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Human Resources
Fortbildungen wie das IT Bootcamp für Mütter wirken dem Fachkräftemangel entgegen

Fortbildungen wie das IT Bootcamp für Mütter wirken dem Fachkräftemangel entgegen

Selina Beck | 08.03.23

Im Teilzeit-IT-Bootcamp werden Eltern in sechs Monaten zu IT-Fachkräften ausgebildet. Für Sorgearbeitleistende bieten sich auch verschiedene andere Fortbildungen an.

Die IT-Branche zählt immer noch zu den beliebtesten Branchen für eine berufliche Neuorientierung. Der Fachkräftemangel ist im Bereich IT sehr ausgeprägt und wird wohl noch weiter andauern. Bis 2030 werden voraussichtlich 1,1 Millionen IT-Fachkräfte in Deutschland fehlen. Alleine im öffentlichen Dienst wird bis 2030 ein Mangel von 140.000 offenen Stellen prognostiziert.

Um diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, bietet das Unternehmen „neue fische“ nun das erste Teilzeit-IT Bootcamp in Deutschland an. Das Unternehmen sieht großes Potenzial für den IT-Arbeitsmarkt im Quereinstieg und der Weiterbildung – insbesondere bei Müttern. In dem IT Bootcamp werden die Elternteile in sechs Monaten zu qualifizierten IT-Fachkräften ausgebildet.

Rund 500 Frauen absolvierten vergangenes Jahr die IT-Weiterbildung

Die Kosten für die Fortbildungen können laut Firmenangabe zum Teil mit Bildungsgutscheinen übernommen werden. Im vergangenen Jahr wurden bei der Qualifizierung mehr als 1.200 Personen zu IT-Fachkräften ausgebildet – darunter rund 500 Frauen.

Wir haben mit zwei Kursteilnehmerinnen über ihre Erfahrungen mit dem IT Bootcamp gesprochen. Eva Heinemann hat BWL studiert und hat danach in Mediaagenturen und im Marketing gearbeitet. Die Mutter von zwei Kindern macht gerade den Teilzeitkurs zum Data Practitioner.

Yuliya Messaoudi hat ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert und danach Berufserfahrung im Marketing  gesammelt. Sie hat ebenfalls zwei Kinder und nimmt am Data-Practitioner-Teilzeitkurs teil.

Das Interview mit Eva Heinemann

OnlineMarketing.de: Wie kamst du zum IT Bootcamp und warum hast du dich für die Teilnahme daran entschieden? 

Eva Heinemann: Ich habe viele Jahre im Bereich Marketing gearbeitet und wollte mich schon länger im Bereich Data weiterbilden, da ich immer wieder an Schnittstellen zu Data Teams gearbeitet habe. Mein Wunsch war es, selbst zu lernen, wie ich professionell mit Daten umgehen, sie verarbeiten und interpretieren kann und ein sogenanntes Data Mindset entwickeln kann.

Hast du vorher bereits im IT-Bereich gearbeitet? Falls nicht: Konntest du dich als Quereinsteigerin schnell in den IT-Bereich einarbeiten? 

Nein, eher im klassischen Marketing oder in Schnittstellenpositionen zur IT. Daher hatte ich anfangs auch Respekt vor den Themen, die wir im Bootcamp lernen, wie zum Beispiel Programmierung mit Python, Machine-Learning-Modelle etc. Unsere Coaches schaffen es aber, eine sehr motivierende und offene Lernumgebung zu gestalten, und man sieht fast jeden Tag die eigenen Fortschritte. Das gibt mir viel Selbstbewusstsein. Auch der permanente Austausch mit den anderen Teilnehmer:innen ist sehr hilfreich.  

Ist es dir wichtig, beruflich in der IT-Branche Fuß zu fassen? 

Ja, es werden so viele Fachkräfte in der IT gesucht, daher halte ich es für sehr sinnvoll, mich entsprechend weiterzubilden. Die Frage, wie durch Daten bessere Entscheidungen getroffen werden können, treibt viele Unternehmen um, und ich glaube, dass das weiter ein Wachstumsbereich sein wird, in den investiert wird. Ich glaube auch, dass das Thema „lebenslanges Lernen“ immer wichtiger wird und man davon profitiert, sich regelmäßig neue Skills anzueignen. 

Hast du bereits konkrete Pläne, für welche Positionen und in welchen Firmen du dich nach der Weiterbildung bewerben möchtest?

Ich beginne gerade mit der Recherche nach geeigneten Jobs und Firmen. Ich persönlich wünsche mir einen Job, in dem ich sowohl meine bisherigen als auch neuen Erfahrungen gut miteinander verbinden kann, zum Beispiel in meinem Fall eine Schnittstelle zwischen Marketing und Datenanalyse. Mich interessiert aber zum Beispiel auch das Thema Bildung sehr und wie man Kindern IT-Berufe schon möglichst früh näherbringen kann. 

Wie bewertest du generell die Förderung von Frauen beziehungsweise Müttern im IT-Bereich? Siehst du hier noch einen großen Nachholbedarf? 

Ja, den sehe ich. Ich denke, es fängt bereits in der Schule an. Es wäre wichtig, vor allem den Mädchen aufzuzeigen, wie spannend IT-Berufe sind und was man damit später ganz konkret machen kann. Ich habe das Gefühl, dass leider immer noch zu viele Barrieren und Vorurteile bestehen, aber es gibt einfach keinen Grund, warum Frauen nicht genauso gut programmieren können wie Männer. Gerade auch für alle, die Teilzeit arbeiten möchten, bietet die IT-Branche Jobs, die flexibel und remote gestaltbar sind. Das gilt ja nicht nur für Mütter, sondern für alle, die neben dem Job noch Zeit für andere Verpflichtungen brauchen.


Das Interview mit Yuliya Messaoudi

OnlineMarketing.de: Wie kamst du zum IT Bootcamp und warum hast du dich für die Teilnahme daran entschieden? 

Yuliya Messaoudi: In den IT-Bereich einzusteigen beziehungsweise an einem Bootcamp teilzunehmen, beabsichtigte ich schon seit ein paar Jahren. Die Data-Science-Richtung sehe ich als vorteilhaft für mich, also passend zu meinem Marketing Background. Es fehlte mir nur die passende Kursform in Teilzeit. Mit zwei kleinen Kindern passte für mich ein Vollzeit-Bootcamp zeitlich nicht. So hatte ich auf den passenden Kurs gewartet und habe mich sehr gefreut, als der Data-Practitioner-Teilzeitkurs erschienen ist. 

Hast du vorher bereits im IT-Bereich gearbeitet? Falls nicht: Konntest du dich als Quereinsteigerin schnell in den IT-Bereich einarbeiten?

Jein. Ich habe ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert und Berufserfahrung im Marketing gesammelt. Vor circa vier Jahren konnte ich mich zunächst online in der Website-Pflege mit WordPress, SEO und Google Analytics erproben. Das fand ich sehr interessant und lernte HTML und CSS für die Optimierung der Webseiten, um die Auffindbarkeit zu erhöhen. Im Grunde war das meine IT-Vorerfahrung. Diese Themen sind aber weit weg von Data Science. Bevor ich mich für das Bootcamp eingeschrieben hatte, schaute ich auf Online-Lernportalen einige kostenlose Anfänger:innenvideos zur Programmiersprache Python, um für mich endgültig zu klären, dass ich es zum einen schaffen werde und zum anderen, dass es mir auch Spaß machen wird. Diese einfache und kurze Vorbereitung hat mir gut beim Kursstart geholfen.

Ist es dir wichtig, beruflich in der IT-Branche Fuß zu fassen? 

Ja, sehr. Das Leben und die Arbeitswelt werden immer mehr digitalisiert. Nach meiner Rückkehr aus der Elternzeit musste ich beispielsweise feststellen, dass die Software-Beherrschung und IT-Kompetenzen, welche vor drei bis vier Jahren noch „von Vorteil“ waren, heute schon als  „Voraussetzung“ ausgeschrieben werden. Klassische Marketing-Werbemaßnahmen wie Plakate oder Visitenkarten werden zunehmend durch Websites und QR-Codes ersetzt. Aus dem Grund war es mir wichtig, den Einstieg in die IT-Branche zu wagen – als Investition in die Zukunft und für eine neue Karrierestufe. 

Wo siehst du die Vorteile in der IT-Weiterbildung? 

Eine Weiterbildung in der IT ist schon ein Vorteil an sich. Mit Begeisterung blicke ich auf die erstmal nur vier Monate vom Bootcamp zurück und kann kaum glauben, wie viele neue Hard Skills ich in kürzester Zeit gelernt habe: Python, SQL, Unix/Linux, Git/GitHub, agiles Projektmanagement und vieles mehr. Zudem hat mir das Bootcamp gezeigt, dass Statistik, Analyse und Wahrscheinlichkeitsberechnung auch Spaß machen können.

Hast du bereits konkrete Pläne, für welche Positionen und in welchen Firmen du dich nach der Weiterbildung bewerben möchtest? 

Unser Bootcamp geht bis Mai 2023, daher habe ich noch etwas Zeit, um mich zu entscheiden. Die Wahl ist nicht begrenzt, da viele Unternehmen allerlei Daten sammeln und immer mehr das Potenzial und die Kraft der Daten anerkennen. Heutzutage gelten Data-Jobs als zukunftssicher.

Wie bewertest du generell die Förderung von Frauen beziehungsweise Müttern im IT-Bereich? Siehst du hier noch einen großen Nachholbedarf? 

Es ist offensichtlich, dass Frauen im IT-Bereich unterrepräsentiert sind. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auf dem IT-Arbeitsmarkt Fachkräftemangel herrscht, hoffe ich, dass Frauen, auch diejenigen, die den Mutter-Status haben, gezielt gefördert werden. Traut euch! Der Wechsel zur IT mittels eines Bootcamps ist eine hervorragende Gelegenheit, um in kurzer Zeit, aber sukzessive noch mehr Stabilität zu gewinnen und das Selbstvertrauen zu stärken.


Wir bedanken uns recht herzlich für die Insights von Eva Heinemann und Yuliya Messaoudi, die sie uns im schriftlichen Interview zur Verfügung gestellt haben.


Verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten für Wiedereinstieg nach Elternzeit

Da für viele Mutter die Geburt ihres Kindes sowie die darauffolgende Elternzeit einen beruflichen Einschnitt bedeutet, bietet die Bundesagentur für Arbeit diverse Weiterbildungen an. Bei diesen geht es oft um die neuesten technischen Entwicklungen. Oftmals wechseln viele Arbeitnehmer:innen auch den Beruf, da sie mit den alten Arbeitszeiten Familie und Beruf schlecht miteinander vereinbaren können.

Hier können Sorgearbeitende auch Bildungsgutscheine bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen. Falls diese genehmigt werden, werden sämtliche Weiterbildungskosten von der Agentur übernommen. Der Antrag erfolgt in einem persönlichen Gespräch, in dem geklärt wird, ob im jeweiligen Fall die Voraussetzungen für die Kostenübernahme erfüllt sind. Wer erwerbslos, von Arbeitslosigkeit bedroht oder arbeitssuchend ist, kann sich bei der Agentur melden.

Auch Beschäftigte, die nach der Familienpause wieder in den Beruf einsteigen wollen und sich dafür entsprechend qualifizieren wollen, sind berechtigt. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass es sich immer um Einzelfallentscheidungen handelt und kein genereller Anspruch besteht.

Eine Initiative der Bundesagentur für Arbeit, Screenshot arbeitsagentur.de
Eine Initiative der Bundesagentur für Arbeit, Screenshot arbeitsagentur.de

Die verschiedenen Weiterbildungsangebote findest du hier. Für den Bereich IT gibt es hierbei auch zahlreiche Kurse – etwa zur Java-Anwendungsentwicklung, der Software-Entwicklung mit WordPress sowie Data Analytics.

Weitere Angebote, die sich speziell an berufstätige Mütter richten, findest du auf dieser Seite. Auch die Selbstständigkeit – zum Beispiel in der IT-Branche – kann neue berufliche Möglichkeiten bieten. Hier helfen für den ersten Überblick Gründer:innenseminare, die etwa die IHK anbietet.

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