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Unternehmenskultur
Amazon feuert Mitarbeiter nach Kritik an mangelnden Schutzmaßnahmen gegen Corona

Amazon feuert Mitarbeiter nach Kritik an mangelnden Schutzmaßnahmen gegen Corona

Michelle Winner | 15.04.20

Die Lagerarbeiter sollen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sein. Das Unternehmen pocht aber auf seine Richtlinien und will interne Kritiker verstummen lassen.

Amazon soll es schon wieder getan haben: Zwei Mitarbeiterinnen sollen gefeuert worden sein, nachdem sie sich kritisch zu den Arbeitsbedingungen zu Zeiten der Coronakrise geäußert haben. Während das Unternehmen dies bestreitet, prangern die betroffenen Ex-Angestellten die Verhaltensweise Amazons an – und damit sind sie nicht allein. Denn seit Beginn der Verbreitung des Coronavirus wurden noch andere Arbeiter entlassen.

Amazon bestreitet die Vorwürfe

Emily Cunningham und Maren Costa, beide waren tätig in der Abteilung für User Experience Design, sind nach der Verbreitung einer Petition innerhalb des Unternehmens gefeuert worden. In der Petition sprachen die beiden Frauen die prekären Hygienebedingungen für Lagerarbeiter während der Coronakrise an. Die Schutzmaßnahmen Amazons würden nicht ausreichen und es bestände ein erhöhtes Infektionsrisiko für die Angestellten. Kurz nach der Verbreitung der Petition wurden beide Mitarbeiterinnen entlassen. In einem Statement betont Costa:

I don’t regret standing up with my co-workers. This is about human lives, and the future of humanity. In this crisis, we must stand up for what we believe in, have hope, and demand from our corporations and employers a basic decency that’s been lacking in this crisis.

Eine Sprecherin von Amazon bestätigte die Entlassung von Cunningham und Costa. Grund dafür sei die wiederholte Verletzung interner Richtlinien gewesen. Diese verbieten es Amazon-Mitarbeitern, sich ohne Stellungnahme des Unternehmens und die Erlaubnis von Führungskräften öffentlich über das Unternehmen zu äußern. Laut der Sprecherin werde das Recht von Angestellten, sich kritisch über die Arbeitsbedingungen zu äußern, unterstützt. Jedoch müsse die Kritik mit den internen Richtlinien konform gehen. Bei dieser Erläuterung stellt sich die Frage, inwieweit Amazon tatsächlich die freie Meinungsäußerung seiner Mitarbeiter unterstützt. Die Existenz solch strikter Richtlinien hat jedenfalls den faden Beigeschmack von etwas wie Zensur.

Mitarbeiterinnen sind mehrfach negativ aufgefallen

Doch Cunningham und Costa wurden nicht erst durch Corona aktiv, sondern bereits seit der anhaltenden Klimakrise. Während ihrer Zusammenarbeit mit der Gruppe „Amazon Employees for Climate Justice“ erhielten die beiden Mitarbeiterinnen wiederholte Warnungen, weil sie sich kritisch über die Klimabilanz des Unternehmens äußerten. Abgesehen davon, schrieben sie gemeinsam mit der Gruppe einen offenen Brief über Amazons mangelnde Reaktion auf die Klimakrise, der von 8.700 Mitarbeitern unterschrieben wurde. Außerdem organisierten sie einen Streik, an dem über 3.000 Angestellte teilnahmen. An dieser Stelle sei anzumerken, dass die entlassenen Mitarbeiterinnen, trotz der Kritik an manchen Vorgehensweisen des Unternehmens, mehrere Jahre für Amazon tätig waren – Costa mehr als fünf Jahre, Cunningham sogar 15 Jahre. Erstgenannte zweifelt an Amazons Vorgehen gegen interne Kritiker:

Why is Amazon so scared of workers talking with each other? No company should punish their employees for showing concern for one another, especially during a pandemic.

Die Gruppe „Amazon Employees for Climate Justice“ hat als Reaktion auf die Entlassung von Cunningham und Costa weitere Kritik am Vorgehen des Unternehmens geäußert. Vor kurzem war ein virtuelles Event geplant, bei dem sowohl Lagerarbeiter als auch Büroangestellte sich digital hätten treffen können. Die Lagerarbeiter hätten hier die Chance bekommen, sich über die Arbeitsbedingungen während der Coronakrise zu äußern. Doch obwohl tausende Mitarbeiter die Einladung bereits angenommen hatten, wurden plötzlich alle Ankündigungen und Mails bezüglich des Events gelöscht. Die Gruppe wirft dem Unternehmen vor, man wolle den Kontakt zwischen den beiden Arbeitergruppen vermeiden. Amazon selbst wollte sich zu den Vorwürfen rund um das Event nicht äußern.

Amazon feuert weitere kritische Mitarbeiter

Bereits im März wurde Chris Smalls gefeuert, nachdem er sich kritisch über das erhöhte Infektionsrisiko in einem Amazon-Lager auf Staten Island, New York, äußerte. In dieser Woche wurde Bashir Mohamed entlassen, der sich ebenfalls über mangelnde Corona-Schutzmaßnahmen beschwerte. Beiden Mitarbeitern wird von Seiten Amazons vorgeworfen, sie hätten sich nicht an die Physical-Distancing-Richtlinien am Arbeitsplatz gehalten. Laut einer weiteren Sprecherin würde das Unternehmen kein gefährdendes Verhalten seitens der Angestellten dulden, auch wenn man deren Recht auf Protest und Kritik unterstütze. Cunningham stellt die Ansicht des Unternehmens in Frage:

We are in the middle of both the climate crisis and a global pandemic. This is the time to deeply care about one another. We have to do all that we can to support workers on the frontlines, now more than ever.

Schlussendlich steht in den hier beschriebenen Fällen Aussage gegen Aussage. Haben die Mitarbeiter tatsächlich gegen Richtlinien verstoßen, ist eine Entlassung natürlich legitim. Gleichzeitig sollte dabei infrage gestellt werden, welchen Zweck die internen Richtlinien zur Meinungsäußerung verfolgen, wo Amazon doch mehrfach betont, man unterstütze das Recht der Mitarbeiter auf Kritik. Vermutlich will das Unternehmen sich vor haltlosen Beschuldigungen schützen, doch dafür gibt es sicherlich bessere Wege als die scheinbare „Vorzensur“ und Überwachung von Meinungsäußerungen. Und vielleicht sollten die Vorwürfe der Mitarbeiter ernst genommen werden, gerade in der momentanen Situation. Durch die Einschränkungen im Einzelhandel in einigen Teilen der Welt wird viel online bestellt. Gerade deshalb sollten die Mitarbeiter in den Lagern von Amazon fair behandelt und vor allen Dingen ausreichend vor einer Infektion mit Covid-19 geschützt werden.

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