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Social Media Marketing
Bye-bye Likes – Hallo Micro-Blogs: Warum Instagrammer ihre Liebe zum Text entdecken

Bye-bye Likes – Hallo Micro-Blogs: Warum Instagrammer ihre Liebe zum Text entdecken

Ein Gastbeitrag von Wolfgang Macht | 03.03.20

Könnte ein Verschwinden der Likes bei Instagram dazu führen, dass sich die Plattform immer weiter Richtung Blogging entwickelt – und so ganz neue Potentiale für die Instagrammer schafft?

Ohne Likes ist Instagram nicht mehr lebensfähig? Falsch gedacht. Vielmehr scheint die probeweise Abschaffung der Likes bloß die jüngste Komponente einer Entwicklung zu sein, die bereits seit einiger Zeit auf Instagram stattfindet. Influencer entdecken ihre Begeisterung für Text und legen den Fokus immer mehr auf die Bildunterschriften. Dadurch könnte sich Instagram zu einer Blogging-Plattform mit ganz eigenen Regeln, Mechaniken und KPI entwickeln.

Mehr Text bei Posts auf Instagram

Millennial Pink, Avocados, bunte Mauern, Kaffeekunst – lange Zeit definierte sich die Instagram Community nahezu ausschließlich über eine Handvoll Motive. Kreativität, eigene Ideen und neue Ansätze mussten sich der allgemeinen Instagram-Ästhetik unterordnen, die trotz einer gewissen Eintönigkeit über Jahre hinweg für viele Likes und hohe Followerzahlen sorgte. Inzwischen geht ein Ruck durch die Facebook-Tochter und Zahlen belegen, wie sehr sich die Mechaniken auf Instagram verändern – Text bekommt mehr Bedeutung, wie eine aktuelle Studie der beiden Influencer-Marketing-Plattformen Later und Fohr untermauert. Umfasste 2016 die durchschnittliche Bildunterschrift noch 142 Zeichen, verdoppelte sich diese Zahl 2019 auf 336 Zeichen. Die Prognose für 2020 liegt inzwischen bei 405 Zeichen, was etwa 80 Wörtern entspricht. Hinzu kommt, dass die Bildunterschriften nicht einfach nur länger werden, sie werden auch sprachlich vielseitiger und inhaltlich opulenter.

Likes sind nicht alles – auf welche anderen KPIs Influencer nun setzen

Doch woher kommt der plötzliche Sinneswandel der Influencer hin zu mehr Text, besserem Inhalt und einer neuen Gewichtung zwischen Optik und Text? Zum einen verändern sich die Erwartungen der Follower an ihre Idole und deren Content und zum anderen braucht die Community neue KPIs. Der alte Grundsatz #LikeForLike gilt nicht mehr so einfach, seitdem Instagram im letzten Jahr beschlossen hat – vorerst probeweise – Likes in einigen Ländern abzuschaffen. Dabei waren nicht nur die Influencer selbst, sondern auch die gesamte Influencer-Marketing-Branche auf diese Kennzahl angewiesen.

Während diese Akteure Likes gut als Gradmesser des Erfolgs nutzen konnten, stellten sie für die Plattformbetreiber eher ein zweischneidiges Schwert dar. Durch die Generierung von Gefällt-mir-Angaben alleine erhöht man nämlich nicht die Verweildauer der Besucher auf der Plattform selbst. Wohl kaum etwas ist so schnell gesetzt wie ein Like. Alles in allem stagnierten also die Nutzungszeiten, was sicherlich nicht im Sinne einer Social-Media-Plattform ist. Daher steckt hinter dem geplanten vollständigen Aus der Likes wohl auch mehr als reine Nächstenliebe. Viel wichtiger für Instagram als das Ende überzogener Selbstdarstellungen ist wohl eine längere Aufenthaltsdauer auf der Plattform.

Mehr Verweildauer kann vielen Akteuren Vorteile verschaffen

Eine längere Verweildauer auf dem Social-Media-Kanal ist aber nun, nachdem der Großteil der Gefällt-mir-Angaben nicht mehr sichtbar ist, auch für Influencer von Interesse. Schließlich brauchen sie jetzt neue KPIs. Es geht nun um Kommentare, Saves, Shares, Reaktionen auf Stories und eben die Verweildauer auf dem Post. Um diese Reaktionen bei den Usern auszulösen, braucht es aber andere Trigger. An Stelle der typisch kurzen Bildunterschriften tritt nun Text mit Inhalt und Mehrwert. Die Fotos und Videos sind nur noch der Einstieg zu regen Diskussionen, die schließlich zu einer längeren Auseinandersetzung mit dem Content und der Person dahinter führt. Dadurch erhalten Posts eine bessere Platzierung im Feed und somit eine erhöhte Sichtbarkeit und Reichweite.

Wie so oft kommen die entscheidenden Impulse, wie die Symbiose aus Instagram und Blogging gelingen kann, aus den USA: Die Influencer dort betreiben schon seit längerem vermehrt sogenannte Micro-Blogs, in denen sie optisch gelungene Inszenierungen mit Textkompetenz verbinden. 2020 könnte oder besser sollte dieser Trend nun auch endlich flächendeckend nach Deutschland kommen. Denn klar ist: Auch Influencer mit mehr als 100.000 Followern sind vor den Veränderungen auf Instagram nicht mehr sicher. Die Studie von Later und Fohr zeigt, dass sie ohnehin mit sinkenden Followerzahlen zu kämpfen haben und sich daher auf Bildästhetik alleine nicht mehr verlassen können. Die Auswirkungen können schließlich handfeste wirtschaftliche Einbußen sein, wenn Unternehmen bezahlte Partnerschaften streichen.

Drei Grundmechaniken für erfolgreiches Micro-Blogging

Doch wie gelingt nun der perfekte Micro-Blog? Um qualitative Texte mit dem passenden Bildmaterial zu verbinden, müssen Influencer es schaffen, eine Verbindung zwischen diesen beiden Elementen herzustellen. Damit das neue Genre Instagram Blog funktioniert, sollten sie folgende Punkte beachten.

1. Interaktion forcieren

Es gilt die Follower viel stärker in den Dialog zu ziehen und dabei die Perspektive komplett zu drehen. Was sind Eure liebsten veganen Kosmetikartikel? Womit haltet ihr euch fit? Was sind Eure Top Destinations? Oder natürlich auch: Welche Hotels sind wirklich zum Gruseln? Ähnlich wie das beispielsweise Lisa Novelle und Max Bundaberg auf ihrem gemeinsamen Account @zweidiereisen vormachen. Mit Fragen nach den Reisegewohnheiten ihrer Follower, Plänen für den Valentinstag oder Urlaubszielen stellen sie ihre Community immer wieder in den Mittelpunkt.

2. Haltung zeigen

Den drängenden politischen und gesellschaftlich relevanten Fragen können sich auch Influencer immer weniger entziehen. Egal ob Klimakrise, Gender Gap oder gesellschaftliche Spaltung, die klassischen Medien verlieren hier zunehmend die Deutungshoheit an die neuen Multiplikatoren. Diese wiederum sollen und müssen engagiert Stellung beziehen. Bestes Beispiel: Serin Khatib (@serintogo), die sich für ein bewussteres Leben, Nachhaltigkeit und mehr Liebe zum eigenen Körper einsetzt.

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WIE WOLLEN WIR LEBEN?🌿 . Ich habe heute an der Digitalkonferenz zur Nachhaltigkeitsstrategie 2020 teilgenommen. Vor der Veranstaltung habe ich mir lange Gedanken darüber gemacht, ob es wohl eher eine Werbeveranstaltung oder ob ich da wirklich etwas zu beitragen kann. Nunja. Mein Motto lautet ja: keine Erwartungen = keine Enttäuschungen. Und so wars dann auch. . Es gab durchaus interessante Panels. Aber meine Redezeit hat sage und schreibe zwei mal zwei Minuten betragen. Danke dafür. Und so waren es eher viele aneinandergereihte Monologe und eine Menge Selbstbeweihräucherung. Eine Sache fehlt mir auf solchen Veranstaltungen immer: das MACHEN! . Politiker und Akademiker sind super im Reden. Und ich verstehe absolut, dass man erstmal darüber reden muss, bevor man etwas tut. Aber im Land der Dichter und Denker reden wir einfach viiiiiel zu lange. Gerade in Sachen #nachhaltigkeit müssen wir ins Tun kommen. . Ich habe meinen Wortbeitrag dazu genutzt den „alten weißen Männern“ zu erzählen, dass die #greencomnunity schon viel weiter ist. Wir sind Macher. Wir reden nicht lang drumrum, sondern ändern unser Verhalten und denken um. Ich habe ihnen angeboten sich mehr mit uns auszutauschen und von uns zu lernen. Ob es dazu kommt? Ich gebe die Hoffnung nicht auf…🌿💚🌍 . . . . . #nachhaltigleben #nachhaltig #sustainableliving #sustainablity #bewusstleben #bewusstsein #nachhaltigkeitsstrategie #konferenz #umdenken #öko #grün #fridaysforfuture #ecoliving #fairfashion #nachhaltigkeitimalltag #achtsamkeit #zukunft #politik #nachdenken #greenliving #serintogo #sdgs

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3. Service bieten – und gleichzeitig Fachkompetenz beweisen

Die zehn besten Tipps für eine fitteres Lebensgefühl, Wege um Plastik zu vermeiden oder Ratschläge für den perfekten Gemüsegarten. Bei Service Posts zum richtigen Thema sind Shares und Saves meist eine sichere Bank. Aber nicht nur das: Sie sind auch der ideale Aufhänger für den Dialog mit der Follower Base. Perfekt macht das Viktoria Heyn (@naturlandkind). Mit Posts zu Themen wie Möglichkeiten, um Wasser zu sparen und Rezepten für ökologisch-vegane Kosmetik sorgt sie für entsprechendes Feedback in der Community.

Es zeigt sich also: Das Ende der Likes ist nur der Anfang zu einer neuen Instagram-Ära. Anstatt weiter über das Für und Wider der Abschaffung der Gefällt-mir-Angaben zu diskutieren, sollten Influencer nun umdenken und das neue Instagram für sich entdecken.

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