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Human Resources
Per Smartphone zum Traumjob: Recruiting via WhatsApp

Per Smartphone zum Traumjob: Recruiting via WhatsApp

Ein Gastbeitrag von Timoor Taufig | 21.10.20

Personaler mahnen längst: Das Anschreiben ist tot. Der Bewerbungsprozess wandelt sich. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, vielmehr noch umstellen: Neue Kanäle braucht das Land! Welche werden es sein und was können sie?

Es tut sich was in der HR-Branche. Die Pandemie hat den sich wandelnden Arbeitsmarkt noch einmal gehörig auf den Kopf gestellt. E-Recruitment ist dabei auf dem aufsteigenden Ast. Während das Get-together auf Berufsmessen zum Erliegen kommt und auch persönliche Vorstellungsgespräche durch Corona wegbrechen, ist die digitale Personalgewinnung für Unternehmen der einzig verbliebene Weg. Angesichts dessen sind Personaler gefordert, neue Lösungen zu finden, welche die verschiedenen Phasen des Bewerber:innenmanagements abdecken. Sie müssen nicht lange danach suchen, denn die passenden Instrumente finden sich bereits auf dem Smartphone aller potenziellen Mitarbeiter:innen: Messaging-Kanäle sind für das Bewer:innenbermanagement die neue Wunderwaffe im viel beachteten War for Talents, den sich Unternehmer heutzutage um gut ausgebildete Talente liefern. Im professionellen Einsatz hat sich vor allem WhatsApp zu einer vielversprechenden Lösung zur Ansprache qualifizierter Talente entwickelt. Was sind die Vorteile und wie machen sich HR-Verantwortliche diese zunutze?

Unkomplizierte Ansprache per WhatsApp

„Haben Sie meine Mail bekommen?“ Selten weiß man, ob die Nachricht per Mail wirklich gelesen wurde. Messaging-Dienste punkten hier hingegen mit eindrucksvollen Öffnungszahlen: Im Vergleich zur E-Mail (zwölf Prozent – 30,5 Prozent), sind die Öffnungsraten von WhatsApp mit 98 Prozent signifikant höher. Für Bewerber:innen wie Unternehmen gilt, dass jede Mail Gefahr läuft, im vollgestopften Posteingang unterzugehen. Mit WhatsApp besteht hingegen fast eine Garantie, dass die Nachricht auch gelesen wird. Ohnehin kann die App als unmittelbarer Kontaktkanal verstanden werden. Das ist für HR-Verantwortliche ein großer Vorteil: Auf dem umkämpften Arbeitsmarkt werden hochqualifizierte Talente hart umworben und schnell unter Vertrag genommen. Viele sind dabei passive Sucher:innen; sind bereits in Beschäftigung und nicht aktiv auf Jobbörsen unterwegs. Falls doch, bekommen sie meist zahlreiche Angebote. Deshalb muss der Erstkontakt so einfach und direkt wie möglich sein. WhatsApp ist ein unkomplizierter Weg mit geringer Hemmschwelle. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitnehmer:innen auf das beworbene Job-Angebot reagieren. Es ist grundsätzlich auch kein Geheimnis, dass die Generation der Digital Natives oft selten oder ungern telefoniert. Unerwartete Anrufe werden häufig als lästig wahrgenommen – vor allem wenn sie zu einem unpassenden Zeitpunkt eingehen. Schnell fühlt man sich überrumpelt. Gerade unter Nachwuchskräften sind solche Störungen nicht gern gesehen. Dann schon lieber per Chat-Nachricht, die passt besser in das persönliche Zeitmanagement.

Bewerber:innenmanagement im digitalen Zeitalter

Ein wesentlicher Vorteil der Digitalisierung: Automation! Das gilt natürlich auch für die HR-Branche: Großangelegte Recruitment-Kampagnen beinhalten zahlreiche Teilprozesse. WhatsApp Chatbots können viel Zeit sparen, indem sie triviale Aufgaben wie die Terminierung und Koordination von (digitalen) Vorstellungsgesprächen übernehmen. So können sich die Personalmanager darauf konzentrieren, wertvolle zwischenmenschliche Beziehungen mit den Kandidat:innen aufzubauen. Beispiele aus der Praxis gibt es bereits. So hat die Deutsche Post DHL Group den Bewerbungsprozess vereinfacht, indem die Bewerber:innebdaten von einem WhatsApp Chatbot aufgenommen werden, anstatt durch herkömmliche Bewerbungsformulare, die zeitraubend sind und Kandidat:innen heutzutage sogar abschrecken können.

Nicht zu unterschätzen ist auch, dass sich zukunftsgewandte Unternehmen, wie die Deutsche Post, jetzt entscheidend positionieren können: Mit der reinen Tatsache, WhatsApp als Recruiting-Kanal anzubieten, genießt das Unternehmen eine vorbildhafte Bewerber:innen-Wahrnehmung. Es verleiht dem Bewerbungsprozess eine ungezwungene, moderne Atmosphäre im Vergleich zur traditionellen E-Mail-Kommunikation und zeichnet das Personalmanagement als digitalen Vorreiter aus. Ein solcher Eindruck färbt auf das ganze Unternehmen ab.

Nach der Theorie folgt die Praxis: Integration und Anwendungsbereiche

Der War for Talents ist längst Realität. Benefits wie Weihnachtsgeld oder Yogakurse sind das eine – sie helfen dabei, Bewerber:innen zu überzeugen. Dafür müssen sie den Recruitern jedoch überhaupt erst mal zuhören. Dabei helfen Kanäle wie WhatsApp ungemein. Die Integration umfasst mehrere Bereiche.

Ausschreibungen verlangen nach einer kleinen Ergänzung: dem QR Code. Technisch ist es kein Problem einen solchen in die Stellenanzeige zu integrieren. Mögliche Bewerber:innen können die WhatsApp-Unterhaltung dann einfach durch den Scan des QR Codes über ihr Smartphone beginnen. Auch Facebook bietet seine Hilfe an: 2020 rühmt sich Facebook mit 2,6 Milliarden aktiven Usern im Monat – das macht das Netzwerk praktisch zum Recruiter-Paradies! Mit gezielten Werbemaßnahmen und Facebooks Algorithmus können Personaler Millionen von (internationalen) Kandidat:innen erreichen und einen Bogen um überlaufene (analoge) Jobbörsen machen, die außerdem vor allem lokal arbeiten und potenzielle Bewerber:innen damit grundsätzlich ausschließen. Gerade in Zeiten des remote working keine gute Idee. Was Personaler außerdem wissen sollten: Facebook bietet eine Funktion, die den Traffic mit einem Klick an WhatsApp weiterleitet. Sie können also einfach ihren Post bewerben und den „WhatsApp-Nachricht senden“-Button wählen, um Unterhaltungen direkt in die WhatsApp-Applikation des Bewerbers zu leiten.

Bitte ein Bot: Wie Chatbots helfen

Im eigentlichen Bewerbungsprozess können WhatsApp Chatbots FAQs beantworten und somit die Kommunikation verschlanken. Das Recruitment kann bereits ein langwieriger Prozess sein, noch bevor ein Personaler die Kandidat:innen überhaupt persönlich kennengelernt hat. Bevor sie sich darauf einlassen, wollen diese Antworten auf eine ganze Reihe an Fragen haben: Aufstiegsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeiten und vieles mehr. Ein klassischer Vorteil von Chatbots ist, dass sie Fragen rund um die Uhr beantworten können und konsistente Antworten ausgeben, die sie aus einer Wissensbasis für Recruiting-Fragen ziehen. Sie können auch erste Gespräche in der frühen Bewerbungsphase übernehmen. Das hat zwei Vorteile – schneller und fairer: Zum einen erlaubt es Unternehmen, den Bewerbungsprozess zu verschlanken; „Echte“ Personaler können durch die Antworten gehen und die vielversprechendsten auswählen. Zum anderen ist der traditionelle Bewerbungsprozess dem Grundsatzverdacht ausgesetzt, anfällig für Vorurteile zu sein. Durch den Chatbot-Prozess liegt der Fokus ausschließlich auf den Antworten, was bereits in der Frühphase zu fairen Entscheidungen beitragen kann.

Beim Employer Branding kann der Messaging-Dienst außerdem sehr werbewirksam sein: Recruiting-Kampagnen Out-of-the-Box helfen dabei, die Aufmerksamkeit von Kandidat:innen zu erregen, die bisher keine Verbindung zum Unternehmen haben. Bereits 2015 hat sich zum Beispiel Daimler mit dem „WhatsApp Day“ auf neues Terrain begeben. Die Kampagne richtete sich an potenzielle Bewerber:innen, die ein Feeling für die Unternehmenskultur bekommen wollen. Per Newsfeed wurden die User zum Beispiel über Trainingsprogramme, Firmen-Vorteile oder Arbeitszeiten auf dem Laufenden gehalten.

Fazit

Vor allem in Zeiten des virtuellen Recruitings ist WhatsApp ein zukunftsweisender Kanal. Kreatives Messaging und Automation können den HR-Verantwortlichen von Unternehmen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen und ihnen helfen, begehrte Talente anzusprechen und für sich zu gewinnen. Erst recht in Zeiten von Social Distancing ist es höchste Zeit, neue Wege zu gehen, will man im War for Talents nicht auf dem Abstellgleis landen.

Kommentare aus der Community

Thorsten Schatz am 26.10.2020 um 13:46 Uhr

Man kann WhatsApp für Bewerbungen DSGVO-konform einsetzen. Ein paar Bedingungen sind allerdings zu beachten. Für unser Produkt PitchYou – Recruiting per WhatsApp haben wir das Thema mit Anwälten und Datenschützern durchdrungen und auch den kürzlich durch den EUGH beschlossenen Wegfall des Privacy-Shields berücksichtigt.

Antworten
Tobias Rühlach am 26.10.2020 um 13:25 Uhr

Da gibts schon länger was: PitchYou, ich meine auch DSGVO-konform.

Antworten
Sandy am 22.10.2020 um 19:06 Uhr

Hallo Niklas,

danke für den Beitrag, wobei ich ehrlich gesagt was Neues erwartet hätte. Whatsapp ist nach meinem Kenntnisstand nicht DSGVO konform. Theoretisch könnte darüber mit dem Bewerber eine erste Kommunikation, d.h. Beantwortung allgemeiner Fragen, durchgeführt werden, aber bereits bei personenbezogenen Daten und erst recht bei Unterlagen muss auf Mail umgeschwenkt werden.

Der Trend von Chatbots lässt doch gefühlt auch schon nach, da oftmals kein Interesse besteht mit einer KI zu kommunizieren, sofern sie als solche erkennbar ist. Und welcher Personaler (m/w/d) hat schon Zeit und Lust morgens irgendwelche Nachrichtenverläufe zu lesen?

Ich freue mich auf alles, was da zukünftig noch kommt und wirklich eine Erleichterung darstellt.

Antworten
Jestervin am 22.10.2020 um 14:04 Uhr

Toller Beitrag! Ist whatsapp überhaupt DSGVO konform?

Antworten
Niklas Lewanczik am 22.10.2020 um 14:11 Uhr

Hallo Jestervin,

das ist eine Frage mit Interpretationsspielraum, so mein Verständnis. Es kommt dabei darauf an, wofür genau die App genutzt wird und was für Daten für welche Zwecke erhoben werden. Bei der Website der Datenschutzkanzlei unterscheidet der Rechtsanwalt David Oberbeck auch die Nutzung von WhatsApp und WhatsApp Business, wobei ersteres für eine betriebliche Nutzung eher nicht geeignet sei.

https://www.datenschutzkanzlei.de/ist-whatsapp-in-unternehmen-mit-der-dsgvo-vereinbar/

Ob aber über WhatsApp Business, das eine Kommunikationsalternative bietet, die sogar Datenschutzanforderungen gerecht werden könnte, eine ähnlich sichere und angemessene Kommunikation wie über E-Mails erfolgt, bleibt fraglich.

Im Zweifel sollte man Rechtsexpertise hinzuziehen, wenn der Einsatz der App für betriebliche Zwecke geplant ist.

Beste Grüße

Antworten
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