Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Dein wichtigster Touchpoint zur Digitalbranche.
Mobile Marketing
Beacons lenken hungrige Besucher und eröffnen neue Werbechancen
© storm / © mindscanner - Fotolia.com

Beacons lenken hungrige Besucher und eröffnen neue Werbechancen

Stefan Rosentraeger | 18.11.14

Beacons sammeln nicht nur Userdaten. Eine Studie zur dmexco ergab, dass die smarten Sender Besucherströme gezielt lotsen. Für Marketing und Handel tun sich ungeahnte Werbechancen auf.

Beacons werden ihrem Namen gerecht: Die kleinen „Leuchttürme“ sind in der Lage, Besucherströme gezielt zu lenken. Zu diesem Ergebnis gelangt eine aktuelle Studie, die intelliAd im Nachgang zu einem der ersten deutschen Beacon-Feldversuche auf der dmexco 2014 durchgeführt hat. Die Wirkung der Beacons ging bei Messebesuchern sprichwörtlich durch den Magen. Auf der Suche nach freien Essensständen ließen sich Nutzer mithilfe der Beacons den Weg weisen, wie intelliAd herausfand: „Innerhalb von nur fünf Minuten gingen 38 Prozent der angesprochenen Besucher zu einem freien Snack Point in einer anderen Halle“.

Hotdogs, Bier, Toiletten: Beacons weisen den Weg im Football-Stadion 

Eine vergleichbare Erfahrung sammelte Aruba Networks in den USA. Der Wifi-Anbieter rüstete das knapp 17 Hektar große Gelände rund um das Levi’s Football-Stadion in Santa Clara mit einem Beacon-Netzwerk aus. Auch hier ließen sich User von ihren Grundbedürfnissen lenken: Die Sender halfen bei der Suche nach Sitzplätzen, Hotdogs, Bier – und freien Toiletten.

Im Einzelhandel laufen ebenfalls einige Pilotprojekte mit Beacons. Die Supermarkt-Kette Woolworth führt derzeit mit ausgewählten Teilnehmern Studien zur Wirkung der intelligenten Sender durch. Das Magazin „The Australian“ berichtet von weiteren Testläufen, die in Märkten wie ICA, Coop und Waitrose laufen. Sogar im Finanzsektor ist das Interesse an der Beacon-Technologie geweckt. Die St. George Bank nutzt die iBeacon-Technologie in einigen ihrer Filialen.

Beacons wirken auf vielfältige Weise im Einzelhandel. (Grafik: ocregister.com)
Beacons wirken auf vielfältige Weise im Einzelhandel. (Grafik: ocregister.com)

Deutsche Bahn stellt testweise Werbeflächen für Beacons bereit

In Deutschland möchte die Deutsche Bahn gemeinsam mit Ströer – der Werbeflächen-Vermarkter hatte bereits bei der dmexco gemeinsame Sache mit intelliAd und der widjet GmbH gemacht – am Düsseldorfer Hauptbahnhof ein digitales Leuchtfeuer entfachen. Interessierte Werbungreibende können noch bis Ende des Jahres beim DUS Open Playground kostenlos mitmachen – und testen, wie sich Werbung mit Unterstützung der Beacons an den User bringen lassen. Nach Abschluss der Testphase wird über einen größeren Rollout der Beacon-Initiative der Bahn entschieden.

Was macht die kleinen Sender, die sich unauffällig in Werbeflächen und Store-Konzepte integrieren lassen, so reizvoll? “Giving customers the ability to find the products and services within a store and using that intelligence to design your store — that combination is a killer app”, zeigt sich der Infosys Digitalstratege George Eby Mathew begeistert. Die erhobenen Daten fließen dabei nicht nur in die Werbeplanung ein, sondern tragen zur Gestaltung der Ladenflächen und Sortimentsplanung bei: „Once retailers could determine when customers were walking into their stores and what purchases were being made, they could link the information with demographics and historical data. […] That becomes a rich insight not only to design your storefront but also to decide on what combination of products to stock and when”.

Anwendungsgebiete für Beacons in unterschiedlichen Branchen. (Grafik: intelliAd Media GmbH)
Anwendungsgebiete für Beacons in unterschiedlichen Branchen. (Grafik: intelliAd Media GmbH)

Die kleinen „Technologie-Leuchtfeuer“ erweisen sich nicht nur als Helfer auf Anwenderseite – sondern auch als Motor für den stationären Handel – und als Inspiration für frischen Content, der näher am User (fast) nicht sein kann. TechCrunch sieht den Einfluss auf die Content-Gestaltung belegt: „Beacons can […] trigger specific content or experiences on the user’s device […] This differing content can be specific to each beacon’s individual location, enabling custom content in different areas of the building you are in“.

Beacons sind kreative Content-Spielwiese und beleben den stationären Handel

Deutsche Content-Experten blicken gespannt auf den Einsatz der Beacon-Technologie: [Beacons] bilden […] ein wunderbares neues Feld für kreative Content-Marketer. Sie können Stakeholder über einen neuen Kanal auf völlig neue Weise mit Infos, Storys, Unterhaltung etc. versorgen. Ich bin sehr, sehr, sehr gespannt auf die Content-Ideen, die auf dieser Technologie basieren“, schrieb beispielsweise die Münchner Content-Strategin und Medienberaterin Doris Eichmeier in einer Gruppendiskussion auf Google Plus.

Florian Gmeinwieser, Head of Mobile der Plan.net Gruppe, nennt in seinem Gastbeitrag in der „Börse am Sonntag“ Gründe, „wie Beacons den Point of Sale revolutionieren“. Neben vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten („Im Museum beispielsweise ersetzen Beacons die unhandlichen Audio- oder Videoguides und liefern stattdessen alles Wissenswerte zu einem Ausstellungsstück direkt aufs Handy“) liegt die Stärke der Beacon-Technologien für Gmeinwieser vor allem darin, dem schwächelnden stationären Handel neue Stärke zu verleihen und ihn mit den digitalen Kanälen, die bisher als Todfeind des klassischen Handels verschrien waren, sinnvoll zu vernetzen. „Mit dem geschickten Einsatz bekommen Ladenbetreiber Möglichkeiten, die bislang Online-Shops vorbehalten waren, wie Empfehlungsmarketing, Customized Shopping, Couponing oder individuelle Rabatte“, erklärt der Mobilexperte der Münchner Agenturgruppe.

Technologie, die aus den Kinderschuhen wachsen muss

Bis die Vernetzung reibungslos funktioniert sind allerdings noch einige Hürden zu nehmen. Da wäre einerseits das Datenschutz-Problem und die Frage, wie Daten sicher erfasst, gespeichert und verarbeitet werden. Andererseits das, wie Gmeinwieser feststellt, „Zusammenarbeiten von bislang […] voneinander komplett unabhängigen Systemen andererseits“. Dazu zählen Shopsysteme, Warenwirtschaftssysteme und auch Content-Management-Systeme, wenn die ausgewerteten Daten auch in den passenden Content münden sollen. Experten diskutieren weitere Schwächen der Beacon-Technologien, die nicht verschwiegen werden sollten. Dazu zählen:

  • Personalisierung und Kontextualisierung: Was passiert, wenn ein männlicher Smartphone-Besitzer zufällig vor einem Dessous- oder Parfümgeschäft steht? Sind die Beacons in der Lage, die Interessen des Users zu erkennen? An einem Valentinstag ist die Wahrscheinlichkeit groß, mit einem passenden Produktangebot die richtige Inspiration für ein Geschenk zu liefern. Ansonsten gehen die Empfehlungen ins Leere, wenn der Kontext nicht passt. „Contextualization (what is going on around someone and their intent) and personalization will be ignored in many first-generation beacon programs“, vermutet Puneet Mehta von AdAge – und liegt damit vermutlich gar nicht so falsch.
  • Integration von Daten in Customer Journey Betrachtung: Die durch Beacons erfassten Userdaten müssen sinnvoll in die Customer Journey Analysen eingebunden und dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Sonst entsteht ein weiteres der berüchtigten „Daten-Silos“.
  • Frequency Capping: „Imagine walking through the mall or down 5th Avenue and getting pinged every five steps (no thanks)“. Das Szenario, das Puneet Mehta hier skizziert, ist nicht unwahrscheinlich. Je mehr Einzelhändler auf Beacons setzen, desto schneller ist der Anwender von Werbebotschaften übersättigt. Dies gilt insbesondere für Couponing Apps wie Shopkick, SnipSnap und weitere Anbieter. Schlüssel in der Weiterentwicklung der Beacon-Technologien wird es sein, anhand des Userverhalten und der Interaktion im jeweiligen Laden gezielt die Ausspielung eines Werbemittels auszulösen – und nervende Streuverluste zu vermeiden. Eine Lösung könnte die Integration eines Gebotssystems sein, die bereits in vielen Performance Marketing Plattformen im Einsatz ist: „Multiple brands […] should implement a bidding system to target high spenders, while setting strict messaging limits“.
  • Datenschutz und Wettbewerbsrecht: Anhand der von Samsung entwickelten Beacon-Plattform Proximity zeigen sich einige rechtliche Fallstricke im Umgang mit Beacons. So umgeht Samsung einer Meldung von invidis zu Folge den Umstand, dass User nicht immer eine entsprechende App installiert haben dadurch, dass die entsprechenden Services „auf Betriebssystemebene“ angeboten werden – und damit ungehindert jeden Smartphone-Nutzer ansprechen können. Wie invidis weiter meldet, ist noch nicht sicher, ob Samsung diesen Weg gehen wird. Dennoch haften den Beacons über den Datenschutz hinaus rechtliche Bedenken an. Dazu zählen wettbewerbsrechtliche Probleme, die Anwältin Kathrin Schürmann im Gespräch mit invidis ins Feld führt: “Wichtig ist in dem Zusammenhang aber vor allem das hiesige Wettbewerbsrecht […]. Wie bei E-Mail und SMS ist unverlangt versandte Werbung traditionell eher kritisch zu bewerten.” Rechtsanwalt Christian Solmeke ergänzt, dass Werbungtreibene „gleich doppelt aufpassen“ müssen: „Sofern Kunden angesprochen werden, ohne dass diese vorher eingewilligt haben, drohen teure Abmahnungen. Hier wird das Gleiche gelten wie bei der Zusendung unverlangter E-Mail Werbung“. Die Erfahrung habe gezeigt, „dass bei solchen neuen technischen Entwicklungen alte Sachverhalte analog zur rechtlichen Lösung herangezogen werden“.

Werber wie Florian Gmeinwieser zeigen sich trotz der Kritikpunkte zuversichtlich, dass Beacons schnell aus den Kinderschuhen wachsen und mehr als eine technische Spielerei bleiben – wenn die Strategie stimmt: „Vor allem wage ich zu behaupten, dass Beacons unser Einkaufserlebnis und die Art, wie wir einkaufen, revolutionieren werden. Alles entscheidend ist dabei die Einbindung in eine Marketing- und Kommunikationsstrategie – sonst bleibt es ein technisches Gadget”.

Anbieter wie intelliAd, die nicht nur Beacons für Kunden zur Verfügung stellen, sondern sich auch um die passende technische Einbindung kümmern, arbeiten bereits an der Optimierung der Beacon-Technologie und einer möglichst nahtlosen Verzahnung mit Online-Kanälen. Auf Anfrage gab Mischa Rürup OnlineMarketing.de gegenüber Einblicke auf die Weiterentwicklung der Beacons innerhalb der Performance Marketing Plattform. So lässt sich beispielsweise die Wirkungsweise der intelliAd Cookieweiche, die bislang zur zielgerichteten Zuweisung und Vergütung von Conversions im Affiliatebereich zum Einsatz kommt, auf die durch Beacons getriggerten Ads und Pushmitteilungen übertragen, um diese innerhalb der vom User verwendeten Apps regelbasiert auszuliefern, erklärte Rürup.

Zudem ist es möglich, die Beacons entsprechend ihres Standortes am jeweiligen Point of Sale (PoS) zu konfigurieren und ihnen bestimmte Funktionen zuzuweisen. Das heißt, ein Beacon in der Nähe der Kasse löst andere Aktionen aus als ein Beacon in einer bestimmten Abteilung des Geschäftes. Weitere Möglichkeiten der Anpassung ergeben sich im Bereich der Preissegmentierung für die Produktsuche und für das passende Ausspielen von Produktangeboten, wenn ein Beacon die Aktion eines Smartphone-Users registriert. Dies alles diene laut Mischa Rürup dazu, Beacons dafür einzusetzen, Kunden „sowohl online als auch offline gezielt und individuell anzusprechen“.

Wer sich von Beacon-Technologien live überzeugen will, sollte einen Abstecher in die bayerische Hauptstadt machen. Das „Haus der Kommunikation“ der Serviceplan-Gruppe hält einen Beacon-Showroom bereit. Weitere europäische Standorte von Berlin bis Zürich sollten ebenfalls mit „Leuchtturm“-Räumen ausgestattet werden, teilte die Agentur mit.

Beacons live im Showroom erleben - Serviceplan macht es in München möglich. (Foto: Mobilbranche.de)
Beacons live im Showroom erleben – Serviceplan macht es in München möglich. (Foto: Mobilbranche.de)

Kommentare aus der Community

Laurenz Lenkewitz am 01.12.2014 um 13:00 Uhr

Für die Beurteilung von Beacons als Verkaufsförderungs- und Kundenbindungstool ist nicht die Prozentzahl der Besucher interessant, die wegen einer Beacon-Werbung zu einem Snack Point gingen, sondern erstmal die Zahl der Besucher, die überhaupt mit Beacons angesprochen werden können. Hier ein Vorschlag zur Definition:

Theoretische Reichweite (I): Alle Besucher vor Ort, die ein BLE-fähiges Smartphone dabei haben. Theoretische Reichweite (II): Anteil von (I), die zusätzlich eine passende App auf dem Smartphone haben. Theoretische Reichweite (III): Anteil von (II), die zusätzlich Bluetooth eingeschaltet haben.
Tatsächliche und streuverlustfreie Reichweite (IV): Anteil von (III), die sich in der Nähe von Beacons befinden.
Tatsächlich ERREICHTE Besucher (V): Anteil von (IV), die von einem Beacon eine Push Message oder ein Ad erhalten haben.
KONVERTIERTE Besucher (VI): Anteil von (V), die aufgrund der Beacon-Nachricht eine Ware gekauft haben oder wenigstens auf eine Ware aufmerksam geworden sind.

Die Advertiser werden Beacon-Kampagnen bald performancebasiert zahlen, z.B. pro versendeter, angeschauter oder angeklickter Beacon-Nachricht, oder pro geladener Landingpage, oder gar nur noch pro erworbener Ware (Cost per Lead/Purchase). Spätestens dann stürzt der Traum vom Beacon-Marketing ab – wegen des beim Verbraucher nicht vorhandenen Interesses, kompatible Apps zu installieren, Bluetooth einzuschalten und/oder überhaupt das Smartphone in die Hand zu nehmen, während man im Shoppingcenter bereits eine Einkaufstüte in der linken und das Portmonnaie in der rechten Hand hält (ach so, das schaffen wir ja auch bald ab… wer’s glaubt)…

Antworten
Sven am 22.11.2014 um 19:48 Uhr

@ Kojak:

Richtig. Die iBeacons selbst sammeln keine Daten. Was die App bzw. der Unternehmensserver im Hintergrund sammeln, sollte eigentlich in der Datenschutzerklärung der App stehen :o)

Antworten
Chris Kojak am 22.11.2014 um 17:51 Uhr

Mir ist völlig neu, dass Beacons User-Daten sammeln… (siehe Einleitung) Per se senden sie – wie Leuchttürme auch – nur Signale aus, sammeln aber keine ein. Oder hab ich da was verpasst?

Was eine App mit den empfangenen Daten und dem folgenden Nutzerverhalten macht, steht auf einem anderen Blatt.

Antworten
Stefan Rosenträger am 23.11.2014 um 12:45 Uhr

Hallo Chris, das ist korrekt. Beacons senden Signale und die Apps auf den Smartphones der User reagieren entsprechend. Somit helfen Beacons, neue Quellen von Userdaten zu erschließen. Da sie schon jetzt für unterschiedliche Zwecke/Aktionen konfiguriert werden können, sind künftig weitere Funktionen nicht auszuschließen.

Antworten
Christopher am 18.11.2014 um 16:07 Uhr

Ich bin auch sehr gespannt, wie schnell sich die Beacons im deutschen Handel verbreiten werden. Das Thema ist ja noch relativ neu.

Gespannt bin ich vor allem auf tolle Content-Marketing Strategien die mit den Beacons realisiert werden, beispielsweise kreative Produktpräsentationen oder Storytelling zum jeweiligen Geschäft. Enttäuschend wäre es, wenn die meisten Einzelhändler nur Meldungen verschicken für die es auch ein Schild im Laden getan hätte.
Bezüglich einer Überreizung mache ich mir keine Gedanken, wenn ich die Nachrichten nicht erhalten möchte sollte es in den Einstellungen im Smartphone Möglichkeiten geben, den Empfang abzuschalten (Bluetooth aus?).

Antworten
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*