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Unternehmensrichtlinien
Darum löscht Twitter keine Tweets von Donald Trump

Darum löscht Twitter keine Tweets von Donald Trump

Tina Bauer | 27.09.17

Trump kann auf Twitter tun und lassen, was er möchte. Die Plattformbetreiber haben davon abgesehen einzugreifen und äußern sich jetzt dazu.

Trump twittert sich mal wieder um Kopf und Kragen. Einen seiner letzten Querschläge hat Nordkorea sogar als offene Kriegserklärung gewertet. Twitter hat lange Zeit zugeschaut und sich der Verantwortung entzogen. Nun gibt es endlich eine Stellungnahme seitens der Plattform, die erklärt, warum der Account bislang noch nicht gesperrt und Trumps heikle Tweets nicht zensiert wurden. Und warum sich das vermutlich auch nicht ändern wird.

Freifahrtsschein für Trump: Berechtigt oder daneben?

Vielleicht ist es reines Säbelrasseln. Was Trump da auf Twitter veranstaltet, könnte dennoch moderiert werden. Wenn nicht von der Social Media-Abteilung des Weißen Hauses, dann eben von Twitter selbst. Doch auf der Plattform konnte Trump seinen Gedanken bisher unverhohlen freien Lauf lassen und hat damit nicht nur einmal andere Länder, Staatsoberhäupter oder ganz normale Menschen angegriffen. Zuletzt twitterte er in Bezug auf Nordkorea in etwa: „Wenn der Außenminister Nordkoreas die Gedanken des ‚kleinen Raketenmannes‘ wiedergibt, wird es sie nicht mehr lange geben.“



Der Tweet hatte die Debatte um Trumps Twitteraccount zuletzt ausgelöst. Warum löscht Twitter derartige Inhalte nicht, sondern gibt dem US-Präsidenten einen Freifahrtsschein für seine Verbalattacken? Schon mehrfach hat die Plattform angekündigt, seine Maßnahmen gegen Mobbing und Hassreden zu verschärfen. Ein Sprecher der Plattform äußerte sich nun am Montag dazu und teilte mit, dass der Nachrichtenwert und das potentielle öffentliche Interesse eine Rolle bei der Entscheidung spielen, ob bestimmte Tweets die Regeln für angemessenes Verhalten auf der Plattform verletzen und in diesem Zuge entfernt werden.

Die Definition von „Unangemessen“ jedoch ist bei Twitter eher undurchsichtig, die Handhabung „unangemessener Inhalte“ entsprechend unterschiedlich und subjektiv. Dass es in diesem Bereich durchaus noch Handlungsbedarf gibt, weiß auch CEO Jack Dorsey, der in einem weiteren Statement am Montag versprach, in solchen Sitautionen transparenter arbeiten zu wollen:



Twitter steht nicht zum ersten Mal wegen der laxen Handhabung von Hasstweets in der Kritik

Zum ersten Mal hat das Netzwerk den „Nachrichtenwert“ und „öffentliches Interesse“ als Kriterien für die Durchsetzung seiner Richtlinien benannt. Dadurch, dass es keine generellen Regeln für Inhalte gibt, sondern diese von Attributen abhängen, übt die Plattform ein eher redaktionelles Urteil aus und wäre damit im weitesten Sinne einem Medienunternehmen zuzuordnen. Auch Twitters Co-Founder Biz Stone stellte sich der zunehmenden Kritik und gab an, dass man die Regeln zur Nutzung der Plattform demnächst anpassen wolle: „We need to do better on this, and will“.

Es ist nicht leicht, abzuwägen, ob es einer Zensur gleicht, Inhalte zu löschen. Doch halten sich User nicht an geltende Regeln eines Netzwerkes, werden sie in der Regel ermahnt, daraufhin gesperrt oder ihre Inhalte werden gelöscht. Diese Regeln sollten grundsätzlich für alle Mitglieder einer Plattform gelten, denn die Betreiber tragen bei den großen Mitgliederzahlen weltweit eine enorme Verantwortung. Und die geht über Nachrichtenwerte oder öffentliches Interesse hinaus.

Trump selbst löscht nicht selten Tweets kurz nach Veröffentlichung wieder. Bislang sind diese allerdings dank aufmerksamer und schneller User der Nachwelt trotzdem erhalten geblieben, haben so ihren Nachrichtenwert behalten können und das öffentliche Interesse bedient.

Die unzureichende Handhabung unangemessener Inhalte ist ein Problem, das Twitter allmählich auf die Agenda schreiben sollte. Erst im August machte der in Deutschland lebende israelische Satiriker Shahak Shapira auf diesen Missstand aufmerksam: Nachdem er Twitter 300 Beiträge mit Hassreden oder Mobbing-Inhalten meldete und die Plattform keinen einzigen davon löschte, verewigte er die Hasstweets mittels Sprühdosen vor der Deutschlandzentrale Twitters in Hamburg. Eine Reaktion des Unternehmens blieb aus.

Im folgenden könnt ihr euch die Aktion nochmals im Video ansehen.

Die Hatespeech-Debatte betrifft bei weitem nicht nur Twitter. Auch Facebook darf sich diesen Schuh anziehen. Es ist allerdings an der Zeit, grundsätzlich etwas zu ändern und Maßnahmen zu ergreifen, die langfristig dazu führen, Hass oder Mobbing keine Plattform zu bieten. Das klappt doch auch bei nackten Körperteilen binnen Minuten, da fragt man sich, woran der so viel wichtigere Rest scheitert.

Kommentare aus der Community

Blebs am 27.09.2017 um 10:19 Uhr

1. Würde Twitter erheblich an Relevanz verlieren wenn Onkel Donald dort nicht mehr anzutreffen wäre. Daher werden die einen Teufel tun. Jede Meldung (wie diese!) über Trumps Twitterei ist zu gleich Werbung für dieses Medium.

2. Selbst wenn er Twitter nicht mehr nutzt dann kommuniziert er halt woanders. Was macht das für einen Unterschied?

Antworten
Tina Bauer am 27.09.2017 um 13:15 Uhr

Hallo „Blebs“,

Im Grunde genommen geht es nicht um den Unterschied, den es machen würde, würde Herr Trump ein anderes Netzwerk nutzen. Sondern es geht viel eher um eine einheitliche Handhabung von Hatespeech – und da haben einige Plattformen durchaus großen Nachholbedarf.

Viele Grüße!

Antworten
Blebs am 27.09.2017 um 13:42 Uhr

Hass oder Provokationsmeldungen, ja negative Meldungen an sich haben nunmal (leider) die größte Triggerwirkung und damit die höchsten Beteiligungsquoten. Das heißt sowohl Soziale Netzwerke als auch die Nutzer (unbewusst) profitieren davon. Es kann also nur durch Druck bzw. Zwang von oben (Regierungen) etwas passieren. Nun würde ich aber einfach mal frech behaupten dass auch diese eher Interesse daran haben wenn sich die Leute unten „zerfleischen“ bzw. mit sich selbst oder online beschäftigen anstatt in der realen Welt aktiv zu werden. Unterm Strich heißt das, dass die Mehrheit aller Beteiligten dieses Drama begrüßt. Ergo: so schnell wird sich nichts ändern.

Antworten
Tina Bauer am 27.09.2017 um 14:27 Uhr

Nutzer Sozialer Netzwerke würden sicher auch von Nacktheit in gewisser Hinsicht profitieren, diesen Content also ebenfalls begrüßen und hohe Engagement Rates erzeugen. Wie erklärst du dir in diesem Fall, dass eine Löschung solcher Inhalte (zumindest auf Facebook) binnen Minuten vonstatten geht, aber nur in den seltensten Fällen etwas gegen diskriminierende, rassistische Inhalte unternommen wird? Das ginge zumindest technisch auch ohne „Zwang von oben“ und hier besteht tatsächlich dringender Handlungsbedarf.

Schönen Gruß!

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Blebs am 27.09.2017 um 15:17 Uhr

Und diese verzerrte Anschauung ist doch mittlerweile überall Gang und Gäbe. Niemand hat Probleme damit zuzugeben oder zu posten wenn er einen Splatterfilm guckt. Bei Pornos ist das wohl etwas anders :D

Blebs am 27.09.2017 um 15:11 Uhr

Die rigorose und unverzügliche Nackedei-Löschung erkläre ich mir mit den uralten Grundfesten der amerikanischen Kultur: Gewalt ist ok, Brüste sind böse. Ich denke mehr steckt da tatsächlich nicht dahinter.

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