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Affiliate Marketing
Was bedeutet die Elefantenhochzeit von Awin und affilinet für die Branche?

Was bedeutet die Elefantenhochzeit von Awin und affilinet für die Branche?

Ein Gastbeitrag von Valentina Piol | 15.08.17

United Internet und der Axel-Springer-Konzern verschmelzen ihre beiden Affiliate-Netzwerke affilinet und Awin zum größten Anbieter in Europa. Valentina Piol von metapeople denkt über die Folgen für den Markt nach.

In den letzten Jahren ging es in der Affiliate Marketing-Landschaft relativ ruhig zu. Doch 2017 ist das Jahr der großen Veränderungen. Der letzte Paukenschlag kam vor wenigen Tagen: United Internet und der Axel-Springer-Konzern verschmelzen ihre beiden Affiliate-Netzwerke affilinet und Awin zum größten Anbieter in Europa. Ein Börsengang des neuen Mega-Netzwerks, mit kumuliert 717 Millionen Euro Umsatz (auf Basis der Zahlen von 2016), knapp 10.000 Werbekunden und 150.000 Publishern weltweit, ist natürlich auch schon anvisiert. Immerhin: Der Name Awin, an den wir uns nach dem Zusammenschluss von zanox und Affiliate Window unter dem Springer-Dach im März 2017 gerade erst gewöhnt haben, bleibt bestehen.

Winken die Kartellbehörden den Deal durch?

Was bedeutet diese Elefantenhochzeit für die Werbetreibenden? Wenn das Bundeskartellamt nicht im letzten Moment Einspruch erhebt, wird affilinet längerfristig als eigene Marke verschwinden und Teil der Awin-Plattform werden. Neben dem neuen Giganten bleiben in Deutschland dann nur noch einige kleinere Affiliate-Netzwerke wie Digistore24, Superclix, Adcell oder belboon sowie spezialisierte Nischenanbieter wie etwa FinanceAds übrig. Hinzu kommen internationale Anbieter wie Tradedoubler, CJ Affiliate by Conversant, Tradetracker, Webgains oder auch das aufstrebende Rakuten-Marketing-Netzwerk.

Laut dem iBusiness-Ranking der Affiliate-Netzwerke 2016 würde Awin mit über 88.000 aktiven Publishern und knapp 3.500 Merchants in Deutschland deutlich vor Tradedoubler, Digistore24 und TradeTracker auf den Folgeplätzen rangieren. Auch in Westeuropa wäre die Marktmacht des neuen Giganten nahezu erdrückend. Positiv ist sicher, dass das Thema Affiliate mit dem Merger wieder größere Aufmerksamkeit bekommt. Das Segment Vermarktungsangebote, zu dem bei Springer dieses Geschäft gehört, hat im ersten Halbjahr 2017 seinen Umsatz um 8,1 Prozent gesteigert.

Das zeigt: Affiliate-Marketing lebt. Aber bekanntlich fördert Wettbewerb das Geschäft. Und der wird durch das neue Quasi-Monopol erheblich gestört. Daher ist es derzeit zumindest fraglich, ob die Kartellbehörden den Deal ohne Auflagen durchwinken. Denn das neue Netzwerk könnte Konditionen für Publisher und Advertiser nach Belieben diktieren und auch deren Marktzugang als mächtiger Gatekeeper behindern. Beispiele dafür gibt es in der Branche, in der auch bisher nur relativ wenige Player tätig sind, genügend.

Technische Innovationen sind angekündigt

Das neue Netzwerk weiß in Zukunft auch noch genauer, was seine Partner wirklich verdienen und was die Advertiser ausgeben. Außerdem entfällt der Exklusivitätsvorteil, weil keine wirkliche Auswahl mehr am Markt vorhanden ist. Die kleineren Player, die derzeit noch aktiv sind, ermöglichen keine wirklichen Sanktionen mehr – wie sie bisher im Wettbewerb von Awin und affilinet genutzt werden konnten. Deshalb ist die Forderung nach absoluter Neutralität und einem unreglementierten Zugang zu dem neuen Supernetzwerk unerlässlich.

Ob die Fusion tatsächlich – wie es in der Ankündigung heißt – „die Attraktivität von Affiliate-Marketing steigern“ wird, bleibt abzuwarten. Denn mit dem Zukauf von affilinet werden keine neuen Märkte für Awin erschlossen, da die regionalen Aktivitäten bisher schon weitestgehend deckungsgleich sind.

Immerhin verspricht das neue Netzwerk aber, künftig stärker strategische Themen wie Cross Device- und In-App-Tracking in den Vordergrund zu stellen oder neue Wege beim Influencer Marketing und im Bereich des Mobile Advertising zu gehen. Auch technische Neuerungen auf der Awin-Plattform – so die erste Ankündigung – seien durch die Bündelung der Entwicklungskapazitäten auf ein gemeinsames Ziel hin zu erwarten.

Die fand in den öffentlichen Netzwerken allerdings in den letzten Jahren, trotz stärkerem Wettbewerb, ohnehin nur sehr schleppend statt und stagniert schon länger. Durch die vielen Zukäufe des Springer-Konzerns – und dabei ist sicherlich noch nicht das Ende der Fahnenstange weltweit erreicht – verringert sich hier eher der Druck auf Awin.

Denn es gibt immer weniger große Konkurrenten, die es durch ausgereiftere Technologien und ständige Innovation zu übertrumpfen gilt. Ohnehin stellt sich die Frage nach der strategischen Ausrichtung von Awin, die in den letzten Jahren stark – mit den Zukäufen von Affiliate Window in Großbritannien, ShareASale in den USA und M4N in den Niederlanden – in Richtung Internationalisierung ging. Wenn über das neue Netzwerk aber mehr Länder besser abgedeckt werden, ist dies auf jeden Fall für global agierende Werbekunden von Vorteil.

Die Bedeutung der privaten Netzwerke wird wachsen

Um die Abhängigkeit von einem öffentlichen Netzwerk mit Monopolcharakter zu verhindern, könnten sich die Advertiser in Zukunft verstärkt auf Private Netzwerke orientieren. Das würde auch in technologischer Hinsicht einen Push bringen, da die privaten Plattform-Anbieter zumindest in Teilbereichen schon über ausgereiftere Technologien verfügen und sich damit als alternatives Gegengewicht positionieren. Vielleicht kommt es hier auch zu Fusionen oder es entwickeln sich andere, derzeit noch kleinere, Netzwerke als Alternative. Schließlich könnten auch neue Anbieter Lücken und Chancen für sich in dem sich konsolidierenden Markt entdecken.

Doch noch ist es zu früh, hier seriöse Aussagen zu treffen. Denn gerade sind viele Fragen für Publisher, Advertiser und Agenturen offen. Was passiert mit Programmen, die aktuell in beiden Netzwerken laufen? Bleibt es auch künftig bei zwei Standorten – Berlin und München – in Deutschland und den weiteren überlappenden Märkten von affilinet und Awin? Wie läuft die Migration auf die einheitliche Plattform ab? Fallen dabei womöglich einige der aktuellen affilinet-Features weg? Was passiert bei unterschiedlichen Konditionen? Wieviel Aufwand entsteht für Advertiser und Partner? Welche Auswirkungen hat der Merger auf Service, Support und Beratung? Gerade für kleinere Advertiser eine wichtige Frage. Etwa wenn in Zukunft dafür extra Kosten anfallen sollten. In den FAQs auf der AWIN-Website gibt es zu einigen dieser Fragen schon erste Antworten. Aber die dauerhafte Entwicklung ist derzeit noch offen.

Neben der offenen Entscheidung der Kartellbehörden steht auch noch im Raum, wie Rakuten, Tradedoubler und CJ Affiliate by Conversant auf den neuen Herausforderer aus Berlin reagieren. Gibt es womöglich einen Gegenschlag? Und wie schnell geht die Integration vonstatten? Denn das Springer-Netzwerk ist längst nicht final etabliert. In Deutschland spukt der Name Zanox immer noch in allen Köpfen herum. Wenn wir uns anschauen, dass die praktische Umsetzung des Mergers von Affiliate Window und Zanox acht Jahre gedauert hat, darf man auf den konkreten Zeitplan für den nächsten Schritt gespannt sein. Die kommenden Monate oder auch Jahre werden auf jeden Fall für das Affiliate Marketing weltweit sehr interessant.

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