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Human Resources
Siesta-Einführung in Deutschland: Wie steht es um hitzefrei im Job?

Siesta-Einführung in Deutschland: Wie steht es um hitzefrei im Job?

Marié Detlefsen | 27.07.23

Amtsärzt:innen fordern aufgrund steigender Temperaturen eine Siesta für Arbeitnehmer:innen. Wäre eine Umsetzung möglich und welche Rechte haben Beschäftigte bei starker Hitze? Wir klären dich auf.

Hohe Temperaturen, viel Sonne und stickige Büros. Der Klimawandel sorgt für einen immer weiter steigenden Wärmegrad, wodurch immer mehr Arbeitnehmer:innen an ihrem Schreibtisch ins Schwitzen kommen. Viele Unternehmen schaffen in solchen Fällen Abhilfe durch eine Klimaanlage, doch diese ist nicht allen Beschäftigten gegönnt. Südliche Länder wie zum Beispiel Spanien wirken der Sonne mit Einhaltung der Siesta entgegen. Wie gehen Arbeitnehmer:innen hierzulande am besten mit der Hitze um und welche Rechte haben sie bei hohen Temperaturen sowohl im Büro als auch im Home Office? Wir zeigen dir, auf welche Maßnahmen du zurückgreifen kannst und ob der derzeitig viel diskutierte Vorschlag über die Einführung einer Siesta in Deutschland sinnvoll umsetzbar ist.

Amtsärzt:innen fordern Einführung von Siesta

Nachdem es in den letzten Tagen und Wochen in einigen Teilen Deutschlands zu hohen Temperaturen von über 35 Grad gekommen war, hat der Bundesverband der Ärzt:innen des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) die Einführung einer Siesta vorgeschlagen. In südlichen Ländern wie Spanien und Portugal ist die Siesta, ein kurzes Schläfchen nach dem Mittagessen, eine alltägliche Tradition. Doch nicht nur das Nickerchen an sich, sondern auch die ausgedehnte Pause zur heißesten Zeit des Tages – der „hora sexta“, sechs Stunden nach Sonnenaufgang – ist dort üblich. Angesichts der sich verändernden Klimabedingungen sehen immer mehr Menschen auch in Deutschland die Einführung der Siesta als eine sinnvolle Maßnahme, um die Produktivität und das Wohlbefinden während der heißen Mittagsstunden zu steigern. Die Siesta kann nicht nur den Arbeitnehmer:innen eine dringend benötigte Auszeit bieten, sondern auch dazu beitragen, die Hitzestressbelastung zu reduzieren. Johannes Nießen, Vorsitzender des BVÖGD, sagte hierzu gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND):

Bei starker Hitze sind Menschen nicht so leistungsfähig wie sonst. Schlechter Schlaf bei fehlender Abkühlung in der Nacht führt zusätzlich zu Konzentrationsproblemen. Komplexe Arbeitsanforderungen sollte man daher lieber in die frühen Morgenstunden verschieben.

Wie stehen die Chancen einer Siesta-Einführung?

Doch ist die Umsetzung einer Siesta in Deutschland arbeitsrechtlich überhaupt möglich? Fachanwältin Nathalie Oberthür gibt in einem Artikel von Personalwirtschaft.de hierzu Aufschluss: Das Arbeitszeitgesetz betont die Relevanz der elfstündigen Ruhezeit, die eingehalten werden muss. Dies bedeutet, dass es in seiner radikalen Auslegung nicht erlaubt ist, sehr früh mit der Arbeit zu starten und erst spät am Tag aufzuhören. Es ist auch wichtig, die Verpflichtungen bezüglich der Mitbestimmung des Betriebsrats und die arbeitsvertraglichen Bestimmungen zu berücksichtigen. Wenn die Arbeitszeit im Vertrag festgelegt ist, kann sie nur durch beiderseitige Einwilligung geändert werden. Andernfalls kann die Führungsleitung im Rahmen des Direktionsrechts die Arbeitszeitänderung anordnen, dabei müssen allerdings die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen berücksichtigt werden. In Tarifverträgen ist hingegen nicht spezifiziert, zu welcher Tageszeit die Arbeit stattfindet. Daher müsste die Einführung einer Siesta auf betrieblicher Ebene entschieden werden.

Eine flächendeckende Einführung der Ruhezeit ist allerdings zukünftig nicht zu erwarten. Diese hätte starke Auswirkungen auf die Öffnungszeiten von Geschäften, Schulen oder Kindergärten. Auch Politiker:innen unterstützen zwar den Vorschlag, sehen dabei allerdings die einzelnen Unternehmen in der Verantwortung. Das untermalte zum Beispiel Gesundheitsminister Karl Lauterbach in einem Post auf Twitter.


Hitzefrei ab 35 Grad – allerdings nicht im Home Office

Welche Optionen bestehen weiterhin, wenn die Einführung einer Siesta erst einmal nicht in Sicht ist? Während Büromitarbeiter:innen häufig das Glück haben und eine Klimaanlage zur Verfügung gestellt bekommen, haben Beschäftigte im Home Office meist nicht das große Los gezogen. Wer also in seinen eigenen vier Wänden arbeitet und mit der Hitze kämpft, muss sich selbst um eine Lösung kümmern, denn im Home Office gibt es kein Recht auf Hitzefrei. Wer sich aufgrund der hohen Temperaturen freinimmt, anstatt ins Büro zu kommen, verstößt damit gegen den Arbeitsvertrag und kann eine Abmahnung bekommen.

Deshalb kann es in diesem Fall durchaus verlockend sein, auch bei hohen Temperaturen im Büro zu arbeiten, denn hier besteht die Möglichkeit auf Hitzefrei. Je wärmer das Wetter, desto mehr Sicherheitsmaßnahmen müssen Arbeitgeber:innen erfüllen. Das Gesetz schreibt vor, dass die Arbeitstemperatur nicht über 26 Grad liegen solle. Ab da an müssen Maßnahmen ergriffen werden, wie zum Beispiel der Einsatz von Jalousien oder Vorhängen, die vor der Hitze schützen können. Ab einer Temperatur von 35 Grad im Büro können Beschäftigte ihre:n Chef:in außerdem darauf hinweisen, dass das Arbeiten nicht mehr zumutbar sei und ein Recht auf Hitzefrei bestehe – und zwar bei voller Entlohnung. Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Anja Piel erklärte hierzu:

In Räumen mit über 35 Grad kann nicht mehr gearbeitet werden – außer, der Arbeitgeber bietet Hilfsmittel wie Luftduschen und Hitzepausen an.



Du möchtest mehr zum Thema Hitzefrei im Job wissen und erfahren, was du am besten gegen hohe Temperaturen am Arbeitsplatz unternehmen kannst? Dann schaue dir folgenden Artikel an:

Zu heiß im Büro: Gibt es für Arbeitnehmer:innen Hitzefrei?

Mann auf einem Fahrrad in der Innenstadt bei Sonnenuntergang
© Tobias Cornille – Unsplash

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