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Büroalltag
Die am schlechtesten bezahlten Berufe in Deutschland: Hier verdienen Angestellte zu wenig

Die am schlechtesten bezahlten Berufe in Deutschland: Hier verdienen Angestellte zu wenig

Michelle Winner | 02.06.22

Neben den Top-Gehältern in Deutschland sollten auch immer die am schlechtesten bezahlten Jobs betrachtet werden. Wieso verdient man hier so wenig und helfen Mindestlohn und Co. gegen die Gehaltsschere?

Das Gehalt gilt in manchen Kreisen noch als Tabuthema und trotzdem löst es eine große Neugier in den Menschen aus. Viele wollen wissen, wo man am besten verdient und was die Durchschnittsgehälter in Deutschland sind. Doch so interessant die Top-Gehälter auch sind: Es ist wichtig ebenso einen Blick auf die am schlechtesten bezahlten Jobs zu werfen, diese zu hinterfragen und soziale sowie politische Probleme zu erkennen. Deshalb zeigen wir euch die sieben Berufe mit den niedrigsten Durchschnittsgehältern.

Wo verdient man am wenigsten?

Bewertungsplattform kununu analysiert regelmäßig die von Usern angegebenen Gehälter und erstellt anhand dessen ein Ranking zu den höchsten und niedrigsten Durchschnittsgehältern in Deutschland. Die sieben schlecht bezahltesten Jobs anhand der Bruttojahresgehälter, sind laut kununu die folgenden:

  1. Küchenhilfe – 19.700 Euro
  2. Tankstellenmitarbeiter:in – 20.000 Euro
  3. Bäckerei-Konditorei-Verkäufer:in – 20.100 Euro
  4. Taxifahrer:in – 20.200 Euro
  5. Raumpflegefachkraft – 20.300 Euro
  6. Friseur:in – 20.800 Euro
  7. Kassierer:in – 20.900 Euro

Bei den angegebenen Gehältern handelt es sich um Durchschnittswerte, heißt, es gibt Personen in diesen Berufen, die mehr, aber auch noch weniger verdienen. Es fällt direkt auf, dass es sich bei allen Berufsgruppen um systemrelevante Jobs handelt oder solche, die unseren Alltag und Lebensstil angenehmer gestalten. Was wäre beispielsweise ein Restaurantbesuch ohne die Unterstützung von Küchenhilfen hinter den Kulissen? Was, wenn wir nicht tanken oder einkaufen könnten, oft noch bis spät in die Nacht hinein? Und was ist mit den kleinen Freuden, wie einem neuen Haarschnitt oder einem leckeren Stück Kuchen zum Geburtstag? Die Frage lautet also: Ist es gerecht, dass Berufsgruppen, die so wichtig oder bedeutend für unseren Alltag sind, so wenig verdienen?

Diese Frage ist nicht in ein bis zwei Sätzen zu beantworten und eine moralisch-philosophische Diskussion unseres Gesellschaftssystems würde an dieser Stelle zu weit führen. Worauf wir uns aber vermutlich einigen können, ist, dass 1.600 Euro Bruttogehalt (oder weniger) im Monat nicht viel Geld sind. Davon gehen natürlich noch Sozialabgaben und Steuern ab. Und nun bedenken wir noch die oft hohen Mietpreise, Kosten für Auto oder Nahverkehr und die allgemeinen Lebenshaltungskosten – am Ende bleibt für viele Menschen in diesen Berufen nicht viel übrig. Hinzu kommt, dass von diesen Gehältern oft nicht nur eine einzelne Person leben muss, sondern eine ganze Familie.

Welche Lösungen gibt es gegen niedrige Gehälter?

Natürlich lässt sich auch nicht pauschal sagen, wie viel Geld ein Mensch zum Leben braucht. Diese Frage muss jede Person individuell für sich selbst beantworten anhand des Lebensstils, den sie führen möchte. Es sollte aber in jedem Fall genug sein, um die Grundbedürfnisse, wie ein Dach über dem Kopf, ausreichend Essen und soziale Bedürfnisse, sicherzustellen. Eine Methode dies zu erreichen ist der gesetzliche Mindestlohn. Dieser soll schon bald auf 12 Euro pro Stunde steigen, was einfach gerechnet bei einer 40-Stunden-Woche ein Jahresbruttogehalt von 23.040 Euro ergibt. Das ist schon mal weit mehr als alle im Ranking aufgelisteten Gehälter. Abzuwarten bleibt, ob die Erhöhung wirklich wie geplant kommt, welche Ausnahmeregelungen es eventuell gibt und ob damit die erhofften Vorteile kommen.

Eine weitere Methode ist ein bedingungsloses Grundeinkommen, also ein steuerfreier Geldbetrag, den alle Bürger:innen monatlich bekommen – unabhängig von ihrer Arbeit. Das Grundeinkommen soll eine Sicherheit für Selbstständige darstellen, dabei helfen, dass mehr Menschen den Job wählen, den sie auch wirklich machen wollen, und auch Personen im Niedriglohnsegment unterstützen. Sozialhilfen wie Arbeitslosengeld und Hartz IV würden dafür wegfallen. Das größte Problem dieser Idee ist ihre Umsetzung. Dennoch gab es bereits Tests zu dem Modell – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Respekt als Anfang

Auch Preiserhöhungen von Dienstleistungen und Produkten wurden schon als Lösung gegen zu niedrige Gehälter erwägt. Doch hier gibt es gleich zwei Probleme: Erstens, sind viele Kund:innen nicht bereit dazu, für bestimmte Dienste oder Produkte mehr zu zahlen. Zweitens, ist es fraglich, ob ein Unternehmen die durch Preiserhöhungen gestiegenen Einnahmen wirklich zugunsten der Angestellten nutzt und deren Gehälter erhöht.

Ein Weg aus dem Gehaltsdilemma lässt sich nicht in ein paar Zeilen finden. Dafür ist das Problem zu politisch und gesellschaftlich. Doch gerade der Mindestlohn ist ein guter Ansatz, um zumindest einigen Beschäftigten unter die Arme zu greifen und ihre Arbeit mehr zu würdigen. Ein anderer Schritt ist einer, den wir alle machen können: Den Arbeiter:innen in schlecht bezahlten Berufen Respekt entgegenbringen. Natürlich ändert das nichts am Gehalt der Betroffenen. Aber wir sollten lernen, bestimmte Berufe nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Anstatt also unseren Frust darüber, dass nur eine Kasse geöffnet ist, bei der Person am Kassenband abzulassen, sollten wir ihn runterschlucken und unserem Gegenüber mit Freundlichkeit begegnen. Es ist kein weltbewegender Schritt, aber zumindest einer, der Respekt zeigt.


Dieser Artikel erschien erstmals am 17. Februar 2022.

Kommentare aus der Community

Bürger am 19.02.2023 um 08:49 Uhr

Da fehlt noch die Medien-Branche. Die meisten der eh schon wenigen Job-Angebote sind größtenteils no budget oder auch als Praktikum ausgeschrieben. Wenn die Praktikumszeit vorüber ist, dürfen die „alten“ Praktikanten gehen und neue kommen. Das ist die armseligste Branche auf dem ganzen Planeten. Nur sehr wenige können davon teils gut leben, die schon seit vielen Jahren bei den namhaften Firmen dieser Branche arbeiten. Diese Branche ist schon seit zig Jahren tot. Dennoch wird weiterhin an den Universitäten und anderen Institutionen fleißig ausgebildet und Studienplätze zur Verfügung gestellt, sei es im Bereich Grafik-Design, Sound Design, Musikkomposition, Musikproduktion, Audio Engineering / Tontechnik und Audio- / Film-Postproduktion, obwohl es auf dem Arbeitsmarkt schon seit zig Jahren noch nicht mal ansatzweise so viel Bedarf an neuen Arbeitsplätzen gibt. Also in dieser Branche gibt es definitiv keinen Fachkräftemangel! Zugleich wird in manchen Bereichen die Qualität der Azubis immer schlechter, so dass wenn mal eine Stelle frei wird, weil jemand in Rente geht, keine adäquate Nachfolge kommt und leider sind die meisten dieser Unternehmen nicht bereit oder nicht in der Lage, ihre neuen Mitarbeiter heranzuziehen, welche sie gern haben möchten.

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Alfred am 03.06.2022 um 09:00 Uhr

Der Blickwinkel ist OK, aber … in mindestens vier dieser Jobs (Tankstelle,
Bäckerei-Konditorei-Verkäufer, Taxifahrer und Friseur) macht das Trinkgeld einen wesentlichen Bestandteil des Verdienstes aus. Und das ist der eigentliche Skandal, dass freiwillige Leistungen der Kunden notwendig sind (und bewusst von den Arbeitgebern einkalkuliert werden), um von der Arbeit leben zu können.

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Nicnac am 14.08.2022 um 16:51 Uhr

Ich gebe oft und gerne Trinkgeld, aber wenn ich am Tresen mein Benzin oder mein Brot bezahle, bin ich wirklich noch nie auf die Idee gekommen, einen Extratipp dazulassen. Ist für mich das Gleiche wie beim Kassierer an der Supermarktkasse. Wo siehst du da den Unterschied?

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Schell Alexander am 02.06.2022 um 22:16 Uhr

Sehr guter Artikel, der einmal die Perspektive wechselt und sich mit den schlecht bezahlten Jobs beschäftigt: informativ, kritisch und sogar zum Nachdenken! Weiter so!

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