die über die symbolische Regenbogenflagge hinausgeht und stattdessen eine nachhaltige Wirkung erzeugt? Viele Unternehmen und Influencer schwenken heutzutage zu passenden Gelegenheiten, wie dem Diversity Day, der dieses Jahr am 31. Mai zum zehnten Mal in Folge stattgefunden hat, die Flagge oder nehmen im Kontext gesellschaftlicher Ereignisse, wie dem Skandal rund um die diesjährige Fußball-WM und der One Love-Binde, Stellung. Doch hinter der vermeintlichen Haltung steckt noch immer viel zu oft ein simpler Marketing-Schachzug.

Zudem werden noch immer nicht alle Gruppen, die im Zuge der Diversity-Bewegung inkludiert sind, gleichermaßen berücksichtigt. Bei der Förderung von Diversity und Inklusion sollte es nämlich nicht nur um eine höhere Frauenquote und die Unterstützung von Menschen verschiedenster Herkunft gehen. Auch Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung und die Einbindung von LGBTQ+, darunter auch non-binären Personen, gehören zu einer umfassenden Diversity-Strategie. Glassdoor hat ein Ranking mit den Top 25 Unternehmen im Bereich Diversität und Inklusion erstellt. Erfahre im Artikel auf OnlineMarketing.de, wer im Ranking ganz oben steht.

Mehr als ein Kampagnentitel: Darauf kommt es beim Diversity Marketing wirklich an

Sobald der Pride Month vorbei ist, wird auch die Rainbow-Flagge bei vielen Brands nicht länger gehisst – und das diverse Spektrum, welches Stereotype aufbricht, ist nicht länger spannend.

Um herauszufinden, wie divers die Influencer- und Social-Landschaft wirklich ist, ob Marken bei Kampagnenanfragen häufig noch auf stereotype Influencer zurückgreifen und welche Gruppen im Influencer Marketing besonders unterrepräsentiert sind, haben wir mit Ilia Shayesteh, Managing Directorbei der AIMS-Management GmbH, gesprochen.

Das Interview

OnlineMarketing.de: Du hast 2018 eine eigene Influencer- und Social-Media Agentur gegründet. Was waren deine persönlichen Beweggründe und Ziele?

Ilia Shayesteh: Meine Geschäftspartnerin Madina und ich kamen Ende 2017 zusammen und haben uns viel über das Thema Diversität im Influencer Marketing ausgetauscht und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass wir großes Potential darin sehen, den Bereich weiter zu strukturieren und zu professionalisieren. Das war zunächst unser erster Ansatz. Daraufhin entschlossen wir uns Anfang 2018 die Agentur AIMS-Management zu gründen.

2022 hast du zusammen mit Madina Saleh die Off Road Agency gegründet. Ihr fungiert als Schnittstelle zwischen Agenturen, Marken und Creatorn – inwiefern leistet ihr hier einen Mehrwert? Ist das Influencer Marketing einfach nur komplexer, etwa durch die Videorevolution, oder auch im Kontext sozialer und gesellschaftlicher Werte anspruchsvoller geworden?

Kurz zum Verständnis: AIMS-Management ist die Management-Agentur mit der wir gestartet sind und mit der wir auch verstärkter auf der Plattform Instagram arbeiten. Mit den Jahren haben sich unsere Creator natürlich auch auf weitere Plattformen ausgeweitet, wie beispielsweise TikTok. Wir sind dann in diesem Jahr zu dem Entschluss gekommen, eine zweite Management-Agentur gründen zu wollen – mit dem Fokus auf die Plattform TikTok und Creator, die dort stärker positioniert sind. Um auf deine Frage zurückzukommen: Influencer Marketing ist definitiv komplexer geworden. Zum einen durch die vielen verschiedenen Möglichkeiten für ein Produkt werben zu können und zum anderen durch die vielseitigen Plattformen. Darüber hinaus sind sich die Creator, Agenturen und Marken bewusst, dass die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft immer mehr zunimmt und verstärkt auf die Art und Weise der Kommunikation geachtet werden sollte. Auch wir sehen hier unsere Verantwortung und versuchen, unseren Teil zu leisten. Wir merken aber auch selbst, dass wir noch im Prozess sind und immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt werden.

Was sind deine Top-3-Tipps, um als Brand heutzutage erfolgreiche Influencer-Kooperationen zu schalten? Worauf gilt es als Brand zu achten, um die eigenen Zielgruppen zu erreichen?

Wenn ich als Brand im Bereich Influencer Marketing starten würde, wären mir drei Fragen wichtig: 1. Welche Zielgruppe besitze ich? 2. Welche Influencer passen zu meiner Zielgruppe und meiner Marke? 3. Habe ich den Mut, Influencern weitestgehend freie Hand bei der Erstellung der Werbung zu gewähren? Zusätzlich zu diesen Punkten gebe ich jeder Brand den Tipp, sich verschiedene Perspektiven ins Team zu holen. Schaut mit mehreren Augen auf den Markt und lasst euch inspirieren.

Am 14. Oktober hast du als Speaker bei der Baby got Business Konferenz beim Panel „Diversität – nur ein Konzept oder aktiver Teil der Unternehmenskultur?mitgewirkt. Wann ist deiner Meinung ein Unternehmen divers, nach innen und nach außen? Und ist es deiner Meinung nach wichtig, Diversität nach außen zu tragen, darüber zu berichten, etc.?

Dieses Thema verfolgt uns persönlich stärker und deshalb waren wir sehr dankbar und froh zu diesem Thema an dem Panel teilnehmen zu können. Diversität ist ein schwerer und großer Begriff und wir möchten betonen, dass wir in diesem Kontext oft über verschiedene Facetten der Diversität sprechen und nichts verallgemeinern möchten.

Diversität ist kein Ziel und kann nicht erreicht werden. Es ist ein stetiger Prozess und nie „fertig“. Ein Unternehmen kann nicht erwarten, irgendwann den Satz aus dem Marketing zu hören: „So wir sind nun divers. Thema beendet.“ Es muss von innen nach außen gelebt werden und darüber hinaus muss sich immer wieder zu dem Thema ausgetauscht werden. Es ist wichtig, dass darüber gesprochen wird und Unternehmen bei dem Versuch, Diversität nach außen zu leben, nicht verkrampft wirken. Das Ziel sollte es sein, dass der Prozess nach außen nicht mehr gespürt wird, sondern der Blick auf eine Kampagne den Eindruck hinterlässt, einen Blick auf unsere Gesellschaft geworfen zu haben.

Wie definierst du Diversität ganz persönlich?

Wie bereits erwähnt, ist Diversität ein unfassbar breiter Begriff. Ich persönlich möchte mit dem Begriff die Vielfalt oder die Facetten der Gesellschaft ausdrücken. Allerdings kann ich nicht für alle Facetten sprechen.

Kannst du mir ein Beispiel für eine Brand nennen, die Diversität sehr gut umsetzt und authentisch verkörpert? Und kennst du auch ein Gegenbeispiel, also eine Marke, die das Thema Diversität für schön klingende Werbebotschaften instrumentalisiert, aber nicht lebt?

Fenty Beauty verfolgt seit Bestehen den Ansatz, auf die Bedürfnisse verschiedener Hauttypen einzugehen. Die Gründerin Rihanna ist es wichtig, keinen Hautton auszuschließen. Große Marken wie Hugo Boss, Nike und Adidas machen aktuell einen tollen Job. Es gibt eine weitere Beauty Brand aus Schweden, die auch seit Tag eins tolle Arbeit leistet: CAIA Cosmetics. Allgemein ist uns negativ aufgefallen, dass in Rahmen der Black Lives Matter-Bewegung viele Brands krampfhaft Schwarze Creator in ihre Kampagnen einbauen wollten. Wir haben in diesem Zeitraum eine Schwarze Ersteller:in betreuen dürfen und mussten ganz oft gemeinsam abwägen, aus welchem Grund die Brand sie buchen möchte.

Greifen Marken bei Kampagnenanfragen häufig noch auf stereotype Influencer zurück? An welcher Stelle der Creative-Planung müsste man deiner Meinung nach ansetzen, um das zu ändern?

Viele Marken greifen immer wieder auf einen bestimmten Creator-Typ zu und möchten diesen in ihre Kampagnen einbauen. Es geht uns hierbei nicht darum, dass dies ein Fehler ist oder verurteilt werden sollte. Uns geht es vielmehr darum, mehr Perspektive hereinzubringen und den Blick auf den Markt zu erweitern. Die Unternehmen müssen Diversität intern leben, um den Austausch in diesem Bereich zu erweitern.

Welche Gruppen sind im Influencer Marketing deiner Meinung nach besonders unterrepräsentiert?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass nach wie vor Handlungsbedarf bei Unternehmen herrscht, wenn es um Creator mit Migrationshintergrund geht oder auch mit muslimischem Hintergrund. Es gibt hier noch so viele tolle Möglichkeiten, Kampagnen aufzuwerten oder auch Chancen, diese Zielgruppe verstärkter abzuholen.

Ist es deiner Meinung nach wichtig, Kampagnen, die auf Diversity setzen, nicht explizit in einen Diversity-Kontext einzuordnen, um dieser Art von Werbung die Sonderstellung zu nehmen? Wie kann Marken ein solcher Balanceakt gelingen?

Das Ziel sollte es sein, dass wir in paar Jahren nicht mehr in diesem Kontext über das Thema reden müssen und wir hier versuchen, spielerisch das Thema zu lösen und voranzubringen. Bewusster Austausch ist wichtig. Die Kommunikation nach außen sollte nicht verkrampft oder verpflichtend wirken. Wir müssen Verständnis für Fehler aufbringen und diese auch ruhig kommunizieren dürfen. Es ist ein gemeinsamer Weg und kein Weg einer einzelnen Gruppe. Das muss allen klar sein!

Neben Körperidealen und Gender-Klischees spielt auch das Thema psychische Gesundheit auf Social-Plattformen eine immer größere Rolle – denn Influencer gewähren immer mehr Einblick hinter ihre vermeintlich perfekte Fassade und klären auf. Inwiefern ist dies wichtig, um Authentizität und Identifizierungspotenzial zu schaffen? Und wo bestehen für dich Grenzen? Welche Tipps gibst du in diesem Kontext den Influencern, die du betreust?

Ich denke, dass es in diesem Zusammenhang nicht nur um Authentizität gehen sollte, sondern vor allem darum, den Aspekt der Community deutlich zu machen: Auch Creator sind Menschen. Natürlich wurde lange Zeit das Ideal bedient, dass sie in einer perfekten Welt leben, ohne Probleme und Ängste. Allerdings finden wir es wichtig und richtig, dass Creator die Wahl haben sollten, wie sie mit ihrem Rucksack umgehen. Setzt eure Grenzen selbst und traut euch, Menschlichkeit zu zeigen. Aber am Ende muss sich jeder die Frage stellen: Wie weit lasse ich einen Menschen in mein digitales Zuhause rein und welche Facetten meines Lebens möchte ich preisgeben. Es gibt hier meiner Meinung nach kein Richtig oder Falsch. Hier ist es auch wichtig, ein Gefühl für die Community zu haben und abzuwägen, welche Entscheidung der eigenen Seele guttun würde.

Ich rate auch immer zu professioneller Hilfe oder Coaching in dem Bereich, damit der Creator nicht allein gelassen wird. Auch die Brands können hier noch mehr in die Verantwortung gezogen werden und Unterstützung und Rückendeckung anbieten. Beispielsweise, wenn es bei Kampagnen um Community Management oder dergleichen geht.


Wir bedanken uns recht herzlich für die Insights von Ilia Shayesteh, die er uns im schriftlichen Interview zur Verfügung gestellt hat.


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