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Social Media Marketing
Deinfluencing auf TikTok: Was der neue Trend für Creator und Brands bedeutet

Deinfluencing auf TikTok: Was der neue Trend für Creator und Brands bedeutet

Ein Gastbeitrag von Jason Modemann | 21.03.23

Aktuell mischt ein neuer Trend die Social-Media-Plattform TikTok auf: Unter dem Hashtag #deinfluencing mit über 348 Millionen Views raten User ausdrücklich vom Kauf von Trendprodukten ab.

TikTok, Instagram und Co. sind ideale Werbeplattformen für Brands. Besonders, weil Influencer mit einem einzigen Post ihre Community dazu bewegen können, ein Produkt zu kaufen. Dank Hashtags wie #TikTokMadeMeBuyIt , #FoundItOnAmazon und #AmazonMustHaves sind Artikel oft wochenlang ausverkauft – der beste Beweis dafür, dass diese Marketing-Strategie funktioniert und die richtige Zielgruppe erreicht. Aktuell gehen auf der Plattform aber vor allem Videos viral, bei denen Produkte im Fokus stehen, die nicht überzeugen.

Deinfluencing auf Social Media: Abraten statt empfehlen

Die Rede ist von Deinfluencing, also dem Gegenteil des klassischen Influencings. Im Fokus des neuen Trends stehen vor allem Beauty- und Lifestyle-Produkte, die fast alle auf ihrer #ForYou Page sehen und angeblich unbedingt brauchen. Allerdings schwappt der Trend inzwischen auch auf andere Produktkategorien wie Bücher über. Statt Produkte in den Himmel zu loben und andere damit beeinflussen zu wollen, äußern sich Menschen in den Videos zum Hashtag #deinfluencing kritisch zu den Artikeln, die sie selbst – oft wegen einer Produktempfehlung auf der Plattform – gekauft haben. Neben enttäuschten Usern und bekannten Bloggern kommen auch Mediziner:innen und Verkäufer:innen zu Wort, die mit Mythen rund um gehypte Produkte aufräumen wollen.

Quelle: TikTok / @kates.diary

Innerhalb kürzester Zeit erobert der Hashtag #deinfluencing die Plattform im Sturm und erreicht bis heute (Stand 16. März 2023) mehr als 348 Millionen Aufrufe – Subkategorien wie #deinfluencingmakeup, #deinfluencingproducts oder #deinfluencingbooks kommen noch obendrauf.

Ein Grund dafür: Die Feeds der Social-Media-Nutzer:innen sind voll von Werbung, in denen andere ihnen Produkte empfehlen – viele User stumpfen ab und es ist wirklich schwer, mit einem Video für Aufmerksamkeit zu sorgen. Die Inhalte zum Deinfluencing schaffen aber genau das: Sie stechen aus der Masse heraus. Denn alles, was in irgendeiner Weise anders ist, bleibt Usern im Gedächtnis. Und durch die negativen Bewertungen sind die Deinfluencing-Videos automatisch anders.

Bewusster Konsum im Fokus der Viewer

Offenbar trifft #deinfluencing einen Nerv. Einerseits, weil sich der Wunsch nach bewusstem Konsum immer mehr in der Gesellschaft verankert. Andererseits verstärken Inflation und steigende Energiekosten den Wunsch der Konsument:innen, Geld nur für Produkte auszugeben, die sie auch wirklich brauchen und bei denen sie den Kauf am Ende nicht bereuen. Zumindest betonen viele Creator, dass ihre Intention der Deinfluencing-Videos genau das ist: ein Zeichen gegen den Überkonsum zu setzen, zum Nachdenken anzuregen und andere vor einem Fehlkauf zu bewahren.

Dass Deinfluencing dadurch eine Art Verbraucher:innenschutz werden könnte, ist allerdings nicht zu erwarten. Denn das Abraten von bestimmten Produkten sorgt für jede Menge Likes, Klicks und neue Follower – und für so ein bisschen Reichweite springen auch einige Content Creator auf den Trend auf, ohne wirklich den Geldbeutel ihrer Community schonen zu wollen. Denn viele roasten zuerst ein teures Hype-Produkt und präsentieren im Anschluss doch eine günstigere Alternative, die in ihren Augen viel besser ist. Selbst wenn dahinter nicht die Absicht steckt, ihre Follower erneut zu beeinflussen – mit dem Influencing im Deinfluencing wird der eigentliche Zweck definitiv verfehlt.

Hinzu kommt, dass Social-Media-Nutzer:innen ehrlichen und transparenten Content immer mehr bevorzugen und eine starke Abwehrhaltung gegenüber Influencern entwickeln, die Produkte bewerben, die sie eigentlich gar nicht gut finden oder selbst nicht nutzen. Das zeigt auch das Beispiel des „Mascara-Gates“: Anfang des Jahres präsentiert Mikayla Nogueira eine Mascara, mit der sie sich ihre Wow-Wimpern geschminkt haben will. Das Problem: In ihrem Video trägt sie offensichtlich Fake Lashes – die Community ist logischerweise entsetzt.

Deinfluencing ist Teil von Influencing 2.0

Im ersten Moment klingt es so, als könnte Deinfluencing das Ende des klassischen Influencer Marketings bedeuten. Dem ist aber nicht so! Vielmehr ergibt sich durch die Entwicklung eine neue Chance für Creator: Ehrliches Deinfluencing sorgt für Authentizität und Glaubwürdigkeit – wenn die Kritik an den Produkten konstruktiv und vor allem nicht allein subjektiv ist. Es geht also insbesondere um schädliche Inhaltsstoffe, die im Zuge einer Recherche ans Licht gekommen sind oder um Packagings, die viel mehr versprechen, als drin ist. Belegbare Fakten, redaktionelle Vorarbeit und Recherchen werden in diesem Zusammenhang immer wichtiger und verändern die Art und Weise, wie Kooperationen ausgewählt und Content erstellt wird.

Dass diese Strategie gut funktioniert, zeigt das der Creator @xskincare: Skincare Influencer Leon testet in seinen Social Media Posts verschiedene Marken- und Noname-Produkte, analysiert die Inhaltsstoffe ganz genau und hinterfragt den Hype – seine Community mit knapp 740.000 Followern liebt die ehrliche Art, mit der er Produkte bewertet und darüber hinaus informiert.

@xskincare #stitch mit @nikkietutorials de-influencing gehypte Hautpflege auf tik tok :) wichtig: wenn euch irgendwas gefällt, alles fein, dat is nur mein empfinden, kussi #hautpflege #skincare #foryou #fürdich #viral #fd #deinfluencing #viralproducts #genshinimpact ♬ Originalton – xskincare | Leon

Unterschätztes Potential: Brand Lovers

Negative Bewertungen und Produkt-Bashing… für Unternehmen mag es vielleicht verlockend klingen, eine Kooperation mit einem Deinfluencer einzugehen, um in einem Video die Konkurrenz schlecht zu machen und im Gegenzug das eigene Produkt als bessere Alternative vorzuschlagen. Letzten Endes schaden Brands und Creator dabei aber eher sich selbst. Denn ein gesponsertes Video muss auch beim Deinfluencing als Anzeige gekennzeichnet sein. Und gekaufte Kritik wirkt wenig glaubwürdig.

Stattdessen sollten Unternehmen ihren eigenen Trust steigern – mit Brand Lovers, die die eigenen Produkte ohnehin feiern. Ein Blick auf den organischen User Generated Content hilft, Fans zu identifizieren und im nächsten Schritt für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Denn UGC ist ohnehin ein erfolgreiches Tool im Marketing. Und wenn hinter den Creators dann auch noch Brand Lovers stecken, die einen Bezug zur Marke haben und auch ohne Bezahlung positiv über die Produkte berichtet haben – umso authentischer und besser!

Übrigens sollten Unternehmen viel eher versuchen, etwas Positives aus dem Deinfluencing zu ziehen: Ehrliches Feedback zu den eigenen Produkten bringt immer auch das Potential mit sich, etwas zu verbessern – quasi eine Art kostenlose Marktforschung. Als Unternehmen ist es daher wichtig, darauf zu achten, welche Bewertungen zum eigenen Produkt genannt werden. Häufen sich Kritikpunkte wie ein schlechtes oder unpraktisches Produktdesign, unangenehme Formulierungen oder keine umfassende Farbpalette, können Marken davon lernen und gegebenenfalls mit Änderungen entgegensteuern.

Der Deinfluencing-Trend ist definitiv ein Anzeichen dafür, dass sich das Influencer Marketing verändert – beziehungsweise weiterentwickelt. Gleichzeitig zeigt die Gegenbewegung auf, dass es auch für Brands an der Zeit ist, umzudenken. Transparenz und Authentizität sind für Brands noch wichtiger als zuvor. Denn leere Versprechen und falsche Produktbeschreibungen fliegen spätestens bei solchen Trends plötzlich auf.

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