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Unternehmensrichtlinien
Google akzeptiert Werbung der AfD nicht: Parteinahme oder Prinzipientreue?

Google akzeptiert Werbung der AfD nicht: Parteinahme oder Prinzipientreue?

Niklas Lewanczik | 21.09.17

Anzeigen zu einer Anti-Merkel-Website der AfD werden bei Google nicht ausgespielt. Die Partei wittert Boykott, Google bezieht sich auf seine Richtlinien.

Kurz vor der Bundestagswahl sieht sich die AfD mal wieder in der Opferrolle. Die Weigerung Googles, bestimmte Werbeanzeigen auszuspielen, wird als Benachteiligung im Wahlkampf aufgefasst. Dabei beruft sich die Suchmaschine auf seine Richtlinien. Ist man gegenüber der Alternative für Deutschland besonders unnachgiebig?

Boykott der AfD? Wohl eher nicht

Thor Kunkel, der Kampagnenchef besagter Werbung der Alternative für Deutschland, war wenig erfreut darüber, dass Google Ads für die Anti-Merkel Website merkeldieeidbrecherin.com nicht akzeptierte. Davon berichteten zuerst Melanie Amann und Marcel Rosenbach vom Spiegel. In deren Artikel spricht Kunkel von Sabotage und Benachteiligung im Wahlkampf.

Doch was ist dran? Hat Google die Anzeigen aus Parteilichkeit abgelehnt oder findet sich eine – auch der AfD einleuchtende – Erklärung? Während sich die Partei durch diesen Rückschlag angegriffen fühlt, verweist das Unternehmen auf seine Richtlinien. Im offiziellen Statement heißt es:

Der Vorwurf einer politischen Voreingenommenheit entbehrt jeder Grundlage. Alle in Deutschland zugelassenen politischen Parteien können auf Google Anzeigen schalten, solange sie unsere Werbe-Richtlinien befolgen. Wir setzen diese Richtlinien konsequent durch, alle Anzeigen durchlaufen ein automatisiertes Prüfverfahren, bei Grenzfällen kann die Prüfung länger in Anspruch nehmen.

Bei diesem Prüfverfahren dürften die betroffenen Ads dann durchgefallen sein. Daher kann von einer konkreten Einmischung Googles nicht die Rede sein, sondern vielmehr von einer Prinzipientreue vonseiten der Suchmaschine. Dabei scheint Google mitunter zwar kulant in Bezug auf manche Richtlinien; doch in diesem Fall schien das keine Option zu sein.

Warum wurden die Ads nicht angenommen?

Nach der Berufung auf die Richtlinien Googles können wir nur mutmaßen, dass die Anzeigen von Google als „unangemessene Inhalte“ eingestuft worden sind. Die dubiose Seite der AfD, die beworben werden sollte, bietet gleich mehrere Aspekte, die den Anzeigenrichtlinien Googles klar widersprechen. Denn auf dieser Seite wird etwa eine Zahl von Terroropfern in Deutschland aufgeführt, die in unmittelbare Verbindung mit „Merkels Versagen“ gebracht wird. Dazu wird unter dem Titel „Die Eidbrecherin“ der Amtseid der Bundeskanzlerin angeführt.

Was ohnehin an Verleumdung grenzt, würde, womöglich zugespitzt in einer Ad, etwa Googles Ablehnung von gefährlichen oder abwertenden Inhalten betreffen. Bei Google heißt es, zu vermeiden seien

Inhalte, die zu Hass gegen Einzelpersonen oder Gruppen auf Grundlage von ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter, Nationalität, Veteranenstatus, sexueller Orientierung, Geschlecht, geschlechtlicher Identität oder einer ähnlichen Eigenschaft, die mit struktureller Diskriminierung oder Ausgrenzung verbunden ist, anstiftet, Diskriminierung dieser Einzelpersonen oder Gruppen fördert oder diese Einzelpersonen oder Gruppen herabsetzt.

Auch und besonders der Punkt „Sensible Ereignisse“ spielte sicherlich in Googles Entscheidung eine Rolle. Für die Ads nicht angemessen sind ebenso

Inhalte, die Naturkatastrophen, Kriege, Todesfälle oder andere tragische Ereignisse vermarkten oder nicht angemessen sensibel mit diesen Themen umgehen.

Beispiele: Von tragischen Ereignissen profitieren, ohne die Opfer zu unterstützen.

Die Ablehnung der Ads scheint im Hinblick auf diese Richtlinien durchaus nachvollziehbar. Auch, wenn Google womöglich eine besondere Standhaftigkeit bezüglich dieser bewiesen hat. Und sie hat eventuell sogar einen Verlust von Einkünften zufolge. Denn laut Spiegel-Informationen soll die AfD nun das für Google AdWords geplante Werbebudget an Facebook herantragen.

Wie Patrick Beuth von ZEIT ONLINE jüngst berichtete, werden Usern bei Google nun allerdings einige Textanzeigen ausgespielt, die zur Anti-Merkel-Website führen. Demnach muss die Kampagne von der AfD hinsichtlich der Richtlinien optimiert worden sein. Übrigens erfährt man erst im Impressum der beworbenen Seite, dass die AfD dafür verantwortlich zeichnet.

Werbung der AfD für die Anti-Merkel-Website bei Google, Screenshot Google

Google scheint im Wahlkampf trotz allem unparteiisch

Eine Benachteiligung im Wettbewerb mit anderen Parteien kann die AfD Google auch deshalb nicht unbedingt vorhalten, weil die Suchmaschine den Spitzenkandidaten jeder Partei eine kostenlose Infobox zur Verfügung stellt. Wie der NDR-Journalist Sebastian Meineck zu berichten weiß, wurden die Standpunkte der Politiker, die man bei der Eingabe ihres Namens auf Google einsehen kann, für Google verfasst, von der Suchmaschine jedoch nicht geprüft.

Hier haben also alle Kandidaten der Parteien die gleichen Möglichkeiten sich zu präsentieren; und sogar ohne Weiteres auf die erste Seite zu gelangen.

Die Infobox zur Bundeskanzlerin bei Google, Screenshot Google

Martin Schulz schreibt dort unter den Prioritäten etwa :

Ein einiges und starkes Europa: gemeinsamer Kampf gegen Steuerbetrug und eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge.

Bei AfD-Spitzenkandidat Gauland finden wir in diesem Bereich ausgerechnet die

Stärkung der Direkten Demokratie.

Nun muss bemerkt werden, dass bei Google diese Informationen durchaus in der Nähe von Wahlwerbung auftreten können.

Hat Google die AfD nun in Bezug auf deren Ads benachteiligt? Mit Berufung auf die Richtlinien hat man nur seinen Job gemacht. Und die Partei sollte auch künftig darauf achten, geltenden Richtlinien Respekt zu zollen; oder man muss bei einem Verstoß gegen sie mit den Konsequenzen leben. Gerade die Alternative für Deutschland als Prinzipienreiter in Sachen glaubwürdige Berichterstattung muss sich an die eigene Nase fassen, wenn einige der eigenen Anzeigen an nachgerade demokratischen Richtlinien scheitern.

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