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Daten vs. Kreativität im Marketing: Unternehmensberatungen machen Agenturen zunehmend Konkurrenz

Daten vs. Kreativität im Marketing: Unternehmensberatungen machen Agenturen zunehmend Konkurrenz

Niklas Lewanczik | 04.05.17

Beratungsfirmen wie PwC oder IBM nehmen immer mehr Einfluss auf die Marketingbranche und konkurrieren mit klassischen Werbeagenturen.

Beratungsfirmen wachsen stetig und breiten sich auf dem Feld des Marketing aus. Während Marketing Verantwortliche deren strategische und analytische Daten und Lösungen für Kampagnen begrüßen, sind die Beratungsfirmen auch immer häufiger in der kreativen Domäne der Werbung zu finden.

Consultancies wachsen – und stellen Konkurrenz zu Werbeagenturen

Noch kommen sich die Agenturen und Beratungsfirmen wenig in die Quere, wenn es um Pitches geht. Doch inzwischen finden sich in Ad Ages Liste der zehn größten Agentur Unternehmen der Welt vier Beratungsfirmen. Darunter Accenture, Deloitte, IBM und PwC, deren Marketing Services mit kombinierten Einkünften von 13,2 Milliarden US-Dollar finanziell nur knapp hinter denen von Omnicom, der Publicis Gruppe, Dentsu und Co. rangieren.

Die großen Vier der Beratungsszene mit globalen Einkünften allgemein und in Sachen Marketing, © Ad Age

Damit zeigt sich, dass Experten zur Beratung im Marketing Segment neue Aufgabenbereiche übernehmen. Und um ihr Angebot dahingehend auszubauen, werden mitunter auch Kreativagenturen von Beratungsunternehmen aufgekauft. Waren es bis vor einiger Zeit eher Agenturen mit Entwickler Know How, die übernommen wurden, sind es nun auch jene mit kreativem Anspruch. So kaufte Ad Age zufolge IBM Resource/Ammirati, Deloitte übernahm Heat und Accenture machte sich den britischen Kreativshop Karmarama zu eigen. Um die Tragweite dessen zu verdeutlichen lohnt sich ein Blick auf die Werbepartner der Agenturen. Heat etwa bewirbt EA Sports‘ Madden NFL 17, während Karmarama Magnum und Co. bei Kampagnen unterstützt.

Heat, inzwischen Teil von Deloitte, bewirbt Madden 17, Screenshot Heat

Somit entbrennt ein Konkurrenzkampf in einer sich verändernden Marketinglandschaft, in der es für die Werbeagenturen gilt, den Kunden zeitgemäß an Marken zu binden. Andrew Swinand, inzwischen bei der Publicis Gruppe, meint bei Ad Age es gehe um die Frage:

how do we as a creative entity better and faster integrate consumer insight and data, versus how quickly can the consultancies continue to acquire creative agencies to try to reposition their offering.

Das Wachstum und die steigende Relevanz der Beratungsunternehmen gehen auf eine Vielzahl von Faktoren zurück. Doch eröffnen sich für sie diverse Möglichkeiten, erfolgreich am Marketingmarkt zu partizipieren.

Beratungsfirmen und Werbeagenturen rüsten auf – Marketer wollen ein Komplettpaket

Während die Werbeagenturen weiterhin für die meisten Marketer die zentrale Anlaufstelle sind, um Kampagnen zu entwickeln, ist für diese eine Zusammenarbeit mit Beratungsfirmen dennoch eine Option. Nach Forresters Umfrage sind 73 Prozent der Befragten offen gegenüber der Aussicht, mit Beratungsunternehmen in Sachen Marketing zu kooperieren. Wie Ad Age angibt, ist Forrester jedoch der Meinung, die Kreation und das Ausspielen von Kampagnen sei noch immer Domäne der Agenturen. Doch müssen sich diese auch wandeln, um im Wettbewerb mit Beratungsunternehmen weiter relevant zu sein. So werden besonders die strategischen Gesichtspunkte bei Kampagnen und die Datenanalyse optimiert. Das soll helfen, ein umfassenderes Angebot zu stellen, das mit dem analytischen datenbasierten Know How der Berater mithalten kann.

Demnach gleichen sich Werbeagenturen und Beratungsfirmen an. Einen deutlichen Unterschied kann man scheinbar in Bezug auf die kreative Ausrichtung ausmachen. Ivan Pollard, VP des Strategic Marketing von Coca-Cola, glaubt:

The big consultancies are underestimating the value of creativity [and] the agencies are under- exploiting the value of business analytics.

Doch setzt er hinzu:

Someone’s going to crack that soon because data plus creativity is the future.

Marketer wollen das Konplettpaket bestehend aus Daten und Kreativität. Beides ist vonnöten, um aktuelle Hürden für das Marketing zu überwinden. Ad Blocker, Bannerblindheit und fehlendes Engagement sind Aspekte, die das Advertising erschweren, von Beratungsfirmen jedoch als Chance gesehen werden, ihre Relevanz zu untermauern.

Neue Marketingphilosophien

Forrester erläutert in einem Bericht, dass das Advertising sich online verändert. Mangelndes User Engagment und geringe Click-Through-Rates sind Anzeichen für die Notwendigkeit eines Wandels.

Forresters Erkenntnisse zum Status digitaler Werbung in den USA, © Forrester

Jack Neff von Ad Age schreibt dazu, dass Advertiser laut Forrester 2,9 Milliarden US-Dollar aus dem Budget für digitales Advertising streichen werden. James McQuivey, Analyst des Forrester Berichts, glaubt, dass Advertiser Alternativen zu digitalen Ads schaffen müssen. Dabei spricht er von „persönlicher Assistenz“, da User ihre Produkte etc. ohne störende Unterbrechungen zu erhalten wünschen, heißt es weiter bei Ad Age. Amazon Echo und Co. seien eine Tendenz, die ein Nutzungsverhalten der User in Bezug auf störungsfreie und personalisierte Angaben widerspiegeln. Während die User weniger Irrelevantes zu sehen wünschen, sind sie nach McQuivey bereit, mit bevorzugten Marken oder Unternehmen eine engere Bindung einzugehen.

Traditionelle Werbeagenturen müssen also neue Strategien entwickeln, um den User weiterhin zu erreichen. Vor allem wenn die Beratungsfirmen, mitunter durch den Kauf kreativer Abteilungen, sich auf dem Markt ausprobieren. Denn diese Firmen glauben nicht an eine aufgepfropfte Werbebotschaft. Sondern an ein vielschichtiges Konstrukt, das eine Marke darstellt.

Accenture’s philosophy is that brands are built through hundreds of customer interactions,

meint Brian Whipple, CEO von Accenture. Auch IBM, das neben Barclays auch Visa und General Motors zu seinen Kunden zählt, geht mit dieser Ansicht konform. Robert Schwartz, globaler Leiter für Strategie und Design bei IBM iX, sagt:

The new branding is this idea of building experiences for customers that allow them to experience you in ways that are much more honest and truthful and engaging than just standing on Mount Olympus shouting what it is that you want somebody to believe about your brand.

Beratungsfirmen prädestiniert für „neues“ Marketing?

Gemünzt auf eine User-zentrierte Werbezukunft, die die konkrete Analyse von Daten und dazu strategische Entscheidungen erfordert, scheinen Beratungsfirmen weiter auf dem Vormarsch zu sein. Die technischen Vorteile gegenüber den Agenturen sind aufgrund der Ausrichtung der Aufgaben vorhanden. Dabei arbeiten diese Unternehmen mit anderen Ansätzen als die Werbeagenturen. Sie arbeiten eher hinter den Kulissen und können sich im Führungsumfeld eines Unternehmens etablieren. Dort können sie mit Projekten womöglich Kosteneinsparungen auf den Weg bringen und umfassende Marketing Kampagnen konzipieren. Zudem ist ihre Arbeit, sofern sie von „innen heraus“ arbeiten, weniger einer Prüfung unterworfen; und diese Freiheit kann eventuell einen Mangel an Kreativität wettmachen.

Denn Agentur Chefs glauben, dass genau das das Problem der Beratungsfirmen darstellt. Auch wenn diese noch bei wenigen Pitches in Betracht gezogen werden, bauen sie ihr Standing in der Marketing Branche dennoch weiter aus. Personalisierung und Daten dürften aber nicht hinter einer kreativen Kultur zurückbleiben. Auch Aaron Shapiro, CEO der digitalen Agentur Huge, stimmte in Ad Age zu.

Consulting firms lack the creative and entrepreneurial culture that attracts the best design, digital and creative talent.

Eine an Zahlen orientierte Unterscheidung der Erfolgsaussichten für Werbeagenturen und Beratungsfirmen scheint jedoch schwieriger auszumachen. Die Mutterunternehmen der Agenturen haben mit einem Einnahmeanstieg von 1,1 bis 3,7 Prozent ähnliche Werte aufzuweisen wie die Mutterfirmen der Beratungsunternehmen. IMBs Zuwachs im letzten Jahr betrug 4,5 Prozent, während PwCs Einnahmen um 1,9, Accentures um 5,9 Prozent anstiegen.

Die Zukunft des Marketing liegt in der Kooperation

Der Wandel der digitalen Marketinglandschaft ist stetig zu beobachten. Ein Erstarken von Beratungsfirmen auf diesem Gebiet ist den veränderten Voraussetzungen für Marketer und den Anforderungen der User geschuldet. Janet Foutty, CEO von Deloitte Consulting meint im Interview mit Forbes:

We feel that the conversation has changed so much in terms of the importance, both of technology to the chief marketing officer and the role of the chief marketing officer in influencing an organization. We’ve found a lot of really impactful work we can do to help our clients to that end.

Unternehmen wie Deloitte setzen sich mit ihren Beratungsabteilungen in der Marketing Branche fest, © Flickr / Open Grid Scheduler / Grid Engine, CC0 1.0

Um Werbung künftig für den User attraktiv zu halten, scheint eine Zusammenarbeit von Beratungsfirmen und Werbeagenturen durchaus eine der besten Lösungen zu sein. Kooperation statt Konkurrenz kann Unternehmen aus verschiedenen Zweigen zum Erfolg verhelfen. Michael Roth, CEO der Interpublic Group of Cos. glaubt im Bericht des Wall Street Journal jedenfalls an eine solche Möglichkeit.

Die Verbindung von kreativer Wirkungskraft und einer datenbasierten Useranalyse kann das Marketing auf ein nächstes Level bringen. Doch, wie die Zahlen schon andeuten, könnten auch hier wenige sehr große Firmen im Beratungsbereich eine dominante Rolle spielen. Daher ist bei aller wünschenswerter Kooperation ein Aufbegehren selbstständiger Agenturen sicherlich wünschenswert.

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