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Unternehmenskultur
Mobbing und toxischer Führungsstil: Opfer belohnen das missbräuchliche Verhalten ihrer Vorgesetzten

Mobbing und toxischer Führungsstil: Opfer belohnen das missbräuchliche Verhalten ihrer Vorgesetzten

Michelle Winner | 03.03.21

Eine aktuelle Studie zeigt, dass viele Angestellte Mobbing durch Führungskräfte über sich ergehen lassen. Grund hierfür ist eine falsche Einschätzung der Beziehung zu den Vorgesetzten.

Mobbing durch die Vorgesetzten wird von den Angestellten belohnt: Das belegt eine Studie der Kühne Logistics University (KLU). Das erschreckende Ergebnis zeigt, dass verbal und psychisch missbrauchte Mitarbeiter:innen sich nur selten wehren, da sie die Schuld bei sich selbst sehen. Stattdessen reagieren sie handzahm auf das Verhalten der Führungskräfte. In der Studie werden die Gründe für dieses toxische Arbeitsverhältnis erläutern und Wege aufgezeigt, dagegen vorzugehen.

Abusive Supervision: Die Opfer werden von Schuldgefühlen geplagt

Die Studie der KLU basiert auf einem Online-Experiment mit 200 Teilnehmer:innen sowie einer Tagebuchstudie mit 275 Personen. Bei Letzterer mussten zu zehn Arbeitstagen jeweils zwei Tagebucheinträge verfasst werden. Die Ergebnisse hinsichtlich des Begriff Abusive Supervision, zu deutsch missbräuchlicher Führung, sind erschreckend. Professor Christian Tröster, einer der Studienautoren und Associate Professor für Führung und Verhalten in Organisationen, erläutert:

Angenommen, Ihre Führungskraft ignoriert Ihre Emails, schreit Sie an oder macht Witze auf Ihre Kosten. Was würden Sie tun? Wahrscheinlich würden Sie ihr nicht dabei helfen, ihre nächste Präsentation zu erstellen. Doch genau das ist häufig der Fall, wie unsere Studie mit insgesamt 475 Teilnehmenden zeigt.

Doch wieso wehren sich die Opfer von Mobbing durch die Führungskraft nicht? Schuld ist eine falsche Einschätzung der Beziehung zu den Vorgesetzten. Sind Arbeitnehmer:innen davon überzeugt, ein gutes Verhältnis zur Führungsebene zu haben, geben sie sich selbst die Schuld am emotionalen und psychologischen Missbrauch. Aufgrund dieser Schuldgefühle sind sie wiederum eher dazu bereit, den Anweisungen von oben Folge zu leisten und geben keine Widerworte. Die Studienautoren betonen an dieser Stelle, dass dieses Ergebnis im Widerspruch zu der allgemeinen Theorie steht, dass Mobbing die Leistungsbereitschaft von Mitarbeiter:innen senkt. Der entscheidende Faktor ist also tatsächlich, die Einschätzung der Angestellten zum Verhältnis zur Führungskraft.

Missbräuchliche Führung ist ein großes Problem für Mitarbeitende und Unternehmen. In der konkreten Arbeitssituation ist sie aber oft schwer zu erkennen. Als Führungskraft kann die Wahrnehmung sein: Ich arbeite gut, effektiv und mein Team mag mich. So entsteht ein gefährlicher Kreislauf missbräuchlicher Führung,

erklärt Professor Dr. Niels Van Quaquebeke, Studienautor und Professor für Leadership und Verhalten in Organisationen. In der Studie wird zudem erläutert, dass Unternehmen häufig Warnsignale für missbräuchliche Führung übersehen, denn sie beurteilen Führungskräfte häufig nur noch Effizienz und Erfolgen des Teams. Diese Blindheit für das soziale Klima im Unternehmen hat folgende Konsequenzen:

  • Psychische Probleme bei Mitarbeiter:innen
  • Häufigere Krankschreibungen und Fehlzeiten
  • Rechtliche Schritte gegen das Unternehmen

Toxische Führung ist keine Seltenheit

In einer Untersuchung der Universitäten Bielefeld, Düsseldorf und Trier und der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin wurde festgestellt, dass in 85 Prozent der Unternehmen in Deutschland toxisches Führungsverhalten vorkommt, in jedem fünften wird sogar von einem „äußerst giftigen Führungsklima“ gesprochen. Doch was kann gegen missbräuchliche Führung getan werden? Die Studienautoren empfehlen Unternehmen, Führungskräfte nicht allein nach der Leistung des Teams zu beurteilen. Stattdessen sollten Mitarbeiter:innen die Chance bekommen, ihre Vorgesetzten zu bewerten und diese Bewertungen sollten bei jeder Beförderung mit in Betracht genommen wurden. Der Fokus sollte auf einem respektvollen Umgang mit den Angestellten liegen.

Den Opfern von Mobbing durch Vorgesetzte empfehlen die Autoren sich Grenzen zu setzen. Persönliche Grenzen, die von einer Führungskraft nicht überschritten werden dürfen. Passiert das doch, sollte das Gespräch gesucht werden, denn laut der Studie sind sich die Führungskräfte oft nicht einmal bewusst, dass ihr Verhalten verletzend ist. Ist die Situation jedoch zu angespannt für einen Dialog, können weitere Schritte gegangen werden: So sind die Personalabteilung und andere höhere Instanzen im Unternehmen eine Anlaufstelle. Gegebenenfalls kann es auch helfen, sich mit anderen Opfern zusammenzutun und das Problem so zu verdeutlichen. Sollte das alles nichts bringen, können auch rechtliche Schritte eingeleitet werden – hier ist es jedoch wichtig, alle Fälle von Mobbing genau zu dokumentieren und im besten Fall Zeugen parat zu haben.

Es ist unabdingbar, dass Mobbing als Problem ernst genommen und dagegen vorgegangen wird. Geschieht das nicht, hat das nicht nur negative Folgen für Ruf und Produktivität des Unternehmens, sondern auch für die Opfer. Burnout und Depressionen sind häufige Folgen des emotionalen und psychischen Missbrauch. Daher sollte Mobbing keine Chance gegeben werden.

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