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Human Resources
Jede:r Dritte kündigt während der Probezeit – ist das Modell noch zeitgemäß?

Jede:r Dritte kündigt während der Probezeit – ist das Modell noch zeitgemäß?

Marié Detlefsen | 03.04.24

Die Probezeit ist eine Phase, in der Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen gleichermaßen auf die Probe gestellt werden. Erfahre, wie sich die Einstellungen und Erfahrungen beider Seiten über die letzten Jahre verändert haben und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind.

Die Probezeit in einem Unternehmen dient dazu, die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen auf Herz und Nieren zu prüfen. Einen neuen Job mit einer vorgeschriebenen Eingewöhnungsphase zu beginnen hat sich über Zeit bei vielen Unternehmen etabliert, aber hat die Probezeit noch ihre Berechtigung oder hat sie bereits an Wert und Aktualität verloren?

Um dieser Frage nachzugehen, hat das Marktforschungsinstitut Appinio im Auftrag von Indeed eine Umfrage unter 1.000 Personen zwischen 18 und 65 Jahren in Deutschland durchgeführt, um ihre Einstellungen zur Probezeit zu ermitteln. Die Ergebnisse zeigen gespaltene Meinungen: Während die Hälfte (50 Prozent) der Befragten angibt, eher eine Stelle ohne Probezeit anzunehmen, hat bereits jede:r Dritte (34 Prozent) die Anfangszeit genutzt, um seinen Job zu kündigen.

Probezeit erhöht den Stresspegel bei neuen Angestellten

Die Studie zeigt, dass insbesondere Arbeitnehmer:innen die Vorteile der Probezeit nutzen und eine neue Stelle häufiger kündigen. Jede:r Dritte hat den Job schon mal während der Probezeit gekündigt, die meisten davon (33 Prozent) innerhalb der vergangenen drei Jahre. Die genauen Gründe für Kündigungen sind dabei vielfältig, allerdings führen vor allem ein zu niedriges Gehalt oder Unzufriedenheit mit der Führungskraft dazu, dass neue Mitarbeiter:innen frühzeitig wieder kündigen. Weitere Ursachen sind zu viele Überstunden, erhöhter Stress oder unpassende Aufgaben.

Der erhöhte Stress in der Anfangsphase kann allerdings auch durch die angesetzte Probezeit entstehen: Fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) fühlt sich während dieser Phase verstärkt unter Beobachtung und dadurch gestresst. Interessanterweise erleben Frauen diesen Stress häufiger als Männer. 55 Prozent der befragten Frauen berichteten von einem erhöhten Gefühl der Beobachtung und dementsprechendem Stress, verglichen mit nur 49 Prozent der Männer. 

Etwa 49 Prozent fühlen sich während der Probezeit gestresst durch verstärkte Beobachtung.
Etwa 49 Prozent fühlen sich während der Probezeit gestresst durch verstärkte Beobachtung, © Appinio

In Bezug auf jüngere Arbeitnehmer:innen geben auch 51 Prozent der Generation Z an, sich während der Probezeit beobachtet und dadurch gestresst zu fühlen, während dieser Anteil bei den 45- bis 65-Jährigen nur bei 46 Prozent liegt. Zugleich geben etwa 21 Prozent der Befragten an, klare Erwartungen und Ziele seitens der Arbeitgeber:innen zu vermissen. Interessanterweise fühlte sich jedoch auch fast ein Drittel der Teilnehmenden (31 Prozent) in dieser Phase nicht beobachtet. Hingegen geben mehr als die Hälfte (53 Prozent) an, dass sie Ziele und Erwartungen genau kannten.

Einen, drei oder sechs Monate – wie lange sollte die Probezeit gehen?

Der erhöhte Stress ist nur einer der Gründe, warum viele die Probezeit mittlerweile kritisch betrachten. So sind nur eine Minderheit von sieben Prozent der Befragten der Ansicht, dass Beschäftigte stärker von dieser Zeit profitieren als Unternehmen. Im Gegensatz dazu sehen 38 Prozent der Befragten die Vorteile eher bei den Arbeitgeber:innen. Etwa die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass sie beiden Seiten nutzen könnte. In der Praxis erweist sich die Probezeit dennoch oft als Hindernis für Jobsuchende. Für 52 Prozent der Befragten ist eine zu lange Probezeit deshalb sogar ein Grund, einen neuen Arbeitsvertrag abzulehnen oder sich gar nicht erst auf eine solche Stelle zu bewerben.

Eine wichtige Frage stellt sich daher auch in Bezug auf die Dauer der Probezeit. In Deutschland gibt es kein Gesetz, das eine Eingewöhnungsphase vorschreibt, aber sie darf nicht länger als sechs Monate dauern. Die meisten Befragten (42 Prozent) bevorzugen jedoch eine kürzere Probezeit von drei Monaten, um herauszufinden, ob die Passung zwischen Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in gegeben ist. Für sechs Monate haben sich dabei gerade einmal 22 Prozent der Befragten ausgesprochen. Damit stimmt eine große Mehrheit gegen die verbreitete Praxis von sechs Monaten.

Die Mehrzahl der Befragten spricht sich für eine Probezeit von drei Monaten aus.
Die Mehrzahl der Befragten spricht sich für eine Probezeit von drei Monaten aus, © Appinio

Gegenseitige Abstimmung führt zu guter Einarbeitung

Die Studie zeigt, dass die Probezeit sowohl Chancen als auch Herausforderungen birgt und eine sorgfältige Betrachtung seitens aller Beteiligten erfordert. Insbesondere das traditionelle Prinzip einer sechsmonatigen Eingewöhnungsphase ist laut der Ansicht vieler mittlerweile veraltet. Eine Dauer von maximal drei Monaten könnte hier als gutes Mittelmaß fungieren und Angestellten sowie Unternehmen die Chance geben, sich gut aufeinander einzustimmen. Falls es dann bei dem Modell einer kürzeren Einarbeitungszeit zu Unstimmigkeiten kommen sollte, können Arbeitnehmer:innen problemlos kündigen und für Arbeitgeber:innen wird der Verlust nicht allzu schwerwiegend. Denn laut Studie ist eine Kündigung während der Probezeit immer noch der Worst Case für Unternehmen. Frank Hensgens, Geschäftsführer von Indeed in der DACH-Region, sagt hierzu:

Für Arbeitgeber ist eine Kündigung in der Probezeit ein herber Schlag. Die Talente verlassen das Unternehmen, bevor sie sich richtig eingelebt haben. Das ist nicht nur frustrierend, sondern auch kostspielig. Eine sorgfältige Einarbeitung ist daher essentiell – sie ist ein integraler Bestandteil der Probezeit und die Grundlage für eine langfristige Zusammenarbeit.


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© Romain V. – Unsplash

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