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Programmatic Advertising
Werbung für Werbehasser – So stellt sich Adblock Plus die Zukunft des Advertising vor

Werbung für Werbehasser – So stellt sich Adblock Plus die Zukunft des Advertising vor

Anton Priebe | 30.09.16

Wir trafen Till Faida, Gründer von Eyeo, auf der dmexco bei seiner Mission das Internet zu revolutionieren.

Adblock Plus startete die dmexco mit einem Paukenschlag: Die Acceptable Ads Platform ist online. Laut der Broschüre, die auf der Messe verteilt wurde, der nächste logische Schritt, „das Internet zu revolutionieren.“  Wir sprachen in Köln mit Till Faida, Gründer der Eyeo GmbH, und wollten wissen, was dahinter steckt.

Nicht Neues – nur die Revolution des Internets weiter vorantreiben

Seit 2006 existiert Adblock Plus als Tool, 2011 gründete Faida die Eyeo GmbH und gliederte den Adblocker ein. Die Idee dahinter: Ein Monetarisierungsmodell für Publisher zu finden, das auch von Userseite abgesegnet ist. Die Nutzer entscheiden, welche Werbung in Ordnung ist und lassen diese zu – so das Credo. Die vergangenen Jahre dienten dazu, ein geeignetes Modell zu finden, und zu validieren. Das scheint jetzt gefunden und soll skaliert werden.

Mittlerweile haben wir beweisen können, dass weniger, aber bessere Werbung mehr Umsatz bringt für den Publisher.

Sofort nach der Ankündigung wurden Stimmen laut, MobileGeeks sprach vom „wahren Gesicht“ der Eyeo GmbH. Laut Faida sei die Plattform aber keineswegs ein Werbenetzwerk, sondern „ein Produkt, das es Publishern leichter macht, Acceptable Ads auf ihrer Seite zu schalten.“ Das alte System werde lediglich automatisiert:

Wir machen hier nichts Neues. Acceptable Ads wurde 2011 eingeführt. Jetzt geht es nur darum, es der breiten Masse der Publisher zur Verfügung zu stellen. Wir haben nichts daran geändert, was wir schon immer machen.

Der Aufbau der Plattform

Die israelische Tech-Schmiede ComboTag macht das möglich. Das Startup ist auf die Kölner zugekommen. Noch ist die entwickelte Plattform lediglich in der Beta-Version verfügbar, bis Ende des Jahres soll der offene Launch stehen. Dann können alle Interessenten die Acceptable Ads Platform nutzen.

Und das funktioniert so: Advertiser ziehen die Ad per Drag & Drop auf die Seite. Die Plattform überprüft automatisch hochgeladene Banner nach den Kriterien der Acceptable Ads Initiative. Diese werden an 100 Prozent der Adblock-User ausgeliefert, da die Technologie auf der Whitelist steht. Spezielle Targeting-Optionen wird es nicht geben, das liegt alles in der Hand der Partner selbst.

Publisher müssen bei Interesse ein Tag auf ihrer Website integrieren. Jeder kann dann entscheiden, welche Partner er aus den angeschlossenen DSPs mit ins Boot holt. 40 der 100 Top Alexa-Websites aus den USA arbeiten mit Adblock Plus bereits zusammen. Das Erlösmodell sieht wie folgt aus:

Die Werbenetzwerke geben circa 80 Prozent der Einnahmen an die Publisher weiter. Die restlichen 20 Prozent gehen an die weiteren Stakeholder in der Kette. Die Acceptable Ads Platform bekommt davon den üblichen Anteil von 30 Prozent, also tatsächlich nur 6 Prozent vom Gesamtumsatz.

Till Faida an seinem Stand auf der dmexco 2016
Till Faida an seinem Stand auf der dmexco 2016

Die Werbung der Zukunft

Die Plattform soll die Vision von Adblock Plus in greifbare Nähe bringen. Nach Auffassung des Unternehmens gibt es für Publisher zukünftig zwei Arten der Monetarisierung ihrer Websites:

Ich denke, dass es zwei Ökosysteme geben wird. Eins für die normalen Nutzer, die sich von der traditionellen Online-Werbung gar nicht gestört fühlen, und Nutzer, die nicht mehr Teil davon sein wollen. Publisher werden die Nutzer immer gezielter ansprechen, auch im Sinne ihrer Präferenzen, was das Werbeformat angeht.

Im traditionellen Werbemarkt herrsche eine Negativspirale, die durchbrochen werden müsse. Adblock Plus mache eine verlorene Zielgruppe wieder für Werbung empfänglich. Eine Browser-Extension zu installieren, setze außerdem eine gewisse Technikaffinität voraus. Und somit ist auch die Zielgruppe für Advertiser definiert. Eine interessante Zielgruppe, die laut Faida sehr viel Zeit im Internet verbringt und dort eben auch viel Geld ausgibt:

Werbung wird immer aggressiver, aber gleichzeitig auch immer weniger wertvoll. In unserem etwas kontrollierteren Öko-System gibt es Knappheit und daher hat Werbung wieder einen nachhaltigen, stabilen Wert. Und Werbung kann besser funktionieren, wenn es weniger davon gibt und wenn sie qualitativ hochwertig ist.

Was das Verhältnis der beiden Ökosysteme betrifft, wagt der Eyeo-Gründer noch keine Tendenz: „Ich bin selber gespannt, wie viele Nutzer Adblocker verwenden werden.“

Ein Adblocker, der Werbung ausliefert?

Einen Widerspruch darin, dass mit Adblock Plus ein Werkzeug, das urspünglicherweise Werbung blockiert hat, heute Werbung ausliefert, sieht Faida nicht:

Das Tool war immer ein Werkzeug, um den Nutzern Kontrolle zu geben. Es war nie ein Tool, das sämtliche Werbung zerstören soll.

Das jedoch sehen viele große Publisher anders. Demnach zerstört das Unternehmen sehr wohl deren Geschäftsmodell, und zwinge ihnen dann ihr eigenes Produkt auf. Faida wurde als „Mafia-Boss“ bezeichnet, der „Schutzgeld erpresst“. Nicht selten trafen die beiden Parteien vor deutschen Gerichten aufeinander. Angst vor weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen hat der Geschäftsführer jedoch nicht:

Der größte Schaden, der entstehen könnte, wäre wenn uns die Gerichtsverfahren vom Wesentlichen abhalten würden. Aber das tun sie nicht.

Das Wesentliche – ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu entwickeln, das für Publisher und User gleichermaßen funktioniert. Um die eigene finanzielle Situation machen sich die Betreiber von Adblock Plus jedenfalls keine Gedanken, die Monetarisierung funktioniere „sehr gut“. Im Mai wurde ein neuer Milestone erreicht: Adblock Plus wird auf 100 Millionen aktiv genutzten Geräten eingesetzt. Inwiefern das jedoch die Publisher davon überzeugen wird, mit Adblock Plus zu kooperieren, ist mehr als fraglich. Auf den ersten Blick gießt Eyeo mit der Verkündung der Plattform eher Öl ins Feuer.

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