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Expertenbeitrag: Behavioural Targeting funktioniert

Expertenbeitrag: Behavioural Targeting funktioniert

Ein Gastbeitrag von Kasper Skou | 27.03.12

Targeting-Experte Kasper Skou meint: Behavioural Targeting funktioniert – wenn man den menschlichen Faktor eliminiert

Seit den späten 90er Jahren hatte Behavioural Targeting mehr Comebacks als Tina Turner und das trotz einer unverrückbaren Tatsache: “Targeting has never created more value than it costs.” – Zitat einen VCs, mit dem ich kürzlich sprach.
Trotz der mittelmäßigen und unbeständigen Ergebnisse ist das Interesse an Behavioral Targeting unerschütterlich – ein sicheres Zeichen dafür, dass es weiterhin eine Nachfrage für das eigentliche Angebot gibt. In diesem Post möchte ich erläutern, warum Targeting meiner Meinung nach über ein Jahrzehnt nicht funktioniert hat und was wir tun können, um das Potential von Behavioural Targeting auszuschöfpen.

Behavioural Targeting hat ein komplexes Problem zu sehr vereinfacht

Die Mehrheit der Unternehmen, die sich auf Behavioural Targeting spezialisiert haben, arbeiten nach dem gleichen Ansatz: Ein oder mehrere Experten definieren ein Kategoriensystem, mit dem alle relevanten Themen und Interessen im Internet erfasst werden sollen. Sobald ein Nutzer eine Website besucht, wird dessen Inhalt – manuell oder automatisch – einer oder mehrerer dieser Kategorien zugeordnet. Der Besuch des Nutzers auf dieser Website wird dann in seinem Nutzerprofil als Kontakt mit der entsprechenden Kategorie zu einem bestimmten Zeitpunkt gespeichert.

Bei diesem Ansatz gibt es drei offensichtliche Probleme:

  • Er ist subjektiv – ein oder mehrere „Experten“ haben eine Kategoriensystem entwickelt und das Ergebnis daraus kann nur ein Blick durch ihre Brille auf die Welt sein.
  • Er ist statisch – das Kategoriensystem muss von Menschen gepflegt werden und sobald diese sich anderen Aufgaben als der Systempflege widmen ist es bereits veraltet, da sich die Realität weiterbewegt, das System aber nicht.
  • Er ist zerstört Informationen – durch die Einordnung in Kategorien wird die Gesamtheit des Internets auf einen kleinen Ausschnitt reduziert und all die Informationen über Bord geworfen, die nicht in das System passen, aber unter Umständen durchaus signifikant gewesen wären.

Um eine Zielgruppe zu bauen, werden verschiedene dieser Einzel-Kategorien mit „und“, „oder“ oder „nicht“ kombiniert. Damit der User einer Zielgruppe entspricht, muss er alle Kriterien dieser Kombination erfüllen. Die Zielgruppe für eine Werbekampagne, dessen Absicht es ist potentielle Käufer für eine Probefahrt für die neue 7er BMW-Serie zu begeistern, könnte somit lauten: In den letzten 30 Tagen hatte der Nutzer drei oder mehr Kontakte mit Seiten mit Automobil-Inhalten und zwei oder mehr Kontakte mit Finanz- und Wirtschafts-Inhalten.

Diese Form des Targetings basiert damit rein auf den Hypothesen derjenigen, die die Zielgruppen erstellen, und somit vollständig auf dem Prinzip „trial and error“. Tatsächlich werden gelegentlich fünf oder mehr Zielgruppen dieser Art definiert und parallel eingesetzt, um gleichzeitig fünf Hypothesen zu testen und daraus die passendste Zielgruppe zu finden.

Mit anderen Worten: Der Ansatz der letzten zehn Jahre, Profile und Zielgruppen zu definieren, stellt eine zu starke Vereinfachung einer sehr komplexen Herausforderung dar. Was wir brauchen ist ein neuer Ansatz, der die aufgeführten Schwächen eliminiert.

Nutzerverhalten richtig in Targeting integrieren

Um die Probleme des alten Ansatzes zu verringern sollte im ersten Schritt die subjektive Kategorisierung durch ein automatisch lernendes System ersetzt werden, welches wirklich in der Lage ist, die Informationen auf einer betrachteten Internet-Seite zu extrahieren (ich benutze Gregory Batesons Definition von Information: „a difference that makes a difference“, ein Unterschied der wirklich einen Unterschied macht.

Eine Möglichkeit das zu tun ist den Inhalt einer Seite semantisch zu analysieren und somit die signifikanten Begriffe und Phrasen zu bestimmen, welche diese Seite vom ’Hintergrundrauschen’ aller anderen analysierten Seiten unterscheidet. Diese Begriffe und Phrasen beinhalten jene Informationen, die wirklich signifikante Unterschiede ausmachen. Kommt ein Nutzer nun in Kontakt mit einer Seite, wird sein Profil nicht durch ein oder zwei vordefinierte Kategorien ergänzt, sondern durch alle relevanten Begriffe und Phrasen von dieser Seite plus andere aussagekräftige Merkmale dieses Kontaktes. (Uhrzeit, Ort/URL, Browser etc.)

Wie löst dieser Ansatz nun die Probleme der traditionellen Herangehensweise der Nutzerprofilierung?

  1. Er ist objektiv – es gibt kein von Menschen geschaffenes Kategoriensystem mehr. Tatsächlich sind Menschen zu keinem Zeitpunkt daran beteiligt die Informationen, die eine Website unterscheidet, herauszufinden.
  2. Er ist dynamisch – jede semantisch analysierte Internetseite führt zu einer Neukallibrierung des Modells, welches die Signifikanz von verschiedenen Begriffen und Phrasen bestimmt.
  3. Er konserviert Informationen – anstatt die Internetseite sofort auf ein oder zwei Kategorien zu reduzieren und damit in ein vordefiniertes Schema zu pressen, extrahiert dieser Ansatz alle Informationen (im Sinne von Batesons Definition) auf der Seite, um Zielgruppen zu erstellen.

Dieser Ansatz produziert innerhalb eines Monats Hunderte von Milliarden an Dateneinheiten. Die Herausforderung besteht darin, diese riesige Masse an Informationen auf eine einfache und praktische Art händelbar zu machen. Die Lösung ist ein empirischer Ansatz zur Zielgruppenerstellung, der die simple Frage stellt: Was willst du erreichen?

Lass die Daten sprechen – ein kleines Beispiel

Stell Dir vor: Du arbeitest für BMW und versuchst Menschen davon zu überzeugen einen Wagen aus der neuen 5er-Serie Probe zu fahren – genau das ist dein Marketingziel. Du wirst dann ein Tracking-Pixel auf der BMW-Internetseite, welche sagt: “Danke für die Anmeldung zu einer Probefahrt mit einem unserer neuen 5er-BMWs!” einbauen und somit eine Stichprobe der Nutzer generieren, die tatsächlich eine Probefahrt vereinbart haben. Nachdem Du eine aussagekräftige Stichprobe hast, generiert das Model zur Zielgruppenerstellung automatisch eine statistische Auswertung. Diese beschreibt, was diejenigen Nutzer, die die Probefahrt vereinbart haben, von den Nutzern unterscheidet, die das nicht getan haben.

Die Informationen, die daraus resultieren, sind vielfältig und die Datenmenge ist groß. Dennoch besteht die Notwendigkeit all diese Informationen zu sammeln, da wir im Voraus nicht wissen welche Informationen wichtig sind, um die Nutzer, die eine Probefahrt vereinbaren, von denen zu unterscheiden, die dies nicht tun – der automatisierte Prozess zur Zielgruppenerstellung wird das für uns entscheiden. Fangen wir damit an die Internetseiten, die der Nutzer aufgerufen hat, in subjektiv definierte Kategorien zu ordnen, zerstören wir mit hoher Wahrscheinlichkeit die Charakteristika der Profile derjenigen Nutzer, die eine Probefahrt vereinbaren und schlussendlich vielleicht einen 5er BMW kaufen. Somit verlieren wir das Wissen, was diesen Nutzer vom Rest der Bevölkerung unterscheidet.

Sie können auch einfach männlich sein, zwischen 20 und 29 Jahren alt, mit hohem Einkommen und Interesse an Extremsportarten. Der Ansatz ist immer der Gleiche und beruht auf einer Stichprobe von Nutzern, die tatsächlich einer Zielgruppe angehören, so wie man sie beispielsweise aus online Registrierungsdaten und Nutzungsverhalten generiert. Daraus werden individuelle Modelle geschaffen, um die „statistischen Zwillinge“ zu den echten 20 bis 29 Jahre alten Männern mit wirklichem hohen Einkommen und echtem Interesse an Extremsportarten zu identifizieren. Damit funktioniert dieser neue Ansatz sowohl für Branding-, als auch Performance-orientierte Werbung.

Der richtige Nutzer am richtigen Ort zur richtigen Zeit

Es dreht sich alles um den Nutzer, aber dieser zeigt ein unterschiedliches Verhalten an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeitpunkten. Wir kennen das von uns selbst; wir reagieren unterschiedlich auf verschiedene Inhalte (Sites, Channels, URLs) zu variierenden Zeitpunkten und sind somit jeweils mehr oder weniger empfänglich für Werbung. Der empirische Ansatz zur Zielgruppenerstellung hat den Vorteil, dass er diese zusätzlichen Variablen berücksichtigen kann. Kommt ein Nutzer in Kontakt mit einer Werbefläche in einem bestimmten Format auf einer bestimmten Internetadresse zu einem bestimmten Zeitpunkt, können diese zusätzlichen Parameter mit einbezogen werden, um in Echtzeit zu kalkulieren mit welcher Wahrscheinlichkeit dieser Nutzer zu einer vorher definierten Zielgruppe gehört.

Ein allgemeiner Ansatz für Targeting mit einer Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten

Worum geht es nun bei diesem neuen Ansatz für Behavioural Targeting? Eigentlich ist das recht simpel: Indem man ein lernendes System benutzt, welches alle Informationen sammelt die auf den Seiten die die Internetnutzer konsumieren enthalten sind, wird es mittels empirischer Zielgruppenerstellung möglich die richtigen Nutzer am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu finden. Die generische Herangehensweise, die diesem Ansatz zugrunde liegt, bietet eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten in vielen Bereichen des Ökosystems der Online Advertising Technologien.

Kasper Skou ist übrigens auch als Panelteilnehmer auf der d3con Data Driven Display Advertising Conference vertreten. Wer mehr zum Thema hören und den Autor dieses Artikels live sehen will, kann sich hier noch schnell anmelden. Die Konferenz finden am Freitag, 30.03.2012 in Hamburg statt:

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