Facebook hatte in den vergangenen Wochen mit zahlreichen Vorwürfen zu kämpfen. Besonders schwer ins Gewicht fiel dabei der Vorwurf, der Social-Konzern wüsste von den toxischen Auswirkungen, die Instagram vor allen Dingen auf Teenager habe. Trotzdem würde Facebook diesen Umstand ignorieren – für mehr Profit. Grundlage dieser Anschuldigungen sind interne Dokumente, die dem Wall Street Journal (WSJ) für die sogenannten Facebook Files von einer Whistleblowerin zugespielt wurden.

Jetzt ist bekannt, wer die geheime Quelle des WSJ ist: Frances Haugen. Die Product Managerin arbeitete rund zweieinhalb Jahre für Facebook und war hauptsächlich mit der Aufgabe betreut, Manipulationen während politischer Wahlen abzuwenden. Schnell sei ihr aufgefallen, dass ihr Team nicht die nötigen Kapazitäten hatte, um diese Mammutaufgabe zu bewältigen. In dem US-amerikanischen TV-Format „60 Minutes“ erklärt Haugen:
The thing I saw at Facebook over and over again was there were conflicts of interest between what was good for the public and what was good for Facebook. And Facebook, over and over again, chose to optimize for its own interests, like making more money.
Weiter sagt die 37-Jährige, die laut ihres LinkedIn-Profils bereits bei Pinterest, Yelp und Google tätigt war:
I’ve seen a bunch of social networks and it was substantially worse at Facebook than anything I’d seen before.
Whistleblowerin soll sich vor dem US-Kongress Fragen zu den Facebook Files stellen
Die Whistleblowerin erklärt, dass sie die internen Dokumente an das WSJ weitergegeben habe, um den bei Facebook herrschenden Missstand zu ändern. Sie erklärt, dass für Social-Media-Konzerne neue Anreize – nicht ausschließlich der Umsatz – geschaffen werden müssen. In einem Tweet schreibt sie:
Together we can create social media that brings out the best in us. We solve problems together – we don’t solve them alone.
— Frances Haugen (@FrancesHaugen_) October 4, 2021
In einer öffentlichen Stellungnahme heißt es daher, dass sie nicht daran glaube, dass eine Zerschlagung Facebooks das Problem lösen würde. Die Öffentlichkeit müsse über das System hinter den Plattformen aufgeklärt und der grundlegende Algorithmus geändert werden. Erst dann könnten Social Media Apps wieder sozial werden. Die Stellungnahme soll am Donnerstag (07.10.2021) durch eine Anhörung vor dem US-Kongress ergänzt werden. Haugen bot bereits an, mit offiziellen Stellen in Nordamerika und Europa zusammenzuarbeiten, um eine Lösung zu finden.
Facebook weist Vorwürfe zurück – Haugen beantragt Staatsschutz
Facebook äußerte sich derweil ebenfalls zu den Enthüllungen. Nachdem der Social-Konzern bereits versuchte, die eigens durchgeführte Studie zu den toxischen Auswirkungen Instagrams auf das Körperbild von Teenagern zu relativeren, folgte nun ein größer gefasstes Statement. Die Facebook-Sprecherin Lena Pietsch sagte gegenüber CBS News:
Every day our teams have to balance protecting the right of billions of people to express themselves openly with the need to keep our platform a safe and positive place. We continue to make significant improvements to tackle the spread of misinformation and harmful content. To suggest we encourage bad content and do nothing is just not true.
Das heißt, Facebook würde nicht ausschließlich profitorientiert handeln. Ein Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und der Einschränkung von Hate Speech zu halten, sei laut Pietsch einfach schwierig. Dass ein Konzern von dieser Größe sich nicht im Stande sieht, diese Aufgabe zu bewältigen, wirft allerdings Fragen auf.
Frances Haugen hat mittlerweile bei den US-Behörden offiziell Schutz als Whistleblowerin beantragt.
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