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Google und Co. sollen zahlen: Wikipedia plant Bezahl-Service Wikimedia Enterprise

Google und Co. sollen zahlen: Wikipedia plant Bezahl-Service Wikimedia Enterprise

Niklas Lewanczik | 18.03.21

Große Unternehmen wie Amazon, Google oder Apple sollen auf hochwertige Wikimedia-Daten zugreifen können, wenn sie dafür bezahlen. Damit könnte die Beziehung zwischen Wikipedia und großen Tech-Unternehmen neu definiert werden.

Seit knapp 20 Jahren koexistieren Wikipedia und Google in einer für beide Seiten vorteilhaften Symbiose. Die größte Suchmaschine der Welt leitet zahlreiche Suchende auf die Online-Enzyklopädie weiter, Wikipedia wiederum liefert Unmengen relevanter Informationen für die SERPs. Allerdings könnten die Geschäftsmodelle unterschiedlicher kaum sein. Während Googles Mutterunternehmen Alphabet im Jahr 2020 ganze 183 Milliarden US-Dollar Umsatz machte, ist die Wikimedia Foundation eine Non-Profit-Organisation. Sie machte 2020 rund 129 Millionen US-Dollar Umsatz, gut 120 Millionen davon kamen durch Spenden zustande. Doch sowohl Google als auch andere Big Player wie Amazon, Apple oder Facebook greifen auf Inhalte von Wikipedia zurück, um ihren Usern auf ihren eigenen Plattformen Informationen zu vermitteln. Dabei zahlen sie allerdings keine Gebühr dafür. Nun möchte die Wikimedia Foundation insbesondere große Unternehmen zusätzlich an ein Bezahlangebot binden: Wikimedia Enterprise.

Kommerzieller Zugang zu Enterprise API: Einfacher Konsum und simple Nutzung von hochwertigen Wikimedia-Daten

Viele Unternehmen und profitorientierte Organisationen nutzen Daten von Wikimedia oder Informationen von Wikipedia, um ihre eigenen Services oder Produkte gewinnbringend zu optimieren. Dazu zählt auch die Google-Suche – die Wikipedia-Content für zahlreiche Snippets nutzt – oder Amazons Sprachassistenz Alexa. Darüber hinaus nutzen einige Unternehmen Wikipedia-Content sogar, um das Wissen aus dieser Quelle weiterzuverkaufen.

Schließlich sind die Inhalte von Wikimedia frei zugänglich. In einem Essay zu Wikimedia Enterprise heißt es:

The full corpus of Wikimedia content always has been, and will continue be, made available for reuse in various forms (including but not limited to database dumps, APIs, and scraping) at no cost. As a result, our content is often repurposed by commercial organizations that rely on it to support their business models, and which consequently earn revenue from it. Outside of voluntary corporate donations to the Wikimedia Foundation, the movement has never received benefits from any of this revenue through return investment.

Um einen Weg zu finden, der Wikimedia Foundation eine neue Einnahmequelle zu sichern, während Unternehmen einen API-Zugang erhalten, der ihnen einen erweiterten Zugang zu Tools, Daten und Informationen ermöglicht, wurde Wikimedia Enterprise ins Leben gerufen.

Das Produkt soll im Laufe des Jahres gelauncht werden. Es erlaubt Unternehmen und Organisationen den Zugang zu optimierten Tools und Services aus dem Wikimedia-Universum auf Bezahlbasis. Dabei müssen Unternehmen, wie Wikimedia betont, nicht darauf zurückgreifen; sie können auch weiterhin die freien Ressourcen der Organisation nutzen. Wikimedia Enterprise ist also als Opt-in-Produkt geplant. Rechtlich getragen wird dieses von der neuen Wikimedia-Tochter Wikimedia LLC.

Bisher ist das ganze Projekt, das der Wikimedia-Mission zugute kommen soll, noch in einer sehr frühen Phase. Im zitierten Essay dokumentiert das Team transparent den Fortschritt. Bis dato wurde die Arbeit am Projekt bereits durch erste Interviews mit dem Wikimedia Foundation Board sowie Mitarbeiter:innen der Organisation, Community-Mitgliedern, Researchern und solchen Unternehmen, die Wikimedia-Daten wiederverwenden, geprägt.

Die großen Unternehmen sollen zur Kasse gebeten werden

Im Kontext der Optionen, die Wikimedia Enterprise bietet, ist von der sogenannten „high volume commercial reuse“ die Rede. Dazu zählt Wikimedia die genannten Beispiele wie die Verknüpfung von Wikimedia-Daten mit Sprachassistenzen wie Siri oder Alexa oder die Verschmelzung von Ergebnissen bei Google mit Wikipedia-Content. Im Essay heißt es entsprechend:

The Wikimedia Enterprise API is a new service focused on use cases of high-volume commercial reusers of Wikimedia projects, that those entitites can use at scale, and for which they will be charged.

Wikimedia erklärt in diesem Essay auch, warum es überhaupt ein kostenpflichtiges Modell geben soll. Als Gründe werden die Nachhaltigkeit der Organisation und ihrer Ziele, die finanzielle Entlastung des Wikimedia Teams im Rahmen des Self-Funding, die Wahrung der Unabhängigkeit der Foundation und die Sicherung von künftigen kommerziellen Investments in für die Öffentlichkeit kostenloses Wissen aufgeführt. Wie teuer die Option für potentielle Kund:innen letztlich wird, ist noch nicht klar.

Verhandlungen zwischen Wikimedia und größeren Unternehmen sind laut Wired aber bereits im Gange. Tech-Riesen wie Google und Facebook könnten künftig also als Kund:innen von Wikimedia Enterprise auftreten; und so etwas an die Organisation zurückgeben, von der sie seit so langer Zeit wichtige Infos für ihre User beziehen. Denn, so erklärt Lane Becker, Senior Director bei der Wikimedia Foundation, gegenüber Wired:

This is the first time the foundation has recognized that commercial users are users of our service. We’ve known they are there, but we never really treated them as a user base. They all have teams dedicated to Wikipedia management – big ones.

Während die Wikimedia Foundation bis 2030 noch mehr Teile der Welt mit frei zugänglichem Wissen versorgen möchte, braucht es ein bestimmtes Maß an Wachstum. Zwar wird in der Organisation nicht erwartet, dass Wikimedia Enterprise zu einer der größten Einnahmequellen werden kann – Spenden bleiben hier der zentrale Faktor. Doch wenn Google und Co. zahlen, könnte das der Foundation mehr Spielraum geben, jetzt und für künftige Weiterentwicklungen. Lisa Seitz-Gruwell, CRO bei Wikimedia, sagt:

We have a big job ahead of us, no doubt about it.

Erstmals wird dafür ein kommerzieller Hebel angesetzt. Bei all den Investitionen in freien Journalismus, mit denen sich etwa Facebook und Google rühmen, sollte eine Investition in Wikimedia Enterprise einen logischen weiteren Schritt darstellen können.

Wer sich für einen Zugang zu Wikimedia Enterpreise interessiert, kann sich auf der entsprechenden Website registrieren, um mehr zu erfahren und über Updates informiert zu werden. Für weiterführende und ausführlichere Informationen steht dir das Essay zu Wikimedia Enterprise zur Verfügung.

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