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Social Media Marketing
Snapchat im Wandel: Warum der Zuwachs an älteren Usern notwendig für die App ist

Snapchat im Wandel: Warum der Zuwachs an älteren Usern notwendig für die App ist

Tina Bauer | 11.07.16

Die Alten halten Einzug auf Snapchat und manche glauben bereits an den Untergang der App. Die Geschichte aber lehrt uns etwas anderes.

Mit der Nachricht, ihr wichtigstes Alleinstellungsmerkmal der sich selbst zerstörenden Nachrichten aufzugeben, machte die Plattform erst vor einigen Tagen von sich reden. Nun kommt auch noch die Schreckensnachricht der sich wandelnden Demographie zugunsten älterer Generationen hinzu. Wars das jetzt mit dem neuen Superhype?

Sinkender Coolnessfaktor, aber gut für die Monetarisierung

Vorab: Snapchat ist natürlich kein Hype, denn Hypes sind in aller Regel schnell vorüber. Snapchat ist ein Trend mit großem Potential. Das hat wohl auch schon Gründer Evan Spiegel geahnt, als er das 3-Milliarden-Angebot von Facebook ausschlug und sich stattdessen lieber selbst auf dem hart umkämpften Markt durchschlagen wollte. Snapchat hat die Welt im Sturm erobert und Teens sowie junge Erwachsene liegen der Plattform zu Füßen. Aber wie so häufig zieht es auch weitere Nutzer an, wenn es ein Netzwerk zu großer Popularität und Bekanntheit bringt. Für die coolen Early Adopter mag die Plattform an Attraktivität verlieren, wenn sie bei der breiten Masse ankommt und den Status des Geheimtipps verliert. Mit der Coolness ist es dann aber ganz vorüber, wenn auch die letzten, nämlich die Eltern, Einzug halten und die App für sich entdecken. Aber ist diese Entwicklung hinsichtlich einer funktionierenden Monetarisierung wirklich so schlecht?

Der überwiegende Anteil der jungen Nutzer will auf der Plattform keine Werbung sehen, sondern sich mit seinen Freunden vernetzen und schnelle, private Nachrichten versenden. Jedoch erst die Präsenz älterer, kauffreudiger User macht eine Plattform für Werbetreibende lukrativ. Fangen wir erstmal mit ein paar demographischen Zahlen an: Laut eines neuen Reports, mit dem das WSJ den Demographie-Stein ins Rollen gebracht hat, sind bereits 14 Prozent der über 35-jährigen US-amerikanischen Smartphone Nutzer auf Snapchat – vor drei Jahren waren es lediglich 2 Prozent. Auch weitere 38 Prozent der 24-34-jährigen Smartphone-Besitzer haben sich in der jüngsten Vergangenheit auf der Plattform registriert.

snapchat-demographie
© Wall Street Journal

Zwar sind die 18-24-jährigen mit knapp 68 Prozent noch immer das Hauptpublikum der App, doch ist das Wachstum der älteren Zielgruppe inzwischen größer. Laut Social Media Today ist das ein starkes Zeichen für die Evolution von einem Trend hinzu einem ernst zu nehmendem Player im Social Media Kosmos. Um sich weiterentwickeln und monetarisieren zu können, muss eine App sich für ein breiteres Publikum öffnen, ob das den ersten Usern gefällt oder nicht. Und davon abgesehen: Der Snapchat King höchstpersönlich, DJ Khaled, ist selbst kein Teenager mehr sondern bereits stolze 40 Jahre alt.

Und seit Snapchat über mehr als 100 Millionen Daily Active Users verfügt und breitere Altersgruppen anzieht, wird die Plattform auch für Werbetreibende immer interessanter.

„Das Beispiel Facebook hat gezeigt, dass es auf Dauer nicht reicht, einfach nur bei Jugendlichen und Studenten angesagt zu sein“

Björn Tantau, auf Snapchat unter dem Handle btantau zu finden, ist Experte für Social Media Marketing sowie Buchautor und der Ansicht, dass die Plattform Veränderungen benötigt, um sich weiterentwickeln zu können – weist aber gleichzeitig auch auf Stolpersteine hin:

Björn Tantau, Social Media Marketing Experte & Autor
Björn Tantau, Social Media Marketing Experte & Autor

Wenn Snapchat weiter wachsen und künftig eine bedeutsame Rolle spielen will, dann muss es sich für neue Userschichten öffnen. Das Beispiel Facebook hat gezeigt, dass es auf Dauer nicht reicht, einfach nur bei Jugendlichen und Studenten angesagt zu sein. Um wirklich etwas bewegen zu können, braucht man finanzielle Mittel. Snapchat will lukrativer werden und insgesamt mehr Geld verdienen. Nur so kann ein Börsengang vorbereitet werden – durch den dann das wirkliche „Kriegskapital“ in die Kassen gespült werden wird.

In Sachen Online Marketing wird Snapchat natürlich ebenfalls wichtiger, weil jeder Publisher die eigene Zielgruppe dort mittlerweile ganz gut erreichen kann… schließlich hat Snapchat mittlerweile mehr täglich aktive Nutzerinnen und Nutzer als Twitter. Bei den Jugendlichen wird diese Entwicklung definitiv Spuren hinterlassen und ein Teil von ihnen wird Snapchat auch den Rücken kehren.

Mehr als zwei Drittel der User von Snapchat sind aktuell zwischen 18 und 25 Jahren alt, der Anteil der Älteren ist in den letzten drei Jahren aber dramatisch gewachsen und liegt 2016 schon bei mehr als 30%. Ältere User verfügen in der Regel über eine größere direkte Kaufkraft als Schüler und Studenten. Das weiß natürlich Snapchat und das wissen auch Marketing- und Werbeagenturen auf der ganzen Welt. Insofern ist davon auszugehen, dass sich Snapchat langsam aber sicher verändert und in den kommenden Jahren mehr versuchen wird, die Ansprüche der User über 25 Jahren zu erfüllen.

Letztendlich wird Snapchat aber nur dann überleben, weiter wachsen und zu einer echten Größe heranwachsen, wenn der Content weiterhin konsumiert wird. Wie Facebook auch produziert Snapchat keinen eigenen Content und ist deshalb auf die User angewiesen. Der zu erwartende Umbau muss also behutsam erfolgen, damit man die Leute nicht vor den Kopf stößt.

Weiteres Problem: Snapchat ist zwar erfolgeich, aber längst nicht so komplex wie andere soziale Netzwerke. Die fehlende Komplexität und die damit verbundene geringe Anzahl an Möglichkeiten (zum Beispiel im Vergleich zu Facebook) macht es anderen leichter, Snapchat zu kopieren oder eine ähnliche App an den Start zu bringen, wie das ja derzeit schon in Asien der Fall ist… dort macht eine Snapchat sehr ähnliche App namens „Snow“ aktuell die Runde – und ist bei den Usern sehr beliebt!

Der Parent Effect – Evolution happens

Nahezu jedes soziale Netzwerk ist auf seinem Weg zum Aufstieg mit diesem Phänomen, das von einigen als Parent Effect bezeichnet wird, in Berührung gekommen. Facebook ist hier ein nennenswertes Beispiel, denn die Plattform hatte mit ständig neuen Problemen zu kämpfen, was den Schwund junger User nach Ankunft älterer Generationen und auch das sinkende Engagement anbelangt. Dennoch entwickelt sich das „Urnetzwerk“ stetig weiter und so ist es ihm gelungen, sich nicht nur als Platzhirsch unter den Social Networks zu etablieren, sondern sich gleichzeitig zur wichtigsten Plattform für Werbetreibende zu entwickeln.

Snapchat wird es ähnlich ergehen und die App muss ihren Sexappeal daher generationenübergreifend dringend behalten. Derzeit sieht die Zukunft Snapchats in Anbetracht der Einführung immer neuer Features jedoch gut aus. Denn so schnell wie den heutigen Usern langweilig wird und sie sich entsprechend fix auf die Suche nach neuer Spannung begeben, reagiert die Plattform auch mit neuen Filtern oder einzigartigen Entwicklungen und hält ihre Nutzer so bei der Stange. Die aktuellen Entwicklungen öffnen Marketers also die Türen zu einer Plattform mit kaufkräftigen Usern, die bereits heute schon riesige Erfolge feiert, dabei aber nur wenig lukrativ ist und deren große Zukunft ihr noch bevor steht.

Kommentare aus der Community

Thomas Schuster am 10.07.2016 um 15:14 Uhr

Hallo Tina,
danke für den sehr guten Beitrag. Meine jüngstem Erfahrungen Snapchat in den Reigen der Social Media Plattformen für unser b2b Kunden zu integrieren sind ziemlich mager. Auch den kleineren b2c Unternehmen Missfallen Aufwand und Halbwertszeit des Contents auf Snapchat. Zu Snapchat muss man wirklich einen festen „inneren“ Zugang finden, um es zu mögen. Ein guter Weg sind sicher die neuen Features. Ich bin gespannt wie es sich entwickelt. Ich selbst habe die App derzeit wieder gelöscht – mir machte „snappen“ einfach keinen Spaß – sowas…
Dass Snapchat als Kommunikationsbaustein im Marketing- und Medienmix Potenzial hat, ist je nach Branche und Zielgruppe allerdings nicht von der Hand zu weisen.
Dein Beitrag unterstützt auf jeden Fall die Meinungsbildung.
Schönen Sonntag noch und beste Grüße
Thomas

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