Human Resources
Kaum Zeitgewinn am Arbeitsplatz – so nutzen Arbeitnehmer:innen ihre KI-Freiräume

Kaum Zeitgewinn am Arbeitsplatz – so nutzen Arbeitnehmer:innen ihre KI-Freiräume

Marié Detlefsen | 17.09.25

Künstliche Intelligenz verspricht enorme Effizienzgewinne – doch in den Büros bleibt die Zeitersparnis bislang erstaunlich gering. Laut einer aktuellen Studie setzen 20 Prozent KI für mehr Pausen ein.

Generative KI-Tools sollen die neue Wundermaschine der Arbeitswelt sein: schneller schreiben, effizienter recherchieren, repetitive Aufgaben wie von selbst erledigen. Doch die Realität in Unternehmen in Deutschland sieht ernüchternd aus. Eine aktuelle Befragung von Indeed zeigt, dass Arbeitnehmer:innen durch KI-Einsatz bislang nur minimale Zeitgewinne verzeichnen – und dieser Effekt stark davon abhängt, wie offen Betriebe mit dem Thema umgehen.

Kaum mehr als ein paar Stunden pro Woche durch KI eingespart

Die Untersuchung befragte 501 Angestellte in Deutschland und ergab, dass zwar viele Beschäftigte bereits KI im Arbeitsalltag nutzen, doch der erwartete Produktivitätsschub ausbleibt. Rund drei Viertel der Befragten gaben an, durch die Tools höchstens drei Stunden pro Woche einzusparen. Für mehr als jede:n Dritte:n liegt die Ersparnis zwischen einer und drei Stunden, jede:r Fünfte profitiert sogar von weniger als einer Stunde. Ganze 15 Prozent stellen gar keinen Unterschied fest. Lediglich eine kleine Minderheit kommt auf Einsparungen von über sechs Stunden – und das nur dort, wo der Umgang mit KI aktiv gefördert wird.

Die Zeitgewinne hängen stark davon ab, wie offen Betriebe mit dem Thema KI umgehen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht; die Grafik wurde anhand der Indeed-Daten mithilfe von ChatGPT erstellt)
Die Zeitgewinne hängen stark davon ab, wie offen Betriebe mit dem Thema KI umgehen (mit einem Klick aufs Bild gelangst du zur größeren Ansicht; die Grafik wurde anhand der Indeed-Daten mithilfe von ChatGPT erstellt)

Interessant ist auch, wie die frei gewordene Zeit genutzt wird. Von strategischer Neuausrichtung oder kreativen Projekten keine Spur: Fast die Hälfte der Befragten verbringt die gewonnene Zeit mit Aufgaben, die keinen erkennbaren Mehrwert für das Unternehmen erzeugen. 20 Prozent gönnen sich zusätzliche Pausen, knapp ein Viertel wendet sich Verwaltungsarbeiten zu, und sieben Prozent verbringen ihre Zeit in Meetings, die sie sonst vermutlich gemieden hätten. Kein Wunder also, dass fast jede:r Zweite überzeugt ist, dass die Effizienzgewinne im eigenen Unternehmen ins Leere laufen.

20,8 Prozent der Befragten nutzen die zusätzliche Zeit für private Pausen (die Grafik wurde anhand der Indeed-Daten mithilfe von ChatGPT erstellt)
 20,8 Prozent der Befragten nutzen die zusätzliche Zeit für private Pausen (die Grafik wurde anhand der Indeed-Daten mithilfe von ChatGPT erstellt)

Stärkere KI-Kultur gleich größere Zeitersparnis

Die geringe Wirkung der KI im Büroalltag lässt sich kaum mit der Technik selbst erklären. Vielmehr offenbart sich ein strukturelles Problem: In fast zwei Dritteln der Unternehmen wird der Einsatz von KI weder gefördert noch gezielt begleitet. In manchen Betrieben steht die Nutzung sogar unter kritischer Beobachtung (11,2 Prozent). Dieses Klima führt dazu, dass viele Beschäftigte den Austausch meiden – sei es aus Zeitmangel, aus Sorge um Datenschutz oder aus Angst, als weniger kompetent wahrgenommen zu werden. Hinzu kommen laut der Studie taktische Überlegungen: So verschweigen 23 Prozent der Arbeitnehmer:innen ihre Effizienzgewinne bewusst, um nicht mit zusätzlichen Aufgaben belastet zu werden. Diese Entwicklungen sind allerdings gefährlich für Unternehmen und können zum Beispiel zum Ghost Working führen.

Ganz anders ist die Situation in Unternehmen, die eine offene KI-Kultur pflegen. Hier reden Mitarbeiter:innen häufiger über ihre Erfahrungen, erhalten Rückendeckung von Führungskräften und nutzen die gewonnene Zeit produktiver. Wer in solch einem Umfeld arbeitet, spart nicht nur deutlich mehr Stunden (18 Prozent sparen mehr als sechs Stunden pro Woche durch KI ein), sondern setzt diese auch häufiger für Weiterbildung oder kreative Projekte ein (57,6 Prozent). Statt zusätzlicher Kaffeepausen entstehen so tatsächlich neue Ideen und Impulse für das Unternehmen.

Mehr Effizienz durch klarere Regeln für KI

KI kann also Zeit freischaufeln – doch ob diese Ressource wirklich sinnvoll genutzt wird, liegt weniger an der Technologie selbst als an der Unternehmenskultur. Fehlende Leitlinien, unklare Kommunikation und Ängste bremsen das Potenzial der Tools. Unternehmen, die KI lediglich „laufen lassen“, ohne ihre Beschäftigten zu begleiten, riskieren nicht nur verpasste Produktivitätsgewinne, sondern auch Frust im Team. Dieser Ansicht ist auch Frank Hensgens, Geschäftsführer Indeed Deutschland:

Unsere Umfrage zeigt, dass die reine Verfügbarkeit von KI-Tools nicht automatisch zu den erwarteten Produktivitätssteigerungen führt. Das lässt sich besonders in Betrieben beobachten, in denen eine KI-Kultur fehlt und die Nutzung von Unsicherheiten bei den Mitarbeitern getrieben wird. Dort fehlt nicht nur ein kollegialer Wissensaustausch, es entsteht mitunter sogar ein stilles Konkurrenzverhältnis, das KI-Fortschritt eher verhindert als beschleunigt. Unternehmen müssen daher klarere Richtlinien im Umgang mit KI schaffen, Datenschutzbedenken adressieren und vor allem eine offene Kommunikationskultur etablieren.

Wer somit klare Regeln im Unternehmen etabliert, kann aus KI tatsächlich mehr machen als ein nettes Spielzeug. Denn erst dann wird aus ein paar eingesparten Stunden die Chance auf echte Innovation.


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