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Reaktionen zum BGH-Urteil: Cookie-Zustimmung darf nicht voreingestellt sein

Reaktionen zum BGH-Urteil: Cookie-Zustimmung darf nicht voreingestellt sein

Niklas Lewanczik | 29.05.20

Die Zustimmung der User muss bei der Verwendung von Third Party Cookies auf Websites aktiv erfolgen, urteilte der BGH. Nun reagiert die Branche und fordert Alternativen und mehr Klarheit.

Im Fall der Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen gegen den Gewinnspielanbieter Planet49 hat der BGH nun endgültig entschieden, dass die Zustimmung der User zur Verwendung von Cookies aktiv erfolgen muss und keineswegs voreingestellt sein darf. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits eine ähnliche Position vertreten – dabei allerdings offen gelassen, ob das deutsche Recht nicht eine Abweichung ermögliche.

Beim Anbieter Planet49 war ein Häckchen für folgenden auf das Setzen von Cookies bezogenen Text bereits voreingestellt gesetzt worden:

Ich bin einverstanden, dass der Webanalysedienst Remintrex bei mir eingesetzt wird. Das hat zur Folge, dass der Gewinnspielveranstalter […] nach Registrierung für das Gewinnspiel Cookies setzt, welches […] eine Auswertung meines Surf- und Nutzungsverhaltens auf Websites von Werbepartnern und damit interessengerichtete Werbung durch Remintrex ermöglicht. Die Cookies kann ich jederzeit wieder löschen. Lesen Sie Näheres hier.

Derartige Voreinstellungen wollte der Bundesverband der Verbraucherzentralen mit der Klage verbieten. Außerdem ermöglichte der Gewinnspielanbieter dem User, aus einer Liste von 57 potentiellen Werbepartnern zu wählen, die Daten von ihm erhalten konnten, oder aber Planet49 diese Auswahl zu überlassen. Der Bundesgerichtshof urteilte, dass eine Voreinstellung der Cookies so nicht zulässig ist:

Die von der Beklagten in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vorgesehene Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, stellt sowohl nach dem im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung geltenden Recht als auch nach dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden Recht eine unangemessene Benachteiligung des Nutzers dar.

Außerdem fehle es im Streitfall bei der Einwilligung zur Auswahl der Werbepartner an einer klaren Darstellung, welche konkreten Werbezwecke verfolgt werden. Der Anbieter habe darauf gesetzt, den „Verbraucher mit einem aufwendigen Verfahren der Auswahl von in der Liste aufgeführten Partnerunternehmen zu konfrontieren, um ihn zu veranlassen, von dieser Auswahl abzusehen und stattdessen der Beklagten die Wahl der Werbepartner zu überlassen.“

Reaktionen zum Urteil sind unterschiedlich

Der BGH hat mit diesem Urteil ganz im Sinne des EuGH entschieden und dürfte – obwohl der behandelte Fall bereits Jahre zurückliegt – kaum überrascht haben. Das Urteil wird nun jedoch verschieden ausgelegt. So erklärt der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder:

Welche Cookies […] gemeint sind, bleibt jedoch unklar. Dieser Unsicherheit wird für alle Seiten zu höheren Aufwänden führen.

Thomas Duhr, Vizepräsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW), gab ebenfalls an, dass das Urteil keine völlige Klarheit bringe. Zwar habe der BGH nach §15 Abs. 3 Sat. 1 des Telemediengesetzes in seiner jetzigen Form eine rechtskonforme Auslegung im Sinne der Richtlinie 2002/58/EG geschaffen und für den Planet49-Fall festgelegt, dass eine Einwilligung des Nutzers zum Setzen von Cookies und zum Zugang auf Informationen im Endgerät für Zwecke der Werbung oder der Marktforschung notwendig gewesen wäre. Doch:

Ob dies allerdings auch eine generelle Aussage zum Verhältnis zwischen der DSGVO und dem Telemediengesetz umfasst, wird aus der Pressemitteilung des BGH nicht deutlich. Wir müssen daher die ausführlichen Entscheidungsgründe abwarten,

meint Duhr. Denn eine generelle Anwendung des Urteils würde laut BVDW dazu führen, dass jegliche andere Rechtsgrundlage gemäß DSGVO zum Setzen von Cookies nicht mehr greift – auch kein „berechtigtes Interesse“. Duhr ergänzt:

Tatsächlich liegt der Sachverhalt ja bereits mehr als sechs Jahre zurück. Seitdem hat sich vieles verändert, nicht erst durch Corona. So übernehmen Browser-Betreiber zunehmend eigentlich hoheitliche Regulierungsaufgaben durch Technologie. Eines zeigt sich daher deutlich: Falsch verstandener Datenschutz hilft nur wenigen und verstärkt vielmehr die Abhängigkeit ganzer Volkswirtschaften.

Der Digitalverband BVDW fordert faktenorientierte Diskussionen über die digitale Zukunft und die Frage, wann Einwilligungen erforderlich sind und wann nicht und wann diese wirksam sind. Immerhin könnte das Urteil sonst dazu führen, dass User noch mehr und noch umfangreichere Einwilligungstexte lesen werden müssen als bereits heutzutage und Inhalte vollständig hinter Cookie oder Pay Walls verschwinden.

Sven Bornemann, Vorstandsvorsitzender der European netID Foundation, sieht im Urteil des BGH im Fall Planet49 hingegen ein positives Signal für alle Nutzer:

Es unterstreicht die Bedeutung des Themas Datenschutz und die Notwendigkeit, umfassend über die Verwendung von Daten zu informieren. Das bestätigt uns, die European netID Foundation, in unserem Kurs. Mit dem Login-Standard netID bieten wir der Industrie ebenso wie den Nutzern eine europaweit einheitliche datenschutzkonforme Lösung.

Die Reaktion ist insofern nachvollziehbar, als dass die European netID eine ID-basierte Lösung für die User-Einwilligung bei verschiedenen Diensten als Alternative bietet. Jan Oetjen, Geschäftsführer von WEB.DE und GMX und Stiftungsratsmitglied der European netID, erkennt nach dem Urteil Handlungsbedarf für die gesamte Branche:

Cookies wurden bisher nicht vom Gesetzgeber, sondern von den Browser-Herstellern reguliert. Selbst wenn man die – jetzt vom BGH entschiedene – Einwilligung des Nutzers hat, sind durch das Agieren der Browser gut 50 Prozent der mühsam erzielten Cookie-Einwilligungen ohnehin wertlos. Daher wird es höchste Zeit für die Internet-Branche, sich auf gemeinsame technische Alternativen zu einigen, die unabhängig von den US-Gatekeepern funktionieren.

Er fordert die rasche Förderung von Alternativen. Da Third Party Cookies bei den großen Browser-Anbietern ohnehin aufs Abstellgleis geraten sind und per Default blockiert werden (Safari, Firefox) oder werden sollen (Chrome), ist die Entwicklung neuer Lösungen derzeit umso wichtiger. Bis dahin müssen User und Webmaster sich aber konkret mit dem Thema auseinandersetzen und haben mit dem jüngsten BGH-Urteil einen wegweisenden Orientierungspunkt erhalten.

BGH urteilt richtungsweisend zur Cookie-Zustimmung der User

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