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Unternehmenskultur
Keine Gewerkschaft für Amazon: Abstimmung fällt zugunsten des Unternehmens aus – trotz harscher Kritik

Keine Gewerkschaft für Amazon: Abstimmung fällt zugunsten des Unternehmens aus – trotz harscher Kritik

Michelle Winner | 12.04.21

Mitarbeiter:innen stimmten gegen die Gründung einer Gewerkschaft. Berichten zu Folge soll Amazon jedoch vehementen Wahlkampf gegen eine solche Organisation der Angestellten geführt haben.

Nachdem Amazon immer wieder für schlechte Arbeitsbedingungen in die Kritik geraten war, fand an einem Standort in Alabama, USA eine erste große Abstimmung darüber statt, ob offiziell eine Gewerkschaft gegründet werden soll, die zwischen Mitarbeiter:innen und Unternehmen vermittelt. Trotz großer Bemühungen von Teilen der Belegschaft, fiel die Wahl zugunsten des Versandriesen aus, wie CNET berichtet.

Amazon wehrt sich gegen eine Gewerkschaft

Nach Berichten über unzumutbare Arbeitszustände bei Amazon, fragwürdige Einstellungen zum Thema Klimaschutz und unzureichende Coronaschutzmaßnahmen, organisierten sich einige der Mitarbeiter:innen selbst und plädierten für die Gründung einer Gewerkschaft. Als Reaktion darauf soll es zu unberechtigten Kündigungen gekommen sein, woraufhin auch die Bundesbehörde National Labor Relations Board (NLRB) die Ermittlungen aufgenommen. Die Gesamtsituation führte nun zur ersten Abstimmung seit 2014 darüber, ob Amazon eine Gewerkschaft braucht, die sich für die Mitarbeiter:innen einsetzt. Abgestimmt wurde an einem großen US-Standort in Alabama. Als die Wahl näher rückte, soll Amazon Druck auf die Angestellten ausgeübt haben: Die Rede ist von Schulungen gegen Gewerkschaften, gewerkschaftsfeindliche Schilder am Arbeitsplatz und sogar Nachrichten auf die privaten Handys der Mitarbeiter:innen. Das Unternehmen spielt seine Bemühungen herunter und betont die guten Arbeitsbedingungen:

Our employees know the truth – starting wages of $15 or more, health care from day one, and a safe and inclusive workplace. We encouraged all of our employees to vote, and their voices will be heard.

Hinter Amazons Bemühungen gegen eine breite gewerkschaftliche Organisation steckt wohl die Angst vor Kontrollverlust: Mehr Freiheiten für die Angestellten könnten zu einem Zeitverlust und somit Geldverlust für das Unternehmen führen, das für seine schnellen Lieferungen bekannt ist.

Die größte Gewerkschaftsabstimmung, die es bei Amazon je gab

Knapp 3.200 Mitarbeiter:innen gaben in Alabama ihre Stimme ab. Ein Ziel für die Gewerkschaft sollte unter anderem das Verhandeln besserer Pausenzeiten sein: Derzeit haben die Angestellten eine 30-minütige Mittagspause und zweimal 15 Minuten während ihrer 10-Stunden-Schicht. Dabei sind sie ständig auf den Beinen und legen teilweise Strecken von bis zu 16 Kilometer zurück. Nach Aussage einiger Mitarbeiter:innen bleibt da kaum Zeit für zusätzliche Toilettenpausen, da sie sonst zeitlich in Verzug geraten und mit Konsequenzen rechnen müssten. Abgesehen von einer Verbesserung der Pausenzeiten, könnte eine Gewerkschaft auch für mehr Mitspracherecht in allen Bereichen sorgen.

Amazon und jene Angestellte, die gegen die Gewerkschaft sind, argumentieren jedoch, dass das Unternehmen bereits großzügige Benefits für die Belegschaft bereitstelle. Hier werden gute Löhne sowie Sozialleistungen genannt. Zudem fürchte man sich davor, dass eine dritte Partei sich zwischen Mitarbeiter:innen und Unternehmen stellt und so das Verhältnis weiter verschlechtert. Die Argumentation scheint zu fruchten, denn bereits vor Ende der offiziellen Auszählung der Stimmen lag die Gegenseite mit weitem Vorsprung vorne. Freitag wurde dies dann offiziell bekannt gegeben.

Das Ergebnis wird angefochten

Neben 505 Stimmzetteln, die derzeit angefochten werden, wird wohl auch die NLRB Einspruch gegen das Ergebnis einlegen. Grund hierfür ist ein auf dem Amazon-Gelände installierter Briefkasten kurz vor der Wahl. Da dieser eher den Anschein einer privaten Nutzung hat, könnten Amazon-Mitarbeiter:innen gedacht haben, dass das Unternehmen selbst an der Sammlung der Stimmzettel und deren Auszählung beteiligt wäre, wodurch sie eventuell zugunsten ihres Arbeitgebers abgestimmt haben. Amazon behauptet hingegen, keinen Zugriff auf den besagten Briefkasten zu haben:

Dieser Briefkasten – zu dem nur der USPS Zugang hatte – war ein einfacher, sicherer und völlig optionaler Weg, um es den Mitarbeitern leicht zu machen, zu wählen, nicht mehr und nicht weniger.

Wie der Konflikt zwischen Amazon, einem Teil seiner Mitarbeiter:innen sowie der Bundesbehörde NLRB ausgeht, bleibt abzuwarten. Sollten sich jedoch die Vorwürfe gegen das Unternehmen bestätigen, wirft das ein ganz anderes Licht auf den Versandriesen. In diesem Fall muss Amazon mit offiziellen Konsequenzen rechnen, die weitaus gravierender sein dürften als die Gründung einer Gewerkschaft.

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