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Digitalisierung
KI und Automatisierung – Showstopper oder Gamechanger für Fachkräfte?

KI und Automatisierung – Showstopper oder Gamechanger für Fachkräfte?

Ein Gastbeitrag von Christophe Zwaenepoel | 04.05.23

Während sich die einen über kreative Impulse von Chatbots freuen und neugierig auf die Entwicklungen im Bereich der neuen Technologien blicken, fragen sich andere, was die Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz und Automatisierung für ihren Arbeitsplatz und ihre Branche bedeuten. Alles eine Frage der Perspektive? Fest steht: Automatisierung wird die Arbeitswelt grundlegend verändern – die Frage ist, wie offen wir an dieses Thema herangehen und den Wandel für uns nutzen.

Von einem Computer-Programm, das den lästigen Deutschaufsatz einfach selbst schreibt, haben sicher Generationen von Schüler:innen geträumt. Im Jahr 2023 ist dieser Traum endlich wahr geworden: Rund zehn Prozent der Kinder an weiterführenden Schulen in Deutschland holen sich bei den Hausaufgaben Unterstützung von ChatGPT. Ein halbes Jahr nach seiner Markteinführung hat der viel diskutierte Chatbot in deutschen Klassenzimmern längst Fuß gefasst. Doch 57 Prozent der Eltern bewerten diese Entwicklung kritisch – und erkennen darin eine Gefahr, was beispielsweise den Bereich Datenschutz angeht.

Diese Daten, die eine Studie der Vodafone Stiftung Deutschland im April 2023 präsentiert hat, zeigen vor allem eines: Hier wächst eine Generation heran, die von Kindesbeinen an lernt, Technologie in ihrem Sinne zu nutzen – während eine andere zum Teil skeptisch auf die damit verbundenen Möglichkeiten blickt. Diese unterschiedlichen Herangehensweisen finden sich auch in der Arbeitswelt wieder, wo sich zahlreiche Berufsbilder durch die digitale Transformation grundlegend verändern. Sowohl Fachkräfte als auch Unternehmen müssen den jeweils richtigen Umgang damit finden und definieren, welche Möglichkeiten sie für sich am besten nutzen können.

Neue Berufsbilder, neue Anforderungen

Vor allem im MINT-Bereich hat die Digitalisierung gänzlich neue Stellenprofile hervorgebracht. Als Architekt:innen der digitalen Transformation helfen KI-Spezialist:innen, Data Scientists oder Cybersecurity-Expert:innen Unternehmen, die nötige Infrastruktur aufzubauen und am Laufen zu halten. SEO-Spezialist:innen, Performance Marketing Manager oder Social-Media-Berater:innen adressieren neue Marktpotenziale innerhalb digitalisierter Geschäftsumfelder und etablieren sich dabei ebenfalls als eigenständige Berufsbilder. Insofern eröffnet der technologische Fortschritt neue Chancen für den Arbeitsmarkt und für individuelle Karrierewege.

Gleichzeitig gibt es aber auch Bedenken: Vor allem die jüngsten Entwicklungsfortschritte im Bereich generative KI nähren die Sorge, die Technologie könne einige Job-Profile schleichend obsolet machen. Denn während sich Automatisierung lange primär im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe vollzog, stößt sie nun erstmals tiefer in die Gefilde menschlicher Wissensarbeiter:innen vor – und übernimmt teils Tätigkeiten im Bereich eben jener Berufsbilder, die gerade erst durch die Digitalisierung entstanden sind.

Automatisierung wertet menschliche Arbeit auf

Doch blickt man auf Industriezweige, in denen die Automatisierung von Arbeitsprozessen schon lange Standard ist, so zeigen sich deutlich positive Entwicklungen: Im Maschinen- und Anlagenbau zum Beispiel tragen Robotik und KI vielfach dazu bei, repetitive Routineaufgaben schneller und effizienter zu erledigen, als es dem Menschen möglich wäre – während diesem mehr Zeit für anspruchsvollere Tätigkeiten zur Verfügung steht, etwa für die Weiterentwicklung der Geschäftsstrategie oder neuer Geschäftsmodelle. Ergonomisch ungünstige Abläufe oder risikobehaftete Aufgaben werden automatisiert, während der Mensch steuernde und koordinative Tätigkeiten übernimmt. Derweil verschiebt sich der Fokus seiner Arbeit hin zu Bereichen mit höherer Wertschöpfung. Ausdruck findet diese Entwicklung etwa in der Wertigkeit, die dem Label „handgemacht“ innewohnt. Auch der Umstand, dass handwerkliche Tätigkeiten nach wie vor menschliches Hoheitsgebiet sind, zeugt davon, dass Technologie dem Menschen in diesem Kontext bis auf Weiteres nicht den Rang ablaufen wird. Vielmehr stellt sie eine Unterstützung dar.

KI als Unterstützung begreifen

Dies gilt auch für IT-Berufe, in denen KI-basierte Tools praktische Hilfestellung geben können. So gibt es mittlerweile KI-Assistenzen, die in der Lage sind, Code zu ergänzen, zu erstellen oder mit eigenen Code-Vorschlägen auf menschliche Sprache zu reagieren. Andere Lösungen erhöhen die Code-Qualität, indem sie ihn von überflüssigen Anweisungen oder Duplikaten säubern oder Verbesserungen vorschlagen. Und auch Dokumentationsaufgaben im Rahmen der Software-Entwicklung lassen sich mithilfe von KI automatisieren. Lösungen wie diese helfen Entwickler:innen-Teams, effizienter zu arbeiten.

Auch in Querschnittsbereichen wie Management, HR oder Marketing können KI-Anwendungen entlasten. Potenzial bieten klassischerweise vor allem regelbasierte Aufgaben mit hohem Standardisierungsgrad, die große Sorgfalt erfordern. So können KI-gestützte Anwendungen zum Beispiel bei Recherchetätigkeiten unterstützen, große Datenmengen zuverlässig nach vorab definierten Kriterien filtern und Informationen in der gewünschten Form zusammenstellen. Auch andere administrative Tätigkeiten wie Reportings, Freigabeprozesse oder Dokumentationen lassen sich auf diese Weise oft effizienter und präziser erledigen, als es ein Mensch je könnte. Mit den Fortschritten generativer KI lassen sich nun auch kreativere Aufgaben in der Texterstellung automatisieren und zum Beispiel in Form von Chatbots häufig gestellte Fragen automatisiert beantworten – was die Reaktionszeiten verkürzt und die Zufriedenheit unter Kund:innen oder Bewerber:innen erhöht. Gerade im War for Talents ist hohe Responsivität der entscheidende Wettbewerbsfaktor, denn die umkämpften Talente springen häufig bereits in der Recruiting-Phase wieder ab, wenn sie zu lange auf Antworten warten müssen.

Die Verantwortung trägt immer der Mensch

Wir sehen: KI ist in der Lage, Fachkräften den Rücken freizuhalten, und ermöglicht es ihnen, sich anspruchsvolleren, strategischen Aufgaben zu widmen. Doch egal, um welche Anwendung es geht: Es braucht einen Menschen, der der Anwendung sagt, was sie zu tun hat – und die Ergebnisse der Aufgabe abschließend prüft. Denn die Grenzen der KI liegen freilich da, wo menschliches Urteilsvermögen gefragt ist. Entsprechend können Algorithmen auch keine moralischen Bewertungen anstellen, da sie nicht in der Lage sind, die gesamte Realität eines Menschen zu erfassen.

Das gilt auch für zwischenmenschliche Beziehungen und Stimmungsbilder. Entsprechend bleiben Soft Skills wie Empathie und emotionale Intelligenz spezifisch menschliche Eigenschaften, die sich technologisch vielleicht ein Stück weit imitieren, aber nicht ersetzen lassen. Und auch wenn KI-gestützte Lösungen Menschen bei der Entscheidungsfindung unterstützen, bleibt es Aufgabe des Menschen, die finalen Entscheidungen zu treffen und dafür Verantwortung zu übernehmen. Die Komplexität der menschlichen Umwelt und die zwischenmenschliche Interaktion lassen sich technologisch schlicht nicht abbilden. So kann KI zwar in vielen Prozessen unterstützen, doch den Menschen gänzlich ersetzen wird sie, Stand heute, nicht.

Den Fortschritt willkommen heißen

Die Voraussetzung, um Technologie im Rahmen ihrer Möglichkeiten sinnvoll nutzen zu können, ist zum einen die Kompetenz, die entsprechenden Anwendungen zu bedienen. Zum anderen braucht es die grundsätzliche Bereitschaft, sich überhaupt darauf einzulassen. Lebenslanges Lernen lautet hier das Stichwort. Speziell in Deutschland ist der Blick auf neue Technologien oft erst einmal ein skeptischer, wie die Bedenken der Elterngeneration in der eingangs zitierten Studie unterstreichen.

In Bereichen wie Cybersecurity oder auch Datenschutz mag eine grundsätzliche Vorsicht auch angebracht sein. Doch sie sollte uns nicht ausbremsen, wenn es darum geht, technologische Innovation in unserem Sinne zu nutzen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind Lösungen gefragt, die uns helfen, Arbeit schneller und effizienter zu erledigen. KI-basierte Anwendungen können hier ein Gamechanger sein – wenn wir uns darauf einlassen und den Fortschritt willkommen heißen. Freuen wir uns, dass KI die Fleißarbeit übernimmt, denn wenn dem Menschen dadurch mehr Raum für kreatives und strategisches Denken bleibt, ist dies für alle ein Gewinn.

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