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Social Media Marketing
Wenn Instagrammer zu Schleichwerbern werden

Wenn Instagrammer zu Schleichwerbern werden

Niklas Lewanczik | 05.11.18

Nutzen Instagrammer Posts für Marken, um ein Entgelt zu generieren, ist das Werbung. Darauf müssen sie bei Produktversprechen auch hingewiesen werden.

Die Kennzeichnungspflicht für Werbung in Social Media ist in aller Munde. Vor allem Instagrammer diskutieren angesichts der zunehmenden Monetarisierung ihrer Reichweite, wo die Grenze zwischen Produkterwähnung und Werbung liegt. Oft liegen die Fälle relativ klar. Doch wie verhält es sich, wenn Marken Nutzer aufrufen Influencer zu werden, ihnen für Posts ein Entgelt versprechen, aber nicht auf die Kennzeichnungspflicht hinweisen? Wir diskutieren den schwierigen Fall sowie die Gefahr der Schleichwerbung und geben an, wie die Verantwortlichkeiten verteilt sind.

Kommerzielle Kommunikation in Social Media muss gekennzeichnet sein

Für Instagrammer ist die Werbekennzeichnung ein stets relevantes Thema. Seitdem der Verband Sozialer Wettbewerber (VSW) einige Influencer verklagt hat, weil sie zum Teil auch selbst gekaufte Produkte bei Markennennung im Post nicht als Werbung markiert haben, scheint die Kennzeichnungspflicht unklarer denn je. Vermehrt werden einfach jedwede Markennennungen als Werbung markiert. Mitunter gar Posts, die keine Marken nennen.

https://www.instagram.com/p/BojyFgwnISl/?utm_source=ig_web_copy_link

Dabei ist die grundsätzliche Kennzeichnungspflicht gar nicht so komplex. Jede kommerzielle Kommunikation muss in Social Media klar als solche erkennbar sein oder markiert werden. Um konkret eine Antwort darauf zu finden, wann ein Post als Werbung gilt, haben wir Rechtsanwalt und Experte Prof. Dr. Stefan Engels im Interview befragt. Er meint:

Das zentrale Indiz für kommerzielle Kommunikation ist eine für die Veröffentlichung enthaltene Gegenleistung, die nicht zwingend ein Entgelt sein muss, sondern jede geldwerte Leistung sein kann. Geldwerte Leistungen sind beispielsweise ein attraktiver Gutschein, kostenlose Produktproben oder das Ersparen von Aufwendungen. Solche Aufwendungen können z.B. Flüge, Reisekosten oder Hotelübernachtungen sein, die für den späteren Beitrag gewährt werden. Das Nutzen eines ohne Verpflichtung zur Verfügung gestellten Produktes stellt dagegen regelmäßig keine kennzeichnungspflichtige kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung dar. Erst ein über- oder gar werbemäßiges Anpreisen ohne sachlichen Grund kann den späteren Beitrag gleichwohl zur Werbung machen.

Für die Anwendung der Vorgaben spielt es dabei keine Rolle, wie viele Follower eine Person etwa bei Instagram hat oder welcher Gegenstand beziehungsweise welche Leistung beworben wird. Wer sich als Influencer verdingt oder zumindest mit Posts in sozialen Medien Gegenleistungen generieren möchte, muss sich auch der Verbindlichkeiten bewusst sein, die damit einhergehen.

Sobald und solange ein Influencer mit seiner Tätigkeit Geld verdient bzw. verdienen will, ist er verpflichtet, die für ihn geltenden Rahmenbedingungen zu kennen und umzusetzen. Dies ist keine unbillige schwierige oder gar unangemessene Verpflichtung.

Unternehmen sollten die Verwirrung nicht ausnutzen

Während die Vorgaben bei dem simplen Fall, dass für einen Post ein Entgelt bereitgestellt wird, nicht allzu komplex in der Umsetzung sind, wissen viele Nutzer, die vielleicht keine Influencer sind oder sich weniger mit den Regularien für Social Media auskennen, nicht, dass es für sie zum Problem werden kann, wenn sie werbliche Posts nicht als solche kennzeichnen. Es droht eine Abmahnung (zum Beispiel vom VSW).

Doch es zeigt sich, dass manche Unternehmen Nutzer zu Nano-Influencern machen wollen, indem sie ihnen für eine Erwähnung im Post eine entsprechende Gegenleistung versprechen. Wenn hierbei aber nicht auf die Kennzeichnungspflicht hingewiesen wird, dann werden die Nutzer womöglich zum Teil zur Schleichwerbung verführt. Für die sie auch im Unwissen die Verantwortung tragen. Ein Beispiel liefert ein Flyer oder Beipackzettel des populären Bio-Lebensmittelversands Little Lunch. Dieser Flyer erklärt, dass Nutzer in nur drei Schritten zum Influencer werden können.

    1. Poste in deinem öffentlichen Profil bei Instagram ein Bild von deiner Little Lunch-Suppe
    2. Markiere @littlelunchsoup und verwende die Hashtags #littlelunch und #suppenliebe
    3. Wir melden uns mit einer Nachricht bei dir – Freu dich auf eine gratis Suppen-Box (im Wert von über 20 Euro)
Flyer von Little Lunch: „Hol dir deine Gratis Suppen-Box“ ohne Werbehinweis, © Little Lunch

Was der Flyer aber nicht erwähnt: wenn die User einen solchen Post erstellen, handelt es sich um Werbung und sie müssen diese kommerzielle Kommunikation als solche auch kenntlich machen. Tun sie das nicht, handelt es sich um Schleichwerbung, für die es bei findigen Anwälten oder Organisationen zu Abmahnungen kommen kann. Der Influencer trägt die volle Verantwortung. Das bestätigt uns auch Prof. Dr. Stefan Engels:

In diesem Fall handelt es sich bei jedem Post um Werbung – allerdings nicht aufgrund des Hashtags, sondern deshalb, weil 20 Euro pro Post versprochen werden. Für die Kennzeichnung hat das Medium zu sorgen (also der/die Influencer/in), da es die Einfügung der Werbung rechtlich verantwortet und tatsächlich umsetzt.

Ein Post wie dieser müsste also als Werbung gekennzeichnet sein, wenn auf die Versprechung der gratis Suppen-Box im Wert von 20 Euro reagiert wurde.

Bei diesem Beitrag für Little Lunchs Kampagne fehlt die Kennzeichnung. © Instagram

Little Lunch reagiert – andere Unternehmen sollten aufmerken

Zu der unglücklichen Aktion äußerte sich Senior Marketing Managerin Birgit Schiele von Little Lunch auf unsere Nachfrage wie folgt:

Wir geben dir recht, es wäre sicherlich eine gute Idee, einen Hinweis zur Kennzeichnungspflicht von Werbung auf dem Flyer zu platzieren – vor allem für diejenigen Kunden, die vielleicht kein Hintergrundwissen zur Influencer-Thematik und der Kennzeichnungspflicht haben. Bei der nächsten Bestellung unserer Flyer werden wir darauf achten und den Hinweis ergänzen.

Trotz der Beteuerung beim nächsten Mal den Hinweis zu ergänzen entbehrten diese Flyer einer gewissen Sorgfaltspflicht für die Kunden. Denn diese stehen allein in der Verantwortung für die Kennzeichnung. Auch der Justiziar des BVDW, Michael Neuber, äußerte Bedenken zur dieser Art der Influencer-Akquise:

Die Aktion sieht nach Werbung aus, und wenn die Influencer (Verbraucher) die Aktion auf ihren Profilen so nicht kennzeichnen, dann ist das Schleichwerbung. Die Influencer müssen also kennzeichnen und das Unternehmen wäre gut damit beraten, auch darüber zu informieren, falls noch nicht geschehen.

Wird der Hinweis ergänzt, kann Little Lunch mit ruhigem Gewissen dazu aufrufen Influencer für das Unternehmen zu werden; in der aktuellen Version hat dieser Aufruf einen faden Beigeschmack. Außerdem drohen auch Unternehmen Probleme, die Werbung über Influencer nicht ausreichend einer Kennzeichungsvorgabe unterziehen. Immerhin wurde die Drogeriekette Rossmann vom Oberlandesgericht Celle verurteilt, weil der die Werbung markierende Hashtag #Ad beim betreffenden Influencer Post nicht klar erkenntlich und zwischen weiteren Hashtags angesiedelt war.

Daher sollten alle Unternehmen, die Influencer für ihre Marke mit der Aussicht auf einen bestimmten Gegenwert für einen Post werben, sich dem guten Vorsatz von Little Lunch anschließen und alle Nutzer auf die Kennzeichnungspflicht für kommerzielle Kommunikation oder Werbung hinweisen. Auf diese Weise müssen weder die User noch die Unternehmen Konsequenzen fürchten. Und die Marken vermitteln ihren Influencern gegenüber auch eine Sorgfalt. Für die Instagrammer und alle Social Media-Nutzer gilt aber ganz klar, dass sie in der Verantwortung stehen Posts als Werbung zu markieren, für die sie ein Entgelt in irgendeiner Form erhalten. Dessen sollten sie sich bewusst sein, um einem etwaigen Vorwurf der Schleichwerbung zu entgehen. Und Unternehmen tun gut daran, auf diese Verantwortlichkeit hinzuweisen; das ist ihre eigene.

Informationen zur Werbung in sozialen Medien bieten die FAQs der Landesmedienanstalten, die als Aufsichtsbehörden in diesem Bereich fungieren, oder unser Interviewbeitrag mit Experte Prof. Dr. Engels. Ob Vorsatz oder nicht: Schleichwerbung ist ein Problem. Doch diesem lässt sich mit einer Informationskultur von verschiedenen Seiten und der eigenen Reflexion glücklicherweise vorbeugen.

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