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Human Resources
kununu muss im Zweifelsfall Klarnamen nennen – und wehrt sich dagegen

kununu muss im Zweifelsfall Klarnamen nennen – und wehrt sich dagegen

Niklas Lewanczik | 19.02.24

Zweifeln Unternehmen an der Seriosität negativer Bewertungen auf kununu, können sie auf eine Löschung oder die Herausgabe von Klarnamen der Bewertenden setzen, entschied das Hanseatische Oberlandesgericht. kununu, das mit Anonymität bei Bewertungen wirbt, geht dagegen vor.

Das Oberlandesgericht Hamburg hat kürzlich in einem Verfahren entschieden, dass das Bewertungsportal für Arbeitgeber:innen kununu im Fall des Zweifels an der Echtheit einer Bewertung auch Klarnamen der Bewertenden nennen muss. Das würde die Vorgehensweise auf der Bewertungsplattform maßgeblich ändern – sofern kununu keine absolute Anonymität mehr gewährleisten könnte. Allerdings handelt es sich bei der Entscheidung um einen Eil-Beschluss und kununu sieht darin „klaren Widerspruch zu der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes“. CEO Nina Zimmermann erklärt in einem Statement, dass das Unternehmen den Beschluss überprüfen lassen wird. Noch sieht kununu keine Veranlassung zur Herausgabe von Klarnamen im Streitfall.

kununu und der Rechtsstreit um die Klarnamen – endgültige Entscheidung steht wohl noch aus

Dem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg ging eine Klage von Rechtsanwalt Jan Meyer, Inhaber der Rechtsanwaltskanzlei Sterne-Advo, voraus, der im Auftrag eines Mandanten die Echtheit einer negativen Bewertung bezweifelte. Wenn ein Zweifel daran besteht, ob eine bewertende Person tatsächlich für das bewertete Unternehmen gearbeitet hat und Tatsachenhinweise liefert, gibt kununu bislang nur anonymisierte Informationen heraus. Das OLG beschloss aber, dass das Unternehmen in so einem Fall Klarnamen zu nennen hat und bei einem Säumnis könnte eine zweifelnde Arbeitgeber:innenpartei eine Löschung der Bewertung verlangen. Im Beschluss heißt es, dass es dem Gericht zufolge keine Hinweise darauf gebe, dass der Beschluss von „den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung“ abweichen würde.

Während eine Klarnamennennung die rechtlichen Konsequenzen abseits einer absoluten Anonymität beim Bewertungsmissbrauch hervorheben und auch die Seriosität der Bewertungen optimieren könnte, möchte kununu die Identität der Nutzer:innen weiter schützen und beruft sich auf den Bundesgerichtshof. Nina Zimmermann erklärt:

Das OLG Hamburg ist offenbar der Auffassung, dass ein anonymisierter Tätigkeitsnachweis unserer Nutzer nicht ausreiche, um der Pflicht des Nachweises eines tatsächlich bestehenden Arbeitsverhältnisses (im Falle einer Beschwerde des Arbeitgebers) nachzukommen. Dieser Auffassung stehen jedoch die klaren Vorgaben der BGH-Rechtsprechung entgegen. So hat der BGH mehrfach betont, dass die Abgabe anonymisierter Bewertungen in Bewertungsportalen wie kununu gesetzlich anerkannt ist. Insbesondere geht der BGH davon aus, dass Bewertungsportale wie kununu auf die Beschwerde eines Bewerteten hin die vom Nutzer übermittelten Unterlagen auch in anonymisierter Form weiterleiten darf. Für einen ausreichenden Nachweis eines tatsächlich bestehenden geschäftlichen Kontakts zwischen dem Bewerter und Bewerteten reicht es nach Auffassung des BGH also aus, geschwärzte Unterlagen weiterzuleiten, ohne dass der Klarname des Bewerters herausgegeben werden muss. Denn der Betreiber eines Bewertungsportals ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Wahrung der Anonymität ihrer Nutzer zu gewährleisten (§ 19 Abs. 2 TTDSG). Der BGH hat somit mehrfach klargestellt, dass anonyme Bewertungen rechtlich zulässig sind. Diese Rechtsprechung beachtet das OLG Hamburg offenbar nicht.  

Im Rahmen eines Hauptsachverfahrens soll es nun zu einer endgültigen und geltenden Entscheidung kommen. Möglicherweise muss kununu daraufhin tatsächlich Klarnamen im Streitfall weitergeben. Das würde die Plattformen – die zur New Work SE gehört und im vergangenen Jahr bereits auf über 8,8 Millionen Bewertungen kam – grundsätzlich verändern. Ungerechtfertigte negative Bewertungen könnten Arbeitgeber:innen besser nachverfolgen und um deren Löschung bitten, wenn eine Klarnamenpflicht eingeführt werden muss.

Aktuell stehen sich das Recht auf Datenschutz und Anonymität der User und das Recht auf eine ordnungsgemäße und personenbezogene Prüfung von potentiell unseriösen Bewertungen gegenüber. Wir dürfen den Ausgang dieser Auseinandersetzung gespannt verfolgen, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.


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