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Social Media Marketing
Brand Safety: Wie die New York Times gegen Facebook & Google pitcht
Die Truth-Kampagne der New York Times. © NYT

Brand Safety: Wie die New York Times gegen Facebook & Google pitcht

Tina Bauer | 09.05.17

Am 1. Mai hielt die NYT vor 1.500 Marketern ein Plädoyer für Qualitätsjournalismus. Dabei pitchte sie sich selbst gegen die Big Player Facebook und Google.

Dass die New York Times den Instant Articles den Rücken zukehrt, ist kein neuer Umstand. Als Grund dafür wurden bislang die geringe Effektivität und hohe Unzufriedenheit der Publisher genannt. Doch das Problem scheint tiefgreifender, als zuvor angenommen. Nun stellt die NYT Instant Articles nicht nur ein, sondern zieht mit ihrer Wahrheits-Kampagne auch in eine Schlacht gegen die einvernehmenden Plattformen: Wurde die Kampagne „Truth. It’s more important than ever“, deren riesige Banner in New York prangen, von vielen für eine Kampfansage gegen Trump gehalten, gilt sie vielmehr auch Facebook und Google. Am 1. Mai wurden knapp 1.500 Marketer ins Times Center in Manhattan zum Digital Content NewFronts einberufen. Bei dem Treffen ging es um Brand Safety und mögliche Alternativen zu Facebook und Google für Advertiser.

Sicheres Umfeld für Advertiser

Spätestens seit den US-Wahlen im Herbst des vergangenen Jahres ist die Medienwelt in Aufruhr. Die Debatte um Fake News war geboren und gewinnt mehr und mehr an Aufwind. Die Truth-Kampagne stellt Facebook und Google ins Fegefeuer des Traditionsverlages. Die beiden sind Melting Pots für jedwede Art von Nachrichten, und müssen sich zunehmend Kritik stellen. Die Verbreitung alternativer Fakten zu unterbinden, gelingt beiden bisher eher schlecht als recht. Auch Advertiser zeigen sich zunehmend verärgert über diesen Umstand. So wurde erst vor kurzem die Debatte um Brand Safety angestoßen, die aufgrund von Werbeeinblendungen im Umfeld unangebrachter Inhalte zu einer massiven Verbreitung eines Werbeboykotts auf YouTube geführt hat.

Bei der Zusammenkunft zwischen der New York Times und den Marketern im Times Center pitchte der Publisher nun also sein eigenes Unternehmen gegen Facebook und Google. Greg Jarboe, Co-Gründer von SEO-PR und Autor, berichtet auf Tubular Insights, dass die Veranstaltung unter dem Banner der Wahrheitsfindung stand und die anwesenden Entscheider davon überzeugen sollte, sich auf die Seite des seriösen Journalismus zu stellen, statt den Big Playern Google und Facebook ihre Budgets in den Rachen zu werfen. Was der Qualitätsjournalismus im Gegensatz zu den beiden Plattformen zu bieten hat? Expertise, Maßgeblichkeit, Vertrauenswürdigkeit und nicht zuletzt ein sich daraus konstituierendes sicheres Umfeld.

Duopoly: 60 Prozent des digitalen Umsatzes gehen an Google und Facebook

Die beiden Plattformen beanspruchen laut eMarketer bereits 60 Prozent des digitalen US-Werbeumsatzes für sich. Auch global verschlingen die beiden die meisten Werbegelder. So machen sie laut Zenith seit 2012 64 Prozent des Wachstums der weltweiten Werbeausgaben aus. Die beiden Big Player gehören zu den wertvollsten Unternehmen weltweit. Dabei generieren sie ihren Umsatz ausschließlich mit Werbung, die auf den Daten der User basiert. Wenn diese aber – oder zumindest diejenigen, die wert auf seriösen Journalismus und den vertrauensvollen Umgang mit ihren Daten legen – von der Relevanz des Qualitätsjournalismus überzeugt werden können, stelle die Plattform der New York Times ein weit sichereres Umfeld für Werbetreibende dar als Facebook oder Google es jemals könnten, so NYT CEO Mark Thompson.

We believe that we’ve got a very credible story, not just about the importance of journalism, but about why journalism is a relationship with people, and if you can crack the code on that relationship, engage them, encourage them to pay, we can offer an environment and an engaged audience, which is very different from random bits of news on Facebook, social media or Google. It’s safer for brands.

Denn in der jüngsten Vergangenheit hat nicht nur das Werbeboykott auf YouTube zu großen Diskussionen geführt. Im Zuge der Debatte um die Alt-Right-Website „Breitbart“, die von Trumps Chefstrategen und Ultrarechten Steven Bannon geführt wird, steht auch der programmatische Einkauf von Werbeplätzen in der Kritik. Viele Publisher haben Breitbart auf die schwarze Liste gesetzt, so dass ihre Banner dort nicht mehr ausgespielt werden und die Seite damit finanziell unterstützen. Auch die vermutete Involviertheit Russlands in die US-Wahl, die darauf basierende Verbreitung von Fake News und interner Dokumente aus dem Clintonlager auf Google und Facebook sind ein Problem, dem sich gestellt werden muss.

Zwar wären Facebook und Google annehmbare Sammelbecken, um überhaupt Zugang zu seriösen Nachrichten-Publishern zu bekommen, doch können sie einen echten Publisher nicht ersetzen, so Thompson. Die Werbetreibenden von den alteingesessenen Instituitionen zu überzeugen, könnte sich langfristig auch für sie auszahlen. Denn Umfeld sowie Kontext sind im Hinblick auf das Brand Building sicherer. Aus Userperspektive allerdings sind AMP und Instant Articles komfortable Quellen. Die Ladezeiten sind, wie versprochen, konkurrenzlos gering. Der durchaus perfide Plan, Nutzer durch diesen Anreiz innerhalb der Plattform zu halten, ist noch nicht ins Bewusstsein vorgedrungen – zu bequem gestaltet sich der Zugriff.

Dass es funktionieren kann, seine Werbung auf wenige, aber dafür sichere Seiten zu limitieren, zeigt die US-Bank JPMorgan Chase. Vor dem Hintergrund der laufenden Debatte um Brand Safety wurde die Zahl der Webseiten, auf denen Display-Werbung des Institutes ausgespielt wurde, von 400.000 auf 5.000 im Monat reduziert. Überraschenderweise sind die Cost-per-Impression und Sichtbarkeit nahezu unverändert, so Kristin Lemkau, Chief Marketing Officer bei Chase.

Facebook ist wichtig, aber kritisch zu betrachten

Facebook bleibt für die New York Times trotz alledem ein wichtiger Trafficlieferant. So konnte der Traffic insbesondere im Bewegtbildbereich jährlich um 40 Prozent gesteigert werden. Auch stellt Facebook Videos gegenüber anderen Formaten voran.

Facebook und Google versammeln die User und haben eine ungeschlagene Infrastruktur für Werbung. Das sicherere Umfeld allerdings bieten die seriösen Publisher, die nicht als offene Sammelbecken für jedwede Art von Journalismus fungieren. Auch die Brand Safety spielt im Hinblick auf programmatischen Einkauf eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Neben der NYT wenden sich auch andere seriöse Publisher bereits von Facebooks Instant Articles ab. So haben sich neben der New York Times auch die Cosmopolitan, Forbes und Quartz bereits verabschiedet.

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