Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Digitalpolitik
Google warnt vor Zensur in Suchergebnissen

Google warnt vor Zensur in Suchergebnissen

Niklas Lewanczik | 24.01.22

Nach einer Gerichtsentscheidung in Australien muss Google wegen Verleumdung – in Form eines in den SERPs gelisteten Links – Strafe zahlen. Sollte die Entscheidung bestehen bleiben, könnte das zur Zensur führen, so die Suchmaschine.

Die größte Suchmaschine der Welt könnte bewusst Links zu brisanten Artikeln ausschließen – und damit eine Quasi-Zensur beginnen. Vor diesem Szenario warnt Google derzeit in Australien. Denn dort wurden dem Unternehmen im Rahmen eines Verleumdungsprozesses 40.000 US-Dollar Strafe auferlegt, weil die Suchmaschine einen Link zu einem Artikel von The Age aus dem Jahr 2004 gelistet hatte, der den Kläger, einen Anwalt namens George Defteros, diffamiert hatte. Der australische Supreme Court of Victoria hatte 2020 entschieden, dass der Artikel diffamierend sei und Googles Mitschuld bestätigt – vier Jahre, nachdem Defteros die Suchmaschine, erfolglos, um eine Entfernung aus den SERPs gebeten hatte. Nun könnte dieser Fall zu einer drastischen Änderung bei Google führen.

Google: Der Hyperlink präsentiert nicht das, worauf er verlinkt

Paul Karp berichtet für den Guardian über den Fall und verweist auf ein Filing, das Google am 21. Januar 2022 beim High Court of Australia eingereicht hat. Darin erklärt Google, dass ein Hyperlink zu einer Quelle keineswegs eine gleichbedeutende Repräsentation des Inhalts dieser Quelle sei:

A hyperlink is not, in and of itself, the communication of that to which it links.

In diesem Fall möchte Google zeigen, dass die Suchmaschine keine aktive Rolle bei der Verleumdung von George Defteros gespielt habe. Dieser war im Artikel von The Age aufgrund seiner Tätigkeit für Personen der australischen Gangland-Kreise und einer Anklage wegen Verschwörung zum Mord – die jedoch fallengelassen wurde – an den Pranger gestellt worden. Allerdings hatte Defteros auch The Age verklagt, mit dem Effekt, dass der Publisher den Artikel bereits offline genommen hat. Nun warnt Google davor, dass die Suchmaschine relevante Artikel zu bestimmten öffentlichkeitswirksamen Entwicklungen nicht mehr verlinken könnte, sofern diese vergleichbare Beschwerden nach sich ziehen könnten, die vor Gericht Bestand haben. Daher verbindet Google die Warnung auch mit der Aussage, dass es Konsequenzen geben werde, wenn die Entscheidung des australischen Gerichts Bestand haben sollte:

The inevitable consequence of leaving the court of appeal’s decision undisturbed is that Google will be required to act as censor by excluding any webpage about which complaint is made from its search results, even when, as here, the webpage may be a matter of legitimate interest to the substantial portion of people who search for it and is published by a reputable news source.

Selbst wenn eine Artikel also als Quelle „legitimen Interesses“ angesehen werden könnte, würde Google diesen womöglich in Australien nicht mehr anzeigen, wenn dies zu einer gerichtlichen Belangung Googles führen könnte.

Die Suchmaschine sieht sich nur als Multiplikator

Grundsätzlich sieht sich Google als „untergeordneten Multiplikator“ (subordinate disseminator), der nach dem Common Law of Innocent Dissemination zunächst nicht für die unwissentlich geteilte Verleumdung verantwortlich sei. Google erklärt, die Entscheidung in Australien könne Folgendes bewirken:

Its consequence is that upon mere notice of a claim that matter may be defamatory, a subordinate disseminator is liable for the communication of that matter regardless of intention or fault.

Nun muss der High Court of Australia entscheiden, ob die Entscheidung gegen Google bestehen bleibt. Dabei müssen die Verantwortlichen auch klären, inwieweit die Suchmaschine tatsächlich für die Verbreitung diffamierender Inhalte Verantwortung zu tragen hat und ob das öffentliche Interesse dabei eine Rolle spielen kann. Bestätigt das Gericht die Entscheidung, droht Googles leichte Zensur Realität zu werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Google in Australien mit Drohungen daherkommt. Anfang 2021 hatte das Suchmaschinenunternehmen sogar gedroht, Australien zu verlassen, sollte die Regierung ein Gesetz verabschieden, dass Google dazu zwingt, für die Verbreitung von News zu zahlen. Gegenüber der Politik hatte Google letztlich kaum eingelenkt. Das Gesetz wurde verabschiedet. Allerdings hatte das Unternehmen im Rahmen des eigenen Programms Google Showcase einen Milliardendeal mit der News Corp von Rupert Murdoch eingefädelt, um weiterhin relevante Inhalte in Australien auszuspielen.

Kommentare aus der Community

Thomas Bach am 25.01.2022 um 08:34 Uhr

Da muss ich doch schmunzelnd den Kopf schütteln.. Gut zusammengefasst! ich denke aber das die Änderungen erstmal nur in der Internationalen Ebene ( Australien) stattfinden. Womöglich nur Australien

Antworten
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*