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Digitalpolitik
„99%“: Googles Suchmaschine für China müsste 1 von 100 Suchanfragen zensieren
Googles Sundar Pichai, Screenshot YouTube, © Google Developers

„99%“: Googles Suchmaschine für China müsste 1 von 100 Suchanfragen zensieren

Niklas Lewanczik | 16.10.18

Googles mögliche Rückkehr nach China sorgt für Kritik. Jetzt äußert sich CEO Sundar Pichai und meint, Google erforsche die Möglichkeit einer zensierten App.

In China operiert Google seit acht langen Jahren nicht mehr; aus Protest gegen die Zensur und den Eingriff der Regierung in die Privatsphäre der Nutzer. Vor zwei Monaten kursierten Berichte, nach denen das Unternehmen eine Rückkehr in den Markt plane; und zwar mit Hilfe einer Search App – die allerdings bestimmten Zensurvorgaben unterliegen würde. Jetzt gibt Sundar Pichai an, dass man die Möglichkeit tatsächlich auslote.

Projekt Dragonfly? Ein wichtiger Markt will nicht aufgegeben werden

Das Projekt zu einer Search App in China – mit dem möglichen Namen Dragonfly – wurde von Sundar Pichai auf einer Konferenz mehr oder weniger bestätigt. Dabei gab der CEO Googles nach Informationen der BBC an, man wolle testen, wie Google sich in China wieder positionieren könne.

We wanted to learn what it would look like if Google were in China, so that’s what we built internally.

Ob Google tatsächlich mit dieser Search App auf den chinesischen Markt zurückehren wird, ließ er jedoch unbeantwortet. Stattdessen betonte Pichai, dass dieser Markt mit seiner riesigen Anzahl an Usern und stetig wachsenden Relevanz schlichtweg nicht zu vernachlässigen sei.

It’s very early, we don’t know whether we would or could do this in China but we felt like it was important for us to explore. I think it’s important for us given how important the market is and how many users there are.

Man habe intern die Version der Suchmaschine getestet und festgestellt, dass gut 99 Prozent aller Suchanfragen bedient werden könnten. Allerdings bedeutet das auch, dass etwa ein Prozent aller Anfragen unzulässig ist; was bei der Masse an Suchen über Google immens ist.

Googles Projekt wird konkreter

Wurde vor Wochen noch über Googles Projekt spekuliert, hat Sundar Pichai nun klare Hinweise gegeben. Der Plan existiert, auch wenn er keinen Anspruch auf eine Durchführung erhebt. Allerdings scheint es schwer vorstellbar, dass Google ein solch groß angelegtes Experiment ohne konkrete Markteintrittsszenarien initiiert. Für diesen Markteintritt in China bräuchte man im Übrigen noch die Bestätigung durch die chinesische Regierung.

Außerdem ist es aus wirtschaftlicher Sicht für Google ebenso problematisch den lukrativen chinesischen Markt weiter zu vernachlässigen. Dieser Punkt könnte die zensierte Search App schneller zum Launch bringen, als vielen Gegnern lieb ist. Immerhin formiert sich ein Widerstand gegen das Vorhaben. US-Vizepräsident Mike Pence erklärt, man würde die „Communist Party censorship“ stärken und „the privacy of Chinese customers“ beeinträchtigen. Tatsächlich stünde eine Search App, die Millionen von Suchanfragen wegen krasser Zensur nicht bedient, nicht im Einklang mit Googles eigenen Grundsätzen:

Informationen werden über alle Grenzen hinweg benötigt.

Unsere Nutzer vertrauen auf die Objektivität von Google, und kein kurzfristiger Nutzen könnte es jemals rechtfertigen, dieses Vertrauen zu brechen.

Jetzt steckt Google in einer Zwickmühle. Entweder gibt man einen unheimlich großen wirtschaftlichen Markt mit seinen Potentialen auf, was rein ökonomisch betrachtet fahrlässig erscheint; oder man untergräbt die Integrität der eigenen ethischen Werte über die Landesgrenzen hinweg, was für die eigene Reputation von großer Bedeutung sein wird. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Die Aussagen Sundar Pichais deuten aber darauf hin, dass Googles erneutes Engagement eher eine Frage des wann als des falls ist. Die Welt darf gespannt sein, wie man die zensierte Search App den Nutzern dann verkauft. Viele würden wohl hinter den Worten einen Profitgedanken heraushören.

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