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Mobile Marketing
Das Smartphone hört doch mit: Medienhaus warb mit Active Listening Ads

Das Smartphone hört doch mit: Medienhaus warb mit Active Listening Ads

Niklas Lewanczik | 03.09.24

Ein großer Medienkonzern, mit dem Amazon, Facebook und Co. kooperieren, hat Ads mit Targeting basierend auf Gesprächen nahe Mobile-Mikrofonen beworben. Das zeigt ein Leak jetzt im Detail und wirft Fragen auf.

Da spricht man gerade noch ausführlich über ein Thema und einige Zeit später tauchen passend zu diesem Ads auf dem Smartphone auf. Die Annahme, dass Mikrofone in unseren Mobilgeräten auch dazu genutzt werden, um relevante Targeting-Daten zu generieren, ist weit verbreitet. Der Reiz der Datensammlung für überaus personalisierte Werbung ist groß. Gleichwohl kann man die Ads mit dem spezifischen Targeting oft damit abtun, dass man ohnehin zum Thema bereits auf dem eigenen Gerät eine Website besucht oder Präferenzen mitgeteilt hat.

Allerdings zeigt ein geleaktes Pitch Deck für Active Listening Ad Targeting jetzt auf, dass Werbung basierend auf Gesprächen in Smartphone-Nähe keine fixe Idee ist. Der Medienkonzern Cox Media Group (CMG) soll diesen Service angeboten haben und hat dabei auch auf die Kooperationen mit großen Plattformen wie Facebook, Google, Amazon und Bing verwiesen. Nach der ersten Berichterstattung durch 404 Media im Dezember 2023 erfolgten ersten Konsequenzen.

AI involviert: Leak zeigt, wie mit Abgehörtem Ad Targeting betrieben wird

Nachdem 404 Media von dem inzwischen eingestellten Werbeprogramm auf Basis abgehörter Gespräche berichtet hatte, entfernte Google CMG aus dem eigenen Partner Program. Nach Informationen des Publishers hat Facebook seither eine Review eingeführt und Amazon hat angegeben, nicht mit diesem Programm von CMG zu arbeiten. In einem Pitch Deck des Konzerns – zu dem diverse Radiostationen und TV-Sender gehören – werden Google, Amazon und Facebook als Kooperationsunternehmen angeführt; diese sagten aber, nicht auf die Predictive Audience Technology des Konzerns zuzugreifen. Diese sollte für CMG Daten aus der gesprochenen Konversation ziehen, die User in der Nähe von Mikrofonen der Smartphones, Laptops und anderer Geräte haben. Basierend auf diesen Daten erfolgte mithilfe von AI eine Evaluation der Targeting-Optionen. Und Brands, die mit CMG zusammenarbeiten, konnten ihre Produkte entsprechend bewerben.

Obwohl seit der ersten Berichterstattung einige Zeit vergangen ist, gibt es jetzt brisante Einblicke. 404 Media liegt ein Pitch Deck Leak vor, der die Vorteile des Active Listening aufzeigt. Daraus geht allerdings nicht hervor, ob nur zugehört wurde, wenn das Mikrofon aktiviert war, oder ständig. Da die Sprachdaten mit Verhaltensdaten, etwa dem Suchen nach bestimmten Themen oder Besuchen spezifischer Websites, kombiniert wurden, ist es für User schwer zu ermitteln, ob ihnen Ads basierend auf Gesagtem oder ihren Online-Handlungen angezeigt wurden.

Active Listening über Smartphone und Co. – legale Praktik?

Ob es in Europa legal wäre, mit abgehörten Daten zu werben, ist fraglich. Oftmals bewegt sich das Active Listening in den USA jedoch im Rahmen des Legalen, da die Praktik bei vielen Ads in den AGB inkludiert ist. In Europa sind die Datenschutzgesetze bekanntlich strenger – ohne die ausdrückliche Zustimmung, womöglich gar per Opt-in, könnte solch eine Praktik als unlauter eingestuft werden. Auch Meta durfte in Europa die Zustimmung zu den allgemeinen Richtlinien nicht als Grundlage dafür nutzen, User-Daten für das KI-Training zu miteinzubeziehen. CMG hat sich gegenüber anderen Publishern nach dem Leak noch nicht geäußert. Dieses dürfte einerseits die Seriosität des CMG-Konzerns zur Debatte stellen und jene um das Zuhören von Smartphones aufs Neue entfachen. Auf die Frage, ob Meta Unterhaltungen für Werbezwecke mithören würde, erklärt der Social-Media-Konzern beispielsweise:

Nein. Wir wissen, dass Werbeanzeigen manchmal so passend sein können, dass es scheint, als würden wir deine Gespräche über dein Mikrofon mit anhören. Das ist aber nicht der Fall. Wir nutzen dein Mikrofon nur, falls du uns die Berechtigung dazu erteilst und wenn du aktiv eine Funktion verwendest, für die das Mikrofon benötigt wird.

Solltest du dir mehr Kontrolle darüber wünschen, wie wir anhand deiner Informationen Werbeanzeigen für dich auswählen, kannst du an mehreren Stellen Anpassungen vornehmen. In deinen Werbepräferenzen findest du Einstellungen für spezifische Arten von Werbeanzeigen, oder du siehst deine Informationen ein und entfernst alles, was wir nicht einbeziehen sollen.

Die Pitch Deck Insights kannst du im Beitrag von Joseph Cox auf der Seite von 404 Media finden. Dieses könnte nur ein Beispiel für diverse Werbemechanismen sein, die auf Listening-Praktiken basieren. Es wäre nicht das erste Mal, dass Daten in einem legalen Graubereich genutzt werden, um möglichst effektives Targeting zu betreiben.


Kommentare aus der Community

Thomas H. am 09.09.2024 um 10:19 Uhr

Verstößt das nicht gegen irgendein Gesetz, wo es um Privatsphäre oder sowas geht? Denen gehört jedenfalls mit der vollen Härte des Gesetzes dreingefahren.

Antworten
Niklas Lewanczik am 09.09.2024 um 11:12 Uhr

Hallo Thomas,

sollte so eine Praktik tatsächlich eingesetzt werden (in diesem Fall soll das Modell nicht mehr aktiv sein und es handelte sich bei den Insights ja nur um das Pitch Deck), wäre das unter EU-Datenschutzregelungen sicherlich nicht zulässig. In den USA könnte das aber anders aussehen; man argumentiert gern damit, dass mit dem Zustimmen der AGB auch darin enthaltenen Zusagen (etwa für die Mikrofonnutzung) zugestimmt wird. Das liegt womöglich in einem rechtlichen Graubereich. In der EU bedarf es in der Regel für so spezifische Nutzungen von Daten eine klare Consent-Vorgabe, das sehen wir auch im Kontext der Nutzung (oder Nicht-Nutzung) von Daten für das KI-Training auf Plattformen und in Apps (vgl. beispielsweise: https://onlinemarketing.de/technologie/meta-ki-training-eu).

Liebe Grüße

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