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7 Psychologie-Hacks für Marketer, die auf das Unterbewusstsein abzielen

7 Psychologie-Hacks für Marketer, die auf das Unterbewusstsein abzielen

Anton Priebe | 10.07.17

Unser Gehirn nimmt in einem Zeitalter zu vieler Entscheidungen oft lieber die Abkürzung und folgt unterbewussten Mustern. Diese kannst du dir zunutze machen.

In der heutigen Zeit wird es immer schwieriger, seine Zielgruppe mit einer Botschaft zu erreichen. Die Aufmerksamkeitsspannen sinken und die User sind bereits übersättigt von dem stetigen Input. Also werden Entscheidungen zunehmend unterbewusst getroffen. Reaktionen erfolgen reflexartig und das Gehirn nimmt somit lieber die Abkürzung, als sich ständig neu entscheiden zu müssen. Das ist der viel einfachere Weg, der sich in der Evolution als sinnvoll erwiesen hat.

Nancy Harhut, Chief Creative Officer der Wilde Agency, hielt auf dem Marketo Marketing Nation Summit 2017 in San Francisco einen Vortrag darüber, wie Marketer sich das Unterbewusstsein der Menschen zunutze machen können. Im Rahmen der Präsentation „7 Human Behaviour Hacks that increase Engagement and Response“ verriet sie den Zuhörern, wie sie sich ins Unterbewusstsein der Nutzer hacken können.

Nancy Harhut, Chief Creative Officer bei der Wilde Agency, auf dem Marketo Nation Summit

1. Availability Bias

Unser Gehirn schätzt Geschehnisse als wahrscheinlicher ein, wenn wir sie uns gut vorstellen können. Die Einschätzung erfolgt auf der Grundlage von Beispielen, die uns präsent sind. Diese Verfügbarkeitsheurisitik führt dazu, dass wir uns oft systematisch verkalkulieren, nur weil wir zu einem bestimmten Thema in letzter Zeit mehr Informationen gehört oder gelesen haben. Beispielsweise beziffern wir das Risiko eines Flugzeugabsturzes somit in der Regel als drastisch zu hoch – weil fast alle Medien jeden einzelnen aufgreifen und häufig darüber berichten. Andere Geschehnisse geraten nach demselben Muster in Vergessenheit und werden deutlich zu unwahrscheinlich eingeschätzt.

Hier können Marketer ansetzen und dem Gehirn auf die Sprünge helfen. Möchtest du zum Beispiel ein Event promoten, mach gleich klar, wie es aussehen würde, wenn der Rezipient gewänne und wen er mitnehmen könnte. So geschehen bei dem Spendenaufruf für Barack Obama. Die Newsletter-Kampagne war mit einer Grafik angereichert, die dabei hilft, sich die Situation bildhaft vorzustellen. Ein kleiner runder Tisch mit nur acht Personen? Ich direkt neben dem Präsidenten? Und ich kann noch jemanden mitnehmen? Schon wird die Vorstellung realer.

Gewinnspiel im Rahmen der Spenden für Barack Obama, Quelle: Nancy Harhut

2. Social Proof

Social Proof ist ein Phänomen, das uns stetig im Alltag begegnet. Wenn wir nicht sicher sind, welche Entscheidung die richtige ist, weil uns Informationen bzw. Erfahrungswerte fehlen, schauen wir auf das Verhalten unserer Mitmenschen. Jeder, der sich in ungewohnten Situationen wiederfindet, wirft einen Blick auf sein Umfeld, um zu prüfen, welches Verhalten angemessen ist.

Dieser soziale Mechanismus ist eigentlich auch im Marketing ein alter Hut. Das Paradebeispiel dafür sind Testimonials. Sollen sie den User zur Conversion animieren, sind sie möglichst nah an der Zielgruppe orientiert, sprechen direkt die Skepsis an, die am häufigsten anzutreffen ist und widerlegen diese.

Es gibt jedoch noch andere Wege, Social Proof für deine Zwecke einzusetzen. Anschaulich wird dies anhand eines Newsletters von Hillary Cliton. Es handelt sich dabei wieder um einen Spendenaufruf, doch diesmal wird ein anderer Trigger verwendet, der rot eingekreist ist: „Die durchschnittliche Spende in deiner Region beträgt 23 Dollar.“ Ohne den Betrag wissen die Empfänger vielleicht nicht, wie viel angemessen wäre, und der Wert gibt eine Orientierungshilfe vor, der wir automatisch folgen – weil unser Umfeld diese Summe augenscheinlich für angemessen befunden hat.

Newsletter-Kampagne von Hillary Clinton mit Social Proof-Trigger, Quelle: Nancy Harhut

3. Verknappung und Dringlichkeit

Auch ein Klassiker im Marketing: das Knappheitsprinzip. Wenn du für ein Produkt niedrige Verfügbarkeit vermitteln kannst, möchten das die Kunden unbedingt besitzen. Ein Hebel dafür ist Exklusivität. Das ist auch der Grund dafür, dass viele E-Mail Marketer von steigenden Öffungsraten berichten, sollte in dem Betreff das Wort „Only“ oder etwas Vergleichbares auftauchen. Exklusivität treibt die Conversions an, bespielsweise „Nur für XYZ-Mitglieder“.

Eine andere allseits bekannte Stellschraube ist Dringlichkeit. Neben zeitlich begrenzten Sales, die mithilfe von Countdowns visualisiert werden, nennt Harhut ein weiteres interessantes Beispiel aus dem E-Commerce. Das Label „reserved by others“ auf der Handtasche in Kombination mit einer Zeitangabe, wann sie wieder verfügbar ist, zeigt eine deutlich gesteigerte Conversion Rate.

Die reservierte Handtasche ist automatisch weitaus interessanter als die zwei daneben, Quelle: Nancy Harhut

4. Commitment and Consistency

Dieses Prinzip geht auf den Psychologen und Marketer Robert Cialdini zurück. Es besagt, dass Menschen ihrer Linie treu bleiben, sollten sie sich einmal schriftlich oder mündlich für etwas verpflichtet haben. Sie sind meistens konsistent mit Blick auf ihr früheres Handeln, um ihrem Selbstbild gerecht zu werden.

Probezugänge folgen diesem Muster. Wenn jemand eine zeitlang etwas genutzt hat, wird er es mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter nutzen. Eine andere Möglichkeit, wie das Marketing auf dieser Theorie aufbaut, ist Social Sharing. Sollte sich beispielsweise ein User für eine Online-Spende entschieden haben, wird er oftmals aufgefordert, dies offiziell in Sozialen Netzwerken verlauten zu lassen oder das Formular auszudrucken. So entsteht auch der Druck, den Worten Taten folgen zu lassen. Harhut nennt hier den Ausdruck Kognitive Dissonanz. Wenn man etwas aufschreibt, fühlt es sich nicht gut an, dem nicht nachzukommen.

5. Choice Architecture

Je nachdem, wie man eine Auswahl an Optionen präsentiert, beeinflusst das deren Ausgang. Deutlich wird dies durch einen Blick auf die Organspender Europas.

Warum gibt es in Europa nur Extreme, was die prozentuale Verteilung der Organspender betrifft?, Quelle: Nancy Harhut

Interessanterweise weisen die Nationen Europas gravierende Unterschiede bei der prozentualen Verteilung der Organspender auf. Während Österreich eine Rate von 100 Prozent offenbart, liegt die Quote in Deutschland bei gerade einmal 12 Prozent. Das liegt aber keinesfalls daran, dass hierzulande die Mehrheit der Bevölkerung gegen Organspenden ist, sondern vielmehr an dem Verfahren, wie man zum Organspender wird.

In Österreich muss ein Einwohner der Spende offiziell widersprechen, sollte er nicht einverstanden sein, dass seine Organe nach seinem Tod entnommen werden. In Deutschland hingegen müssen wir offiziell einwilligen, dass wir dem zustimmen. In Marketer-Sprache also ein Opt-Out vs. Opt-In. Die Menschen wollen sich lieber nicht entscheiden, gehen unterbewusst die Abkürzung und unternehmen nichts. Die Folge sind die unausgeglichenen Verteilungen.

Für das Marketing bedeutet dies, eher auf Opt-Out zu setzen und Check-Boxen dementsprechend zu präsentieren. Gleiches gilt für Pakete, in denen optionale Angebote schon vorausgewählt sind. Die meisten Personen werden das Paket nicht manuell abändern.

6. Die Wahrnehmung von Preisen

Neurowissenschaftler konnten nachweisen, dass beim Bezahlvorgang die gleichen Hirnregionen aktiv werden, die für die Verarbeitung von physischen Schmerzen zuständig sind. Geld auszugeben tut also im übertragenden Sinne tatsächlich weh. Daher gilt es, den Preis so klein aussehen zu lassen wie möglich.

So solltest du lieber 120 Euro als 120.00 Euro auf dem Preisschild angeben, da letzteres aufgrund der Nachkommastellen wie ein höherer Preis wahrgenommen wird. Gleiches gilt für die Schriftgrößen: je kleiner desto besser. Die Summe in der oberen Region einer Seite anzugeben ist laut Harhut ein Fehler. Unten wird sie vom Gehirn als niedriger erfasst.

Setze bei einem Sale den Originalpreis stets auf die linke Seite und nenne danach das reduzierte Angebot. Der Ausgangspreis dient als Anker, falls wir nicht einschätzen können, wie teuer das Produkt sein könnte. In Relation wirkt es dann wie ein besonders guter Deal. Mit diesem ersten Anker werden alle anderen Preise verglichen. Daher solltest du in einer Liste immer das teuerste Produkt zuerst nennen.

Groupon macht es richtig: einen teuren Anker setzen und dann den Deal aufzeigen, Quelle: Groupon.de

Es hat einen Grund, dass uns überall im Alltag Preise begegnen, die auf einer 9 enden. Harhut bezeichnet einen solchen Preis als „Charm Price“. So verkauft sich eine Ware für 99 Dollar besser als eine für 100 – soweit so bekannt. Sie verkauft sich jedoch auch weitaus besser als eine für 94 Dollar. Die 9 am Ende besitzt eben eine magische Anziehungskraft und ist in unseren Köpfen seit langem billig konnotiert.

Noch einen Hinweis zu Rabatten: Studien haben gezeigt, dass User eher konvertieren, wenn sie die Wahl haben zwischen einem 15 Prozent Rabatt und einem Angebot, absolut 10 Dollar weniger zu zahlen. Verschiedene Rabatt-Optionen erhöhen also die Conversions, biete jedoch nie mehr als fünf Optionen an.

7: The Neuro 9

Abschließend gibt Harhut den Zuhörern noch eine Ansammlung an Quick Wins an die Hand:

  • Setze in deinem Marketing wenn möglich Gesichter ein. Menschen lieben Gesichter und insbesondere die Augen.
  • Du kannst den User mit der Blickrichtung eines Gesichts auch auf etwas besonders aufmerksam machen, denn wir folgen selbst virtuellen Blicken.
  • Nutze Fotos, denn Bilder machen Aussagen glaubwürdiger, selbst dann noch, wenn sie nicht hundertprozentig mit der Aussage übereinstimmen.
  • Schwarz-weiß hebt die essentiellen Features eines Produkts hervor. Farbige Bilder werden mehr geteilt und legen den Fokus auf die kosmetischen Elemente.
  • Vorher- und Nachher-Fotos funktionieren sehr gut, sie sollten möglichst nah beieinander positioniert sein.
  • Nummern stechen aus dem Text heraus und werden vom Gehirn schnell wahrgenommen.
  • Fragen fördern das Engagement deutlich. Dabei ist aber darauf zu achten, dass sie nicht nur mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind.
  • Reime sind vertrauensfördernd, weil sie einfacher vom Gehirn prozessiert werden.
  • Achte stets auf den sprachlichen Rahmen, wie du eine Aussage präsentierst. Die Wortreihenfolge kann enorme Auswirkungen auf die Wahrnehmung haben.

Die genannten Hacks basieren alle auf psychologischen Phänomenen, die sich auch mit der Zeit nicht abnutzen. Unser Instinkt sorgt dafür, dass wir diesen Linien treu bleiben – ob wir wollen oder nicht.

Hier könnt ihr euch den gleichen Vortrag nochmals in Videoform im Rahmen des Financial Brand Forums in Las Vegas anschauen.

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