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Digitalpolitik
Unabhängige Aufsicht für Facebook in Großbritannien gefordert
Das britische Parlament prüft Facebook-Dokumente, Screenshot YouTube, © Facebook

Unabhängige Aufsicht für Facebook in Großbritannien gefordert

Niklas Lewanczik | 18.02.19

Ethische Aufsicht als Lösung? Im UK-Parlament wurde Facebook scharf verurteilt und für nicht fähig befunden, schädlichen und Fake Content zu regulieren.

Das Komitee für Digitales, Kultur, Medien und Sport im britischen Parlament hat einen finalen Bericht zur Untersuchung zu Fehlinformationen und Fake News veröffentlicht. Darin wird insbesondere Facebook für den problematischen Umgang mit Userdaten und unangemessenem Content stark kritisiert. Eine unabhängige Aufischt soll einen Ethikcode durchsetzen, so der Vorschlag aus Großbritannien.

Können Facebook und Co. sich nicht allein regulieren?

Die Diskussion um die Verantwortung der großen Social Media für die Inhalte auf deren Plattformen ist vielschichtig. Dennoch lassen sich zentrale Probleme benennen. Immer wieder kommt es gerade bei Facebook bei der Masse der Inhalte zu unangemessenem Content: Hasskommentare, Gewalt, Hetze usw. Die Unternehmen haben Algorithmen und Personal, die dafür sorgen sollen, dass solche Inhalte schnell erkannt und entfernt werden. Das kann jedoch nicht immer reibungslos geschehen.

Um die Verantwortung ein Stück weit zu teilen, hat Facebook außerdem jüngst ein unabhängiges Gremium für die Prüfung von Inhalten vorgestellt, das in diesem Jahr eingesetzt werden soll. Doch nach einer eingehenden Untersuchung hat das Komitee des britischen Parlaments bekundet, dass Unternehmen wie Facebook ihre Marktmacht vielmehr für den eigenen wirtschaftlichen Vorteil ausnutzen, ohne dabei das Wohl der Internetgemeinde und Gesellschaft überhaupt zu fokussieren. Facebooks CEO Mark Zuckerberg wird vom Komitee-Vorsitzenden Damian Collins gar vorgeworfen, die Führungsqualitäten und Verantwortung vermissen zu lassen, die von einer Person in seiner Stellung zu erwarten wären.

Da man Social Media abspricht, die nötige Prüfung von Inhalten selbst bewerkstelligen zu können, wird eine übergeordnete Kontrollinstanz angestrebt. Der Bericht fordert einen

compulsory Code of Ethics defining what constitutes harmful content. An independent regulator should be responsible for monitoring tech companies, backed by statutory powers to launch legal action against companies in breach of the code.

Unternehmen, die den ihnen im Zuge dessen auferlegten Verpflichtungen bei der Kontrolle von Inhalten nicht nachkommen, müssten empfindliche Strafen zahlen.

Social Media können sich nicht hinter der Bezeichnung Plattform verstecken

Hinsichtlich der gesellschaftlichen Verantwortung zeigt das Komitee des UK-Parlaments eine klare Linie.

Social media companies cannot hide behind the claim of being merely a ‘platform’ and maintain that they have no responsibility themselves in regulating the content of their sites.

Großbritanniens Regierung hatte sich vor allem im Kontext von Cambridge Analytica mit Facebooks Verantwortung bezüglich der Nutzerdaten auseinandergesetzt. Ende 2018 wurden sogar interne Dokument des Sozialen Netzwerks beschlagnahmt und herangezogen, um dessen Vorgehen im Umgang mit Datensicherheit zu prüfen. Zu der Zeit hatte Zuckerberg einen Vertreter geschickt, um über Facebooks Praktiken auszusagen. Das Komitee des Parlaments ist nun zu der Ansicht gelangt, dass das Unternehmen vorsätzlich keine umfassenden Informationen zu Untersuchungen der Datenschutzpraktiken preigegeben habe.

We believe that in its evidence to the Committee Facebook has often deliberately sought to frustrate our work, by giving incomplete, disingenuous and at times misleading answers to our questions,

so Collins. Der Bericht des Komitees kommt insgesamt zu der Ansicht, dass Social Media deutlich transparenter sein müssten, um die User über ihren Umgang mit Daten und ihre Funktionsweisen zu unterrichten. Ein Vorschlag, der gegeben wird, sind mehr Denkpausen für die Nutzer, die durch Momente der Verzögerung usw. integriert werden könnten. Genau das käme Facebook, Twitter und Co. aber nicht entgegen – insbesondere im Hinblick auf die Werbekunden.

Wie wichtig ist die Kontrolle durch andere Stellen?

Eine übergeordnete Kontrollinstanz hingegen würde die Regulierung von fragwürdigem Inhalt sicher optimieren. Der Bericht schlägt hierzu vor, dass diese Aufsicht durch Steuern der Tech-Unternehmen finanziert wird, die in Großbritannien operieren. Nun ist die Frage, ob solch eine Instanz durchzusetzen ist. Vor allem, wenn man an die große Macht, auch in der Lobby, der Tech-Unternehmen denkt. Man darf aber davon ausgehen, dass die Big Player nicht aus Altruismus heraus anfangen werden, die Nutzerdaten besser zu schützen oder die Inhaltskontrollen drastisch zu verschärfen. Wer glaubt, dass der soziale Faktor bei derlei Plattformen, auch bei Google, dem wirtschaftlichen Fortschrittsgedanken die Waage hält, denkt illusorisch. Daher ist eine übergeordnete Kontrolle langfristig sinnvoll, um die Macht Facebooks usw. zu regulieren. Einschränkungen werden vonnöten sein, damit das Kräfteverhältnis zwischen den Nutzern und milliardenschweren Tech-Unternehmen nicht noch mehr Grund zur Sorge gibt.

We need a radical shift in the balance of power between the platforms and the people. The age of inadequate self regulation must come to an end,

erklärt Collins. Während Großbritannien sich an höchster Stelle gegen die bisher uneingeschränkte Machtausübung von Facebook und Co. wehrt, hat Deutschland ebenfalls erste Konsequenzen angestoßen. Das Bundeskartellamt schränkt die Datensammelpraktiken des Sozialen Netzwerks deutlich ein.

Hinsichtlich der Selbstbestimmung und Verantwortung von Social Media und Tech-Unternehmen, die den Alltag der Menschen prägen und damit eine immense Bedeutung für die Gesellschaft haben, gibt es viele Meinungen. Je mehr diese Unternehmen aber den Datenschutz oder die Inhaltskontrolle banalisieren, desto eher werden mehr Rufe nach Regulierung von außen laut. Ob sich diese mittelfristig auch effektiv einsetzen lässt, muss erst noch in der Praxis ermittelt werden.

Den ausführlichen Bericht des britschen Komitees für Digitales, Kultur, Medien und Sport samt aller Erkenntnisse könnt ihr hier nachlesen.

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