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Karrieretipps
Tipps für Young Talents: Mit 17 Jahren das erste Unternehmen gegründet und innerhalb von 4 Jahren vom Praktikanten zum Account Director

Tipps für Young Talents: Mit 17 Jahren das erste Unternehmen gegründet und innerhalb von 4 Jahren vom Praktikanten zum Account Director

Selina Beck | 07.12.22

Wie können Young Talents heutzutage Karriere machen? Wir haben mit zwei Experten über ihre Erfolgsgeschichten und lebensverändernden Erfahrungen gesprochen.

Young Talents erleben seit einigen Jahren eine Krise nach der anderen bei ihrem Berufsstart: die Coronapandemie, der Ukrainekrieg, die Inflation etc. So zeigt auch das aktuelle Karrierebarometer eine erschütternde Situation bei Studierenden und Absolvent:innen: 78 Prozent der Studierenden und 93 Prozent der Absolvent:innen auf Jobsuche sorgen sich um ihren beruflichen Lebensweg. Fast 90 Prozent der Befragten haben zudem keinen klaren Karriereweg mehr vor Augen.

Wie kann es Young Talents in der aktuellen wirtschaftlichen Krise dennoch gelingen, erfolgreich Karriere zu machen? Wir haben mit zwei Experten gesprochen, die es wissen müssen, da sie selbst als Berufsanfänger schnell und erfolgreich die Karriereleiter hochgestiegen sind.

Manuel Tolle hat sein erstes Unternehmen bereits mit 17 Jahren gegründet. Seit dem Aufbau seines ersten Unternehmens hat er mittlerweile mehr als zehn Unternehmen gegründet – unter anderem das Start-up empfohlen.de.

Eine weitere Erfolgsgeschichte hat Thomas Meichtry geschrieben: Er hat innerhalb von vier Jahren den Aufstieg als Praktikant zum Account Director Global Strategic Accounts in der Schweizer Brandmanagement-Firma Frontify geschafft. In dieser Funktion betreut er Kund:innen wie Uber und Microsoft.

Das Interview mit Manuel Tolle

OnlineMarketing.de: Du hast bereits mit 17 Jahren dein erstes Unternehmen gegründet – aus deinem Kinderzimmer heraus mit 20 Euro Startkapital. Wie kamst du damals auf diese Idee und wie hast du den Mut gefasst, diesen Plan so jung umzusetzen?

Manuel Tolle: Ich hatte mit Anfang 17 einen Herzinfarkt und drei Bypässe bekommen. Danach hat sich mein Leben komplett verändert. Ich wusste ab diesem Moment, dass ich einfach so sterben kann. Danach wollte ich alles in meinem Leben ändern. Ich bin in einem Hartz-4-Haushalt aufgewachsen und wusste, ich komme da nur raus, wenn ich das selbst in die Hand nehme. Also habe ich angefangen, ohne groß darüber nachzudenken – ohne Business-Plan und ohne Geld. Ich habe einfach mit dem gearbeitet, was ich hatte, und jeden Tag bis in die Nacht gearbeitet und gelernt. Mir war es wichtig, mehr vom Online Business zu verstehen. Neben meinem Bett hatte ich immer ein kleines Notizbuch, in das ich meine Ideen reingeschrieben habe. Denn die besten Ideen kamen mir immer nachts.

Manuel Tolle

Seit deiner ersten Unternehmensgründung hast du mehr als zehn Unternehmen gegründet und aufgebaut. Worin liegt dein Erfolg begründet?

Ich denke, das liegt ganz viel an der Auswahl der richtigen Partner:innen. Ohne die richtigen Menschen um einen herum kann man nicht erfolgreich werden. Die wichtigste Entscheidung meiner Karriere war zum Beispiel der Zusammenschluss meines Start-ups empfohlen.de mit der Agentur Exmox. Der Gründer von Exmox hat an unser Produkt geglaubt und das hat uns alle enorm nach vorne gepusht. Exmox hatte die Kund:innen und wir das Produkt mit Millionen von Mitgliedern. Danach sind wir zusammen extrem stark gewachsen. Das hat mir einfach gezeigt, dass man nur mit den richtigen Menschen sehr erfolgreich werden kann. Zudem überlege ich nicht lange oder plane etwas, ich setze es um und schaue, ob es funktioniert. Wenn es funktioniert, dann versuche ich es zu skalieren. Ich bin kein Freund von Perfektion. In meiner Welt muss es nur funktionieren. Wie es aussieht, ist mir erstmal egal.

Du arbeitest immer noch als CMO bei Exmox. Was motiviert dich bei deiner alltäglichen Arbeit?

Ich bin noch CMO, aber auch gleichzeitig an der Aonic-Gruppe, die uns gekauft hat, beteiligt. Ich bin also noch voll integriert und partizipiere von dem Wachstum und dem Erfolg der Firma. Das motiviert mich extrem, weil wir weiterhin unfassbar stark wachsen.

Welche Fähigkeiten sind heutzutage deiner Meinung nach besonders wichtig für Young Talents, damit sie zügig Karriere machen können?

Durchhaltevermögen. Viele junge Gründer:innen geben zu schnell auf. Und wenn es nicht klappt, dann direkt wieder etwas Neues machen. Wenn man wirklich etwas aufbauen will, dann dauert es. Zügig wird es leider nichts.

Welche Hindernisse gab es auf deinem Weg nach oben?

Ich hatte immer wieder gesundheitliche Probleme. Das war mein größtes Hindernis. Mit 21 Jahren hatte ich einen Herzschrittmacher bekommen, weil mein Herz sehr langsam geschlagen hatte. Mein Immunsystem war auch sehr anfällig, was mich geschwächt hat, ich war einfach häufig erschöpft. Ich hatte wie jede:r Gründer:in auch mal Menschen im Team, die toxisch waren und mich gebremst haben. Aber das gehört dazu. Man muss das Problem nur schnell lösen.

Welche deiner Skills haben dir besonders geholfen bei deiner beruflichen Entwicklung?

Dass ich immer etwas lernen will und immer weiter wachsen möchte, ist die Basis für meine Entwicklung. Ich möchte jedes Jahr besser sein als letztes. Deshalb probiere ich immer Neues aus. Ich lerne schnell und setze die Dinge dann direkt um, mache Fehler und werde besser. Zudem habe ich keine Angst, einfach was zu starten. Ich fange sofort an. Meine wertvollsten Skills liegen im Marketing und der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

Was sind deine nächsten beruflichen Ziele?

Ich werde weiterhin die Firma mit meinem Team skalieren und in Start-ups und an der Börse investieren. Mein erstes Investment war ein Biotech Start-up.

Wie schätzt du den aktuellen Arbeitsmarkt für Young Talents ein?

Wir werden eine Abkühlung am Arbeitsmarkt sehen. Viele Tech-Unternehmen entlassen Mitarbeiter:innen, weil die Umsätze nach der Erhöhung der Zinsen durch die FED zurückgehen. Das gleiche sehen wir auch in Deutschland. Es wird mit Sicherheit nächstes Jahr etwas schwerer. Aber gut ausgebildete junge Menschen, die Bock haben, werden immer einen guten Job finden.

Würdest du anderen Young Talents zur Unternehmensgründung raten? Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Fähigkeiten, um ein Unternehmen aufzubauen und zu leiten?

Fang so früh an, wie es geht. Warte nicht, bis du deine Ausbildung oder dein Studium abgeschlossen hast. Du wirst nur wertvolle Zeit verlieren, in der man Fehler machen kann, um besser zu werden. Lass dich nicht verunsichern. Lerne jeden Tag etwas Neues. Mache Fehler und wiederhole sie nicht. Bleibe immer am Ball, egal, wie schwer es sein wird. Optimiere schnell deine Steuern. Mache keine Schulden. Mach dich niemals abhängig von anderen Menschen. Höre mehr auf dein Bauchgefühl. Lass dir nicht zu viel von Berater:innen erzählen. Höre ihnen zu, aber entscheide selbst. Trenne dich schnell von toxischen Menschen wie Partner:innen oder Mitarbeiter:innen. Die wichtigsten Fähigkeiten sind Mut und Durchhaltevermögen. Wie du ein Unternehmen leiten kannst, lernst du im Prozess. Du wirst Fehler machen und daran wachsen.


Das Interview mit Thomas Meichtry

OnlineMarketing.de: Du hast 2018 nach deinem Studium als Praktikant bei der Schweizer Brandmanagement-Firma Frontify begonnen. Nur vier Jahre später arbeitest du als Account Director Global Strategic Accounts bei diesem Unternehmen und betreust internationale Kunden wie Uber, Microsoft und Nestlé. Wie ist dir dieser schnelle Aufstieg gelungen?

Thomas Meichtry: Da ich schon immer sehr interessiert an Technologie war, war mir schon während meiner Studienzeit klar, dass ich irgendwann in der IT-Branche tätig sein möchte. Als ich mich für Praktika beworben habe, habe ich bewusst die Entscheidung getroffen, mich bei High Growth Start-ups zu bewerben, da dort die Lernkurve steiler und die Verantwortung, die man als Young Professional tragen kann, größer ist. Frontify ist seit meinem Start 2018 von rund 50 auf über 300 Mitarbeiter:innen gewachsen, was natürlich viele Herausforderungen, aber auch Chancen mit sich brachte. In einer solchen dynamischen Umgebung habe ich deshalb stetig versucht, Verantwortung zu übernehmen und mir sowohl Markt- wie auch Industriewissen praktisch wie auch theoretisch anzueignen, was wiederum mit mehr Verantwortung belohnt wurde. 

Thomas Meichtry

Welche Fähigkeiten sind heutzutage deiner Meinung nach besonders wichtig für Young Talents, damit sie zügig Karriere machen können?

Mit technologischem Wissen kann man sich heutzutage in der Arbeitswelt meiner Meinung nach einen Vorteil schaffen. Technologie unterstützt Menschen im Day-to-Day Business und wenn man die von den Unternehmen bereitgestellten Tools richtig nutzt, kann man seine Effizienz steigern und kriegt so viel geleistet. Außerdem kann man jedes beliebige Thema recherchieren und sich damit individuell Wissen aneignen, das wiederum im Day-to-Day Business angewendet werden kann – sei das über Podcasts, Blogs, Newsletter, Bücher oder andere Medien. Ich versuche beispielsweise, viel über Branding, Brand Management, Brand Governance, Digital Asset Management und andere Themen zu lernen, sodass ich mit meinen Kund:innen relevante Konversationen führen kann.

Welche Hindernisse gab es auf deinem Weg nach oben?

Bei einer schnell wachsenden Firma wie Frontify muss man sich teilweise mit Unsicherheiten auseinandersetzen. Oft sind Neuausrichtungen notwendig oder Teams werden umgestellt, um besser skalieren zu können. Dies ist nicht immer einfach – glücklicherweise haben wir ein offenes Management, welches mit solchen Veränderungen offen umgeht.

Welche deiner Skills haben dir besonders geholfen bei deiner beruflichen Entwicklung?

Das wäre eine Frage, die mein Chef wahrscheinlich besser beantworten könnte. Aus meiner Perspektive jedoch sehe ich sowohl Neugier als auch Interesse, mich stetig zu verbessern, als zwei Skills, die mir geholfen haben, mich in meiner Rolle zu etablieren. Als ich 2018 bei Frontify im Sales angefangen habe, wusste ich nicht viel von SaaS Software Sales und Marketing-Technologie und habe mich sowohl durch Coaching von meinen Vorgesetzten wie auch durch Bücher, Podcasts, Gespräche, Professional Coaching etc. weitergebildet. Weiterhin spreche ich durch meine Rolle täglich mit den größten Marken der Welt und während meinen über vier Jahren bei Frontify konnte ich da wertvolle Einblicke erhalten, wie diese Unternehmen funktionieren und wie deren Corporate und Product Brands gemanagt werden. Dies hat mir geholfen, wertvolle Informationen und Wissen zu erlangen, was ich weiterhin anwenden kann. Das hat mir auch dabei geholfen, mich in meiner Rolle weiterzuentwickeln und mehr Verantwortung übernehmen zu dürfen.

Wie schaffst du es, deinen beruflichen Erfolg beizubehalten?

Scale-up-Organisationen sowie die Technologiebranche sind ziemlich schnelllebig und sowohl das eigene Produkt wie auch die Competitive Landscape und zuletzt auch die Makroökonomie verändern sich stetig. Ob ich den beruflichen Erfolg beibehalten kann, wird sich zeigen – um meine Chance darauf aber zu optimieren, versuche ich ständig, den Status quo zu reflektieren und zu determinieren, ob mein Ansatz optimal ist. Ich versuche außerdem stetig, Optimierungspotenziale ausfindig zu machen und diese umzusetzen.

Was sind deine nächsten Ziele, die du beruflich erreichen möchtest?

Abgesehen von kommerziellen Zielen möchte ich noch im jungen Alter wertvolle berufliche Erfahrung im Ausland machen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, die USA, hat es mir ziemlich angetan. Der Softwaremarkt in den Staaten ist kaum mit dem europäischen vergleichbar. Außerdem möchte ich zeitnah ein Team führen und Leadership-Fähigkeiten beweisen. Dies muss schließlich auch gelernt sein.

Wie schätzt du den aktuellen Arbeitsmarkt für Young Talents ein?

Aus meiner Perspektive kann ich nur zum SaaS-Arbeitsmarkt Auskunft geben. Durch die makroökonomischen Entwicklungen hat sich der Arbeitsmarkt sicherlich verändert und vor allem IT-Unternehmen, welche in der Vergangenheit Top-Line Revenue als zentrales Ziel optimiert haben, mussten auch Personal entlassen und stellen nicht mehr viel Personal ein. Nichtsdestotrotz sind vor allem gesund wachsende IT-Unternehmen wie Frontify immer noch weiter auf der Suche nach Talenten und bereiten einen guten Berufseinstieg und Karrieremöglichkeiten. Generell ist es eher schwierig, Personal mit SaaS-Erfahrung in der Schweiz zu finden. Dies eröffnet natürlich schnelle Karrieremöglichkeiten von Young Professionals.

Eine Studie von Academic Work hat gezeigt, dass 78 Prozent der Young Talents bereits ein Burn-out-Erlebnis hatten. Welche Stressbewältigungsmechanismen können Berufsanfänger:innen in ihrem beruflichen Alltag helfen?

Heutzutage ist man oft überall und stets erreichbar, was sich wiederum nicht positiv auf die Work-Life-Balance auswirken kann. Der Stresslevel sowie die Bewältigungsmechanismen von Menschen sind unterschiedlich und ich kann hier nur für mich sprechen. Was mir sicherlich hilft, ist, dass ich auf ein unterstützendes Umfeld zählen kann (Partnerin, Familie etc.), das auch in eher stressigen Perioden Verständnis zeigt, wenn ich mal etwas länger arbeite, und mich unterstützt. Weiterhin finde ich es wichtig, dass man vor und nach der Arbeit seinen Fokus richtig setzen kann – hier hilft mir beispielsweise der Fokus-Mode meines Smartphones und Laptops, mit welchem ich gezielt Benachrichtigungen von Apps zu bestimmten Zeiten unterdrücken kann. Weiterhin haben meine Freundin und ich uns einen Dalmatiner zugelegt zu Beginn dieses Jahres – auch wenn ein Hund viel Arbeit ist, hilft es trotzdem, beim Morgen- und Abendspaziergang gut den Kopf zu lüften und abzustellen.

Welche Tipps würdest du anderen Young Talents für ihren Karriereweg geben?

Übernimm Verantwortung und versuche dich regelmäßig aus deiner Komfortzone zu bewegen. Mit stetiger Neugierde und Drang zur Weiterentwicklung kannst du für Unternehmen viel Wert schaffen.


Wir bedanken uns recht herzlich für die Insights von Manuel Tolle und Thomas Meichtry, die sie uns im schriftlichen Interview zur Verfügung gestellt haben.

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