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Digitalpolitik
Bundeskartellamt verbietet Facebook Kombination von Nutzerdaten verschiedener Quellen

Bundeskartellamt verbietet Facebook Kombination von Nutzerdaten verschiedener Quellen

Niklas Lewanczik | 07.02.19

Das Bundeskartellamt schränkt Facebooks Verarbeitung der Nutzerdaten massiv ein. Das Datensammeln ohne Zustimmung der User wurde als missbräuchlich eingestuft.

Der Beschluss im Verfahren des Bundeskartellamts gegen Facebook steht. Die Verarbeitung von Nutzerdaten wird deutlich eingeschränkt. Daten, die von eigenen Diensten wie WhatsApp oder Dritten generiert wurden, dürfen künftig nur noch mit Zustimmung der Nutzer mit Facebook-Profilen kombiniert werden. Kommt es nicht zur Einwilligung, dürfen die Informationen nicht zusammen verarbeitet werden. Mit der Entscheidung möchte das Amt die Marktbeherrschung und den Missbrauch dieser Stellung vonseiten Facebooks regulieren.

Entscheidung des Bundeskartellamts gefallen: Facebook muss auf Nutzereinwilligung bauen

Die mit Spannung erwartete Entscheidung im Verfahren gegen Facebook wurde heute vom Bundeskartellamt verkündet. Schon vor Wochen waren Medienberichte davon ausgegangen, dass das Amt Facebooks Praktik beim Datensammeln als missbräuchlich einschätzen und daher einschränken würde. Facebook selbst hatte sich den mutmaßlichen Erkenntnissen nicht beugen wollen:

Wir werden diese Position auch weiterhin verteidigen.

Die Erkenntnisse des Bundeskartellamtes wurden nun aber bestätigt.

Das Bundeskartellamt hat dem Unternehmen Facebook weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt,

heißt es in der Meldung. Konkret bedeutet das, dass Facebook Nutzerdaten, die das Unternehmen über WhatsApp oder etwa Instagram generiert, nur noch mit der ausdrücklichen Einwilligung der jeweiligen User mit einem Nutzerkonto auf Facebook kombinieren darf. Gleiches gilt für Informationen, die über Dritte – beispielsweise Apps, die Facebooks SDK  nutzen – gesammelt und an Facebook weitergeleitet werden. Ohne eine explizite Einwilligung der Nutzer müssen die Daten dann beim generierenden Dienst verbleiben. Damit kann Facebook die Nutzerdaten nur noch „sehr stark eingeschränkt sammeln und dem Nutzerkonto zuordnen“. Allerdings wird betont, dass zur Verarbeitung von Daten, die bei der Plattform selbst gesammelt werden, keine Entscheidung getroffen wurde. Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt erläutert:

Wir nehmen bei Facebook für die Zukunft eine Art innere Entflechtung bei den Daten vor. Facebook darf seine Nutzer künftig nicht mehr zwingen, einer faktisch grenzenlosen Sammlung und Zuordnung von Nicht-Facebook-Daten zu ihrem Nutzerkonto zuzustimmen.Die Kombination von Datenquellen hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass Facebook einen so einzigartigen Gesamtdatenbestand über jeden einzelnen Nutzer erstellen und seine Marktmacht erreichen konnte. Der Verbraucher kann in Zukunft verhindern, dass Facebook seine Daten ohne Beschränkung sammelt und verwertet.Die bisherige Zusammenführung aller Daten unter dem Facebook-Nutzerkonto in faktisch schrankenlosem Ausmaß hängt für die Zukunft von der freiwilligen Einwilligung der Nutzer ab. Und Freiwilligkeit heißt, dass die Nutzung der Facebook-Dienste nicht von der Einwilligung des Nutzers in diese Art der Datensammlung und -zusammenführung abhängig gemacht werden darf. Wenn der Nutzer die Einwilligung nicht erteilt, darf Facebook ihn nicht von seinen Diensten ausschließen und muss auf eine Datensammlung und -zusammenführung aus den verschiedenen Quellen verzichten.

Facebook wurde als marktbeherrschend und diese Macht missbrauchend eingestuft

Facebooks Marktmacht ließe sich allein mit den letzten Quartalszahlen belegen; was das Bundeskartellamt auch tut. Täglich 1,52 und monatlich 2,32 Milliarden aktive Nutzer sprechen für sich. Auf dem deutschen Markt sozialer Netzwerke hat die Plattform mit 23 Millionen täglich und 32 Millionen monatlich aktiven Nutzern Marktanteile von 95 beziehungsweise 80 Prozent. Da Wettbewerber wie XING, LinkedIn, Snapchat, Twitter, YouTube und Co. jeweils nur einen Bereich der Services abdecken, die Facebook bieten kann, sind sie nicht Teil des relevanten Marktes dieser Analyse. Dennoch würde Facebook auch unter dieser Prämisse ähnliche Werte erzielen – und ist damit marktbeherrschend. Mundt erklärt:

Als marktbeherrschendes Unternehmen unterliegt Facebook besonderen kartellrechtlichen Pflichten und muss bei dem Betrieb seines Geschäftsmodells berücksichtigen, dass die Facebook-Nutzer praktisch nicht auf andere soziale Netzwerke ausweichen können. Ein obligatorisches Häkchen bei der Zustimmung in die Nutzungsbedingungen des Unternehmens stellt angesichts der überragenden Marktmacht des Unternehmens keine ausreichende Grundlage für eine derartig intensive Datenverarbeitung dar. Der Nutzer hat ja nur die Wahl, entweder eine umfassende Datenzusammenführung zu akzeptieren oder aber auf die Nutzung des sozialen Netzwerkes zu verzichten. Von einer freiwilligen Einwilligung in die Datenverarbeitungsbedingungen kann in einer solchen Zwangssituation des Nutzers keine Rede sein.

Deshalb erkennt das Bundeskartellamt die umfassende Datenverarbeitung im Kontext von Nutzerkonten bei Facebook ohne Einwilligung als missbräuchlich. Die Praktik Facebooks, Daten zu Nutzern aus Drittquellen zu beziehen, ohne dass es eine klare Einwilligung zur Verarbeitung gibt, wird angeprangert. Bei Millionen von Websites und Apps sind Schnittstellen – etwa in Form von Like Buttons – integriert, die dem Unternehmen Daten über die Nutzer zuspielen; auch wenn der Klick ausbleibt. Ebenso werden oft bei der Installation von Apps, die auf Facebooks SDK zurückgreifen, bereits zahlreiche Nutzerdaten an Facebook übermittelt, ohne dass sich der User dessen völlig bewusst ist.

Durch die Kombination von Daten aus der eigenen Website, konzerneigenen Diensten und der Analyse von Drittwebseiten erhält Facebook ein sehr genaues Profil seiner Nutzer und weiß, was sie im Internet machen,

fasst Andreas Mundt zusammen.

Der Verstoß gegen EU-Vorschriften als Grundlage

In Kooperation mit führenden Datenschutzbehörden hat das Bundeskartellamt ermittelt, dass das Datensammeln über Dritte und die Verarbeitung dieser Daten ohne klare Einwilligung gegen EU-Datenschutzvorschriften verstoßen. Das Amt spricht in seiner Bewertung von einem Ausbeutungsmissbrauch. Zum einen darf die Gegenseite, hier die Nutzer, durch marktbeherrschende Unternehmen nicht ausgebeutet werden. Zum anderen dürfen auf diese Weise Wettbewerber mit weniger Datenzugang nicht benachteiligt werden. In dieser Ansicht folgt das Bundeskartellamt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Da Daten als wichtiger Faktor im Wettbewerb, ja als Währung, gelten können, ist Facebook an ihrer Generierung besonders interessiert. Der kostenlosen Plattform steht aber gegenüber, dass diese werblich monetarisiert werden kann. Daher müsse sich Facebook an die geltenden Vorschriften in Deutschland und der EU halten, so Mundt.

Noch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig, denn Facebook kann binnen eines Monats Beschwerde einlegen. Und kurz nach der Entscheidung wurde vonseiten des Unternehmens angekündigt, das zu tun.

Wir werden Beschwerde gegen den Beschluss einlegen,

heißt es bei der TagesschauIn dem Fall wird das Oberlandesgericht Düsseldorf über den Fall entscheiden. Bleibt die Entscheidung bestehen, wird Facebook seine Richtlinien und Nutzungsbedingungen in Deutschland stark anpassen müssen. Außerdem könnte die Entscheidung als Präzedenzfall gewertet werden. Wie Christian Sauer von Webtrekk uns im Interview erklärte, könnte das auch Konsequenzen für andere Player wie Google haben:

Sollte es im Falle Facebook zu einem Urteil kommen, ist zu hoffen, dass das Kartellamt mit seinem Beschluss weitreichende Konsequenzen durchsetzen und die Beschränkungen zeitnah auf weitere US-Konzerne ausweiten kann.

Eine ausführliche Erläuterung der Entscheidung und der Änderungen für Facebook dokumentiert das Bundeskartellamt in einem Hintergrundpapier. Die Entscheidung selbst spricht für mehr Datenkontrolle durch den Nutzer und die Einschränkung allzu mächtiger Datenmonopole. Für Facebook bedeutet sie einen deutlichen Einschnitt in die eigene Geschäftspraxis.

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