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Karrieretipps
Vorstellungsgespräch #3: Lüge erlaubt – Diese Fragen dürfen nicht gestellt werden

Vorstellungsgespräch #3: Lüge erlaubt – Diese Fragen dürfen nicht gestellt werden

Mirijam Franke | 22.06.17

Im Bewerbungsgespräch gilt das Credo der absoluten Ehrlichkeit. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Bei welchen unerlaubten Fragen darfst du zur Notlüge greifen?

Wer bei den Angaben im Lebenslauf oder im Vorstellungsgespräch flunkert, riskiert damit das Ausscheiden aus dem Bewerbungsprozess oder – solltest du bereits eingestellt sein – die fristlose Kündigung. Das Problem ist, dass die ein oder andere kniffelige Wahrheit dir im Bewerbungsgespräch zum Verhängnis werden könnte. Diskriminierung ist im Einstellungsprozess bis heute leider ein großes Thema. Bereits im zweiten Teil der Artikelserie „Vorstellungsgespräch #2: Achtung vor der „Gender-Falle“ – unsere Tipps für Frauen“ haben wir darauf hingewiesen, dass die Frage nach dem Kinderwunsch im Vorstellungsgespräch nicht zulässig ist. Doch es gibt noch zahlreiche weitere verbotene Fragen, welche der Personaler im Bewerbungsgespräch nicht stellen darf, zum Beispiel bezüglich deiner Religion, politischen Einstellung oder finanziellen Situation.

Fragen im Bewerbungsgespräch müssen für die Stelle relevant sein

Prinzipiell müssen alle im Vorstellungsgespräch zulässigen Fragen für die vakante Arbeitsstelle relevant sein. Ziel des Gesprächs ist es, die Kompetenzen, Stärken und Schwächen sowie Hard und Soft Skills eines Bewerbers bestmöglich zu beleuchten sowie gegebenenfalls bereits konkrete Absprachen hinsichtlich der Vergütung oder des Arbeitsantritts zu treffen. Alle jene Fragen, die also keinen konkreten Stellenbezug erkennen lassen, fallen mit großer Wahrscheinlichkeit in den Bereich der verbotenen Fragen. So lautet der grundlegende Gedankengang der Unterteilung in zulässige und unzulässige Fragen in einem Bewerbungsgespräch.

Unerlaubte Fragen: Diese Themen sind im Vorstellungsgespräch tabu

Wenn du diesen Grundsatz stets im Hinterkopf behältst, kannst du im Vorstellungsgespräch jede Frage erst einmal kurz auf ihre Zulässigkeit überprüfen, noch bevor du antwortest und eventuell in ein Fettnäpfchen trittst. Nicht zulässig sind im Bewerbungsgespräch also jene Themen, die für die Arbeitsstelle irrelevant sind und auf eine Diskriminierung schließen lassen. Hierzu gehören die Fragen nach

1. deiner familiären Situation, also
• deinem Familienstand
• einem Kinderwunsch
• der Tätigkeit deines Ehe- oder Lebenspartners
• deiner sexuellen Orientierung
• deinem Sexualleben
• einer bestehenden Schwangerschaft
• den persönlichen Daten deiner Familie oder von Verwandten

2. deiner finanziellen Situation, also
• einer möglichen Verschuldung
• deinen Gepflogenheiten im Umgang mit Geld
• den Vermögensverhältnissen deiner Familie oder deines Partners
• deinem bisherigen Einkommen

3. deiner gesundheitlichen Situation, also
• deinem aktuellen Gesundheitszustand
• Vorkommen oder Dauer vergangener Erkrankungen
• chronischen Krankheiten in der Familie
• einer vorhandenen Behinderung

4. deiner privaten Situation, also
• Vorstrafen, Straftaten oder Gefängnisaufenthalten
• Hobbys und Freizeitbeschäftigungen
• deiner politischen Einstellung
• einer Parteizugehörigkeit
• deiner Religion
• der Mitgliedschaft im Verein oder einer Gewerkschaft
• deinem Privatleben im Generellen

Was tun bei unzulässigen Fragen? Hast du ein „Recht zur Lüge“?

Wenn eine Frage verboten ist, wird sie auch nicht gestellt, oder? Leider handelt es sich hierbei um einen weit verbreiteten Irrglauben. Zahlreiche Personaler pflegen die Gewohnheit, mit Absicht im Vorstellungsgespräch unzulässige Fragen zu stellen, um schlichtweg die Reaktion des Bewerbers zu testen. Manch ein Arbeitgeber verfolgt sogar wirklich diskriminierende Ziele. So oder so: Als Bewerber solltest du auf unzulässige Fragen vorbereitet sein, diese erkennen und richtig darauf reagieren. Eine falsche Antwort, betretenes Zögern oder peinliches Schweigen können bereits die Wahrheit offenbaren und so im schlimmsten Fall zur Diskriminierung führen. Wie also reagierst du richtig auf verbotene Fragen im Bewerbungsgespräch?

Prinzipiell stehen dir drei Möglichkeiten offen:

1. Manchmal schafft die Wahrheit dir keinen Nachteil, sondern vielleicht sogar einen Vorteil, weil du zum Beispiel ohnehin keinen Kinderwunsch hegst, an keinen Krankheiten leidest oder nie eine Straftat begangen hast. Die einfachste Variante ist dann einfach wahrheitsgemäß auf die unzulässige Frage zu antworten. Gerne darfst du trotzdem darauf hinweisen, dass diese Frage eigentlich nicht erlaubt wäre und du sie nur aus Kulanz kurz und knapp abhandeln wirst. So lässt der Personaler mit etwas Glück von weiteren unerlaubten Fragen dieser Art ab.

2. Andernfalls kannst du die Aussage verweigern. Das Problem an dieser zweiten Möglichkeit liegt aber darin, dass der Personaler das Schweigen häufig negativ auslegt und sich in seiner Frage „bestätigt“ fühlt. Fragt er also zum Beispiel nach deiner Krankheitsgeschichte und du verweigerst die Aussage, geht er davon aus, dass du gesundheitliche Probleme vor ihm verbirgst. Entscheidest du dich für die Verweigerung der Aussage, solltest du dir lieber eine kokette Antwort zurechtlegen. Dies kann zum Beispiel eine Gegenfrage sein, am besten mit ein wenig Humor. Das lockert die Stimmung auf und bringt den Personaler vielleicht zum Schmunzeln. Zum besseren Verständnis ein kurzes Beispiel:

Personaler: „Sind Sie derzeit schwanger?“
Bewerberin: „Ich wusste nicht, dass das eine Voraussetzung für den Job ist. Tut mir leid, habe ich das in der Stellenanzeige überlesen?“

Mit einem kleinen Augenzwinkern kannst du so auch kniffelige Fragen meistern. Schlussendlich solltest du ohnehin durch deine Persönlichkeit überzeugen, dann ist die ein oder andere überspielte Frage gar nicht mehr so wichtig.

3. Etwas sicherer ist die dritte Möglichkeit: Lügen! Ist eine Frage im Vorstellungsgespräch rechtlich nicht zulässig, darfst du zur Notlüge greifen, ohne mit Konsequenzen wie einer fristlosen Kündigung rechnen zu müssen. Beim Flunkern im Bewerbungsgespräch ist aber wichtig, dass du die Lüge souverän und glaubhaft verkaufst. Am besten hältst du dich kurz und leitest so schnell wie möglich zur nächsten Frage weiter.

Die Ausnahme von der Ausnahme: Auskunftspflicht des Arbeitsnehmers

Es gibt Ausnahmefälle, in welchen du als Bewerber wahrheitsgemäß auf eine unerlaubte Frage antworten musst und dein Recht zur Notlüge erlischt. Dies ist stets dann der Fall, wenn die jeweilige Antwort für die vakante Stelle relevant ist. Wie bereits erwähnt, sind im Vorstellungsgespräch grundsätzlich all jene Fragen zulässig, die für die Tätigkeit ausschlaggebend sind. Hierzu zählen zum Beispiel akute oder ansteckende Krankheiten sowie eine Schwangerschaft, wenn diese die Ausübung des Berufs beeinträchtigt. Solltest du dich im Einzelhandel für die Getränkeabteilung bewerben, kann es relevant sein, dass du glaubensbedingt nicht mit alkoholischen Getränken arbeiten darfst. Und bewirbst du dich als Redenschreiber für die CDU, so ist eine Parteimitgliedschaft bei der SPD ebenfalls von Interesse.

Das Fazit lautet also: Ob eine Frage zulässig ist oder nicht, bleibt stets im Einzelfall zu prüfen. Mit etwas gesundem Menschenverstand sollte das aber kein Hexenwerk sein.
Und hegst du dennoch die Vermutung, im Bewerbungsprozess aufgrund unzulässiger Fragen diskriminiert worden zu sein, solltest du schnellstmöglich einen spezialisierten Anwalt aufsuchen und den Rechtsweg beschreiten. Allerdings bleibt in Frage zu stellen, ob du überhaupt bei einem Arbeitgeber tätig werden möchtest, welcher sich schon im Vorstellungsgespräch an den Grenzen der Legalität bewegt und Bewerber anhand äußerer Umstände diskriminiert. Das Bewerbungsgespräch soll schließlich dem gegenseitigen Kennenlernen dienen und auch du befindest dich keineswegs auf der Seite des „Bittstellers“, sondern kannst dich ebenfalls gegen ein Arbeitsverhältnis in dem Unternehmen entscheiden.

Oder was denkst du? Hast auch du bereits Erfahrungen mit unerlaubten Fragen in Vorstellungsgesprächen gemacht? Wie hast du reagiert und welche Tipps kannst du an unsere Leser weitergeben? Wir sind gespannt auf deinen persönlichen Beitrag in den Kommentaren.

Dieser Artikel ist der dritte unserer vierteiligen Serie zu Vorstellungsgesprächen. Hier kommt ihr direkt zu den weiteren Beiträgen:

Vorstellungsgespräch #1: „Ring Ring“ – Das telefonische Jobinterview meistern

Vorstellungsgespräch #2:  Achtung vor der „Gender-Falle“ – unsere Tipps für Frauen

Vorstellungsgespräch #4:  „Moinmoin“ – Vorstellungs- und Begrüßungsknigge

Kommentare aus der Community

Jörg K. Unkrig am 21.12.2016 um 19:00 Uhr

Natürlich gibt es Fragen , die absolut tabu, ein no go oder gar verboten sind.
Dafür vielen Dank, dass Sie hier Tipps dazu geben. Manches sehe ich etwas anders. Hobbies kann man ruhig angeben oder die Frage danach ist grundsätzlich erlaubt, über die Antwort sollte man sich in der Tat im Vorfeld gute Gedanken machen. Gebe ich ein sehr gefährliches Hobbies (Beispiel: Sky diven) an, könnte es dem zukünftigen Arbeitgeber signalisieren: Vorsicht, hier könnte es zu längeren Ausfallzeiten kommen!
Generell sollte man zu Fragen offen sein, sich andere (Frage nach Schwangerschaft) verbieten. Stellt ein Arbeitgeber viele „komische“ Fragen, sollte man sich selbst fragen, ob das der richtige Arbeitgeber ist.

Antworten
Svenja Sievering am 21.12.2016 um 08:53 Uhr

Liebe Frau Franke,

vielen Dank für Ihre Artikelserie rund um das Thema „Vorstellungsgespräch“.

Ich selbst arbeite seit einiger Zeit in der Personalabteilung und führe regelmäßig Vorstellungsgespräche.
Mich wundert, dass die Frage nach den Hobbys und der Freizeitbeschäftigung des Bewerbers tabu sein soll.

Wie kommen Sie zu dieser Annahme?

Freundliche Grüße und ein frohes Weihnachtsfest.

Svenja Sievering

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