Die von Facebook veröffentlichten Werbeprinzipien sind in sich nichts Neues. Sie stellen vielmehr einen Abriss über die hehren Ziele des Advertising auf Facebook dar. Dabei darf man sich fragen, inwieweit hier Erklärung und Rechtfertigung verschmelzen.
Werbeprinzipien als Prävention?
Der Vizepräsident der Ad Produkte bei Facebook, Rob Goldman, stellt im Facebook Newsroom klar, wie die Prinzipien des Unternehmens zur Werbung aussehen. Bei Schlagwörtern wie Transparenz, kein Verkauf von Daten usw. bleibt sicherlich auch die Frage nach dem Kontext dieser Ausführungen. Denn immerhin sah und sieht sich Facebook aufgrund seiner – überaus erfolgreichen – Werbepolitik immer wieder in der Kritik. Ob es sich dabei um die die US-Präsidentschaftswahl 2016 womöglich beeinflussenden Ads aus Russland handelt oder um das Versäumnis, diskriminierenden Ads effektiv vorzubeugen: die Medien sehen in Facebook mitunter ein einflussreiches wie gefährliches Potential.
Nun ist das Soziale Netzwerk mit seinen etwa 2,1 Milliarden monatlich aktiven Nutzern ungemein relevant. Das zeigt sich ebenso bei der Beliebtheit des Messengers, der 1,3 Milliarden aktive Nutzer aufweist. Für diesen testet man derzeit ein Feature, das eventuell Massenwerbung von Advertisern darin ermöglichen wird.
All dies sind Gründe, weshalb sich Facebook medienwirksam in Sachen Werbepolitik positioniert. Damit wird nicht nur gezeigt, wie gehandelt wird und welche Vorgaben an Ads gegeben werden, sondern auch eine künftiger Kritik vorgelagerte Argumentation mitgeliefert. Dabei wird ein hochgestecktes Ziel angestrebt:
Our goal is to show ads that are as relevant and useful as the other content you see.
Die folgenden Aspekte werden dazu näher beleuchtet:
- die Menschen stehen an erster Stelle
- Userdaten werden nicht verkauft
- Kontrolle über Ads, die du siehst
- Transparenz des Advertising
- sicheres und anständiges Advertising ohne Diskriminierung und Spaltung
- Advertising sollte große und kleine Unternehmen fördern können
- stetige Optimierung des Advertising
Relevanz steht über dem Gewinn, theoretisch
Der erste Satz in Goldmans Erklärung ist essentiell. Er beschreibt, dass die Werbung Grundlage für ein kostenloses Facebook ist. Dennoch ergänzt er stark:
But ads shouldn’t be a tax on your experience.
Demnach sollen die Ads anderen Posts, die User sehen, in der Relevanz nicht nachstehen. Ob das tatsächlich immer so funktioniert, müssen die User für sich entscheiden; doch das Werbebild bei Facebook ist durchaus angepasst. Nach Goldman steht an erster Stelle der Mensch, weshalb das Auktionssystem für die Ads priorisiert, ob die Anzeige für dich relevant ist, nicht ob sie am meisten Geld einbringt.
Eure Daten werden nicht verkauft
Namen, E-Mail-Adressen, Posts, Telefonnummern etc. werden nicht verkauft. Das Werbesystem Facebooks basiert auf Privatsphäre, so Goldman, wobei relevante Ads ausgespielt werden, ohne, dass der Advertiser weiß, wer du bist.
Allerdings hat Facebook selbst ein Rieseninventar an Daten. Zu all dem, was du ohnehin angibst, mehren sich nun die Meldungen, dass einige User sich mit einem Bild von sich einloggen mussten, um ihre Aktivitäten als nicht von Bots generierte zu bestätigen. Auch im Kampf gegen Revenge Porn hat Facebook um (Nackt)Bilder und ähnliches gebeten, die auf der Plattform gegen Veröffentlichung von anderer Seite gesperrt werden könnten. Zwar löscht Facebook diese Bilder unmittelbar nach Begutachtung wieder. Dennoch bleibt das mulmige Gefühl, dass das Unternehmen etwas zu viel von dir weiß.
Du hast Kontrolle über die Ads, die du siehst
Du kannst Ads, die dir nicht gefallen, verbergen. Dazu musst du nur in die rechte obere Ecke einer Werbeanzeige klicken und die entsprechende Option nutzen. Darüber hinaus kannst du die Frage „Warum sehe ich das?“ anklicken, die dir deine Werbepräferenzen anzeigt. Diese kannst du aber selbst bearbeiten, um noch relevantere Ads angezeigt zu bekommen. Aber: je besser die Ads auf dich abgestimmt sind, desto mehr hast du womöglich der Plattform von dir verraten.
Advertising sollte transparent sein
Für User sollte nach Goldman ohne Weiteres ersichtlich sein, wer die Ads schaltet und welche weiteren Anzeigen dieser Werber verbreitet. Daher arbeitet man bei Facebook auch an einem Feature, um diese Transparenz zu fördern. Damit können User die Ads besser nachverfolgen; und Advertiser werden an den Qualitätsanspruch ihrer Werbung gemahnt.
Zudem muss Advertising sicher und anständig bleiben, sollte nicht diskriminieren oder spalten
Der große Vorwurf an Facebook ist häufig, dass das Advertising bestimmte Personengruppen verletzt oder zumindest unangemessen daherkommt. Zuweilen wird ebenfalls davon ausgegangen, dass bestimmte Ads bewusst die Bevölkerung spalten, um etwa politische Ziele durchzusetzen.
Allerdings zeigt Facebook seine Gemeinschaftsstandards, die helfen sollen, dass Hatespeech und Co. eingedämmt werden. Bei der Werbung auf der Plattform gelten zum einen relativ strenge Richtlinien – darin heißt es etwa:
11. Reißerischer ContentWerbeanzeigen dürfen keinen schockierenden, sensationsheischenden, respektlosen oder übermäßig Gewalt darstellenden Content enthalten.
14. Kontroverse InhalteWerbeanzeigen dürfen keinen Content aufweisen, der kontroverse politische oder soziale Themen für kommerzielle Zwecke ausnutzt.
We may not always get it right, but our goal is to prevent and remove content that violates our policies without censoring public discourse.
Auch kleine Unternehmen sollen von Advertising auf Facebook profitieren
Die Aussage zu diesem Punkt ist in Goldmans Erklärung recht simpel. Solange die Gemeinschaftsstandards eingehalten werden, sollte jedes Unternehmen, wie groß oder klein spielt keine Rolle, mit den gleichen Tools und Voraussetzungen bei Facebook werben können. Für sie alle sollte theoretisch die Möglichkeit bestehen, eine relevante Zielgruppe beim Sozialen Netzwerk zu erreichen.
An dieser Stelle sei angemerkt, dass Facebook diesbezüglich tatsächlich recht demokratisch wirkt. Auch wenn die Ads teurer werden. Die Kosten pro Ad sind im dritten Quartal 2017 um 35 Prozent gestiegen. Wichtig wird für Facebook jedoch sein, bei der Ermöglichung von Werbung jedes Unternehmens zu prüfen, inwieweit diese Werbung gegebenenfalls eben doch Exklusion aufweist, die politisch relevant sein kann. The Verges Nick Statt berichtete von solchen Ads. Das ist in der Tat ein großes Unterfangen, aber eins, das immer wieder neuer Beachtung bedarf.
Das Advertising bei Facebook wird stetig überholt
Man kann Facebook, wo Kritik doch immer ein Begleiter ist, nicht vorwerfen, dass keine Maßnahmen zur Optimierung der Werbepolitik getroffen würden. Updates zu Richtlinien, Tools und Features werden sehr häufig am Feedback der User orientiert. Auch der Wechsel der User zu vorwiegend mobiler Nutzung der Plattform hat zu entsprechenden Änderungen beim Unternehmen und der Werbepolitik im Besonderen geführt.
Künftig werden weitere Optimierungen für die Formate und Metriken, aber ebenso die Kontrolle über die Ads insgesamt zu erwarten sein.
Was Rob Goldman im Blog darlegt, klingt überaus positiv und kann somit als ein Gegengewicht zur medialen Kritik verstanden werden. Dennoch steckt natürlich ein hehrer Anspruch hinter diesen Erläuterungen – der jedoch womöglich mitunter mit monetären Interessen in Konflikt gerät. Und doch ist zumindest dem Anspruch bei einem so umfassenden Werbekosmos Respekt zu zu zollen.
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