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Human Resources
Verpasste Chance: Wie deutsche Firmen beim Thema Diversität scheitern

Verpasste Chance: Wie deutsche Firmen beim Thema Diversität scheitern

Marié Detlefsen | 24.06.24

Eine neue Studie von Indeed zeigt alarmierende Lücken in den Inklusionsbemühungen deutscher Unternehmen. Erfahre, warum Deutschland im internationalen Vergleich zurückfällt, wo die größten Mängel liegen und mit welchen Maßnahmen die Diversität gefördert werden kann.

Inklusion und Vielfalt spielen eine immer wichtigere Rolle und das nicht nur allgemein in der Gesellschaft, sondern auch am Arbeitsplatz. Dort ist es wichtiger denn je, Diversität zu fördern und ein gutes Gemeinschaftsgefühl unter allen Angestellten herzustellen. Doch trotz zahlreicher Initiativen und Kampagnen zeigt eine aktuelle Umfrage von Indeed, dass die praktischen Bemühungen von Unternehmen in Deutschland in Sachen Diversität und Inklusion recht mager ausfallen. Die Studie wurde im Mai 2024 im Rahmen des 12. Diversity-Tages in Deutschland veröffentlicht und zeigt erhebliche Defizite. Laut der internationalen Vergleichsstudie mit über 16.671 Arbeitnehmer:innen aus elf Ländern bewerten nur rund ein Drittel der befragten Arbeitnehmer:innen in Deutschland die Anstrengungen ihrer Arbeitgeber:innen in diesem Bereich positiv. Wir zeigen dir, in welchen Bereichen es noch Verbesserungsbedarf gibt.

Nur 36 Prozent der Arbeitnehmer:innen nehmen Inklusionsbemühungen wahr

Die Ergebnisse fallen ernüchternd aus: Nur 36 Prozent der Befragten in Deutschland glauben, dass sich ihr:e Arbeitgeber:in aktiv für Vielfalt und Inklusion einsetzt. Besonders auffällig ist, dass lediglich 30 Prozent der Unternehmen hierzulande eine:n Gleichstellungsbeauftragte:n für Diversität und Inklusion beschäftigen und nur 26 Prozent Schulungen zu unbewussten Vorurteilen anbieten. Generell ergreifen nur 29 Prozent der Unternehmen Maßnahmen, um Vorurteile bei Einstellungen zu reduzieren und dem vorzubeugen.

Vergleicht man diese Zahlen nun mit internationalen Werten, wird der Nachholbedarf der Unternehmen in Deutschland deutlich: Weltweit nehmen im Durchschnitt 47 Prozent der Arbeitnehmer:innen Diversitäts- und Inklusionsbemühungen bei ihren Arbeitgeber:innen wahr, in Australien sogar 52 Prozent und in Indien beeindruckende 63 Prozent. Deutschland liegt damit auf den hinteren Plätzen. Hierzulande mangelt es Unternehmen vor allem an der praktischen Umsetzung von Diversitätsstrukturen, meint Frank Hensgens, Geschäftsführer von Indeed DACH:

Das ist ein Alarmsignal für die Arbeitgeber hierzulande – und hoffentlich ein Weckruf. Denn eine Unternehmenskultur, die Vielfalt und Integration aktiv fördert, ist nicht nur ein moralisches Gebot. Sie ist auch der Schlüssel für die Gewinnung neuen Personals und die Bindung der eigenen Belegschaft.

Diversität ist ein unverzichtbarer Aspekt bei jungen Bewerber:innen

Ein weiteres beunruhigendes Ergebnis der Studie ist die unterschiedliche Wahrnehmung von Führungskräften und Mitarbeitenden hinsichtlich der etablierten Vielfalt und Inklusion. Während 43 Prozent der Führungskräfte angeben, dass ihr Unternehmen gut aufgestellt ist, stimmen dem nur 31 Prozent der Angestellten zu. Diese Kluft könnte sich in Zukunft noch vergrößern, da 48 Prozent der Befragten glauben, dass die Bedeutung von Diversität und Inklusion in den nächsten fünf Jahren gleich bleiben und somit weiterhin eine große Rolle in der Arbeitswelt spielen wird.

Die Studie zeigt allerdings auch einen möglichen Erklärungsansatz für die geringen Inklusionsbemühungen seitens der Arbeitgeber:innen in Deutschland. So gaben 44 Prozent der Befragten in Deutschland an, Diversität für den Unternehmenserfolg als unwichtig zu erachten. Außerdem zwinge die aktuelle wirtschaftliche Lage viele Unternehmen zum Sparen, was oft zur Benachteiligung von Inklusionsmaßnahmen führe. Dennoch sind Investitionen in Personal und Vielfalt langfristig entscheidend für den Erfolg. Davor warnt auch Frank Hensgens:

Die Vernachlässigung einer konsequenten Politik zur Förderung von Vielfalt und Inklusion ist eine Katastrophe für das Recruiting. Denn abgesehen von der gesellschaftlichen Verantwortung der Wirtschaft achten besonders junge Menschen auf den Faktor der Diversität beim Arbeitgeber. Damit wird dieses Thema zu einem entscheidenden Instrument im Kampf um Fachkräfte. Angesichts des akuten Mangels an Talenten, der in den kommenden Jahren aufgrund des demografischen Wandels weiter zunehmen wird, können sich deutsche Unternehmen ihren Rückstand in Sachen Vielfalt und Inklusion nicht leisten.

Mit inklusiver Sprache, flexiblen Arbeitsmodellen und altersgerechten Angeboten für mehr Diversität

Doch wie können Unternehmen effektiv und mit einem geringen Kostenaufwand die Diversität im Unternehmen fördern? Künstliche Intelligenz scheint hier ausnahmsweise keine effiziente Lösung darzustellen. Zumindest sind die befragten Arbeitnehmer:innen skeptisch, was den Einsatz von KI zur Förderung von Diversität und Inklusion betrifft. Nur ein Viertel der Befragten glaubt, dass KI einen positiven Einfluss haben kann. In den USA und Australien liegt dieser Anteil mit 44 beziehungsweise 42 Prozent deutlich höher.

Dennoch gibt es auch andere Methoden, wie zum Beispiel die Verwendung einer inklusiven Sprache in Stellenanzeigen. Häufig wird angenommen, dass die Ergänzung „m/w/d“ ausreicht, um Personen aller Geschlechter anzusprechen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, geschlechtsneutral zu formulieren, ohne dabei auf das generische Maskulinum zurückzugreifen. Weiter können Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen, in familienfreundliche Angebote investieren oder die Arbeitsplätze alters- und behindertengerecht umgestalten. Diese Maßnahmen ermöglichen es, dass Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen eine Möglichkeit haben, diese mit dem Job zu vereinbaren. Außerdem wird so auch ein Umfeld geschaffen, in welchem Themen rund um Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion Raum finden, was wiederum zu einer größeren Akzeptanz führt. 


Denkt dein Unternehmen vielseitig genug über Diversität am Arbeitsplatz?

Denkt dein Unternehmen vielseitig genug über Diversität am Arbeitsplatz?
© Gemma Chua-Tran – Unsplash


Doch wie kann ein Unternehmen zu einem diversen Team kommen? Es erfordert eine Umstrukturierung des Rekrutierungsprozesses, wie zum Beispiel der Verzicht auf ein Bewerbungsfoto, welches das Aussehen als Einstellungskriterium verschwinden lässt. Während des Auswahlverfahrens kann zunehmend auf ein ausgeglichenes Verhältnis von Frauen, Männern und diversen Geschlechtern geachtet werden und bei exakt gleichen Qualifikationen können Bewerber:innen, die einer Minderheit angehören, bevorzugt werden. 

Die Ergebnisse der Indeed-Studie zeigen, dass es nicht reicht Diversität und Inklusion nur theoretisch zu befürworten. Die praktische Umsetzung muss folgen, um im internationalen Vergleich nicht den Anschluss zu verlieren und im Wettbewerb um die besten Talente bestehen zu können. Diversität und Inklusion sollten nicht allein als Kostenfaktor, sondern als Investition in die Zukunft betrachtet werden. Diversität vereint nämlich unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Fähigkeiten, die wiederum zu innovativen Ideen und besseren Entscheidungen führen können. Durch den regelmäßigen Dialog und den Austausch von Erfahrungen auf Plattformen und in Workshops entsteht ein Verständnis für diverse Sichtweisen und Bedürfnisse. Ein gutes Beispiel dafür ist die Implementierung von Mentoring-Programmen, die nicht nur den Wissensaustausch fördern, sondern auch den Aufbau eines unterstützenden Netzwerks ermöglichen. Durch die kontinuierliche und ganzheitliche Pflege von Diversität können Unternehmen nicht nur ihre Attraktivität als Arbeitgebende steigern, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft nachhaltig stärken.


Deutschland:

Noch weniger Frauen in Führungspositionen eingestellt

Nicht nur Diversität ist wenig in Deutschland vertreten: Noch weniger Frauen in Führungspositionen eingestellt
© LinkedIn Sales Solution – Unsplash

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