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Programmatic Advertising
Gefilterte Werbung als Geschäftsmodell: Status quo bei Adblock Plus & Eyeo

Gefilterte Werbung als Geschäftsmodell: Status quo bei Adblock Plus & Eyeo

Anton Priebe | 09.10.18

Till Faida, CEO und Co-Founder von Eyeo, hat uns verraten, woran der erfolgreichste Werbeblocker der Welt ABP gerade arbeitet.

Adblock Plus hat in den vergangenen Jahren für viel Wirbel in der Werbebranche gesorgt. Die Kölner Eyeo GmbH als Betreiber ist mittlerweile kein Startup mehr, sondern auf über 100 internationale Mitarbeiter angewachsen. Wir haben uns auf der dmexco mit Till Faida, Geschäftsführer und Mitgründer von Eyeo, zusammengesetzt, um aktuelle Entwicklungen in der Branche als auch in seinem Unternehmen zu diskutieren.

Acceptable Ads als Geschäftsmodell – nicht umumstritten, aber erfolgreich

Till Faida, Eyeo

Eyeo möchte „Nutzern Kontrolle über ihr Browsingerlebnis geben“. Dies tut das Unternehmen anhand des Tools Adblock Plus, das unerwünschte Werbung gezielt ausblendet. Unerwünscht bedeutet in diesem Fall sämtliche Anzeigen, die es nicht durch den Easylist-Filter schaffen.

Acceptable Ads nennt sich das Modell, das die Größe, Platzierung und Formate von Werbeanzeigen als akzeptabel beziehungsweise eben nicht einstuft und dementsprechend über die Aufnahme in der Easylist entscheidet. Dafür arbeitet Eyeo mit Werbenetzwerken zusammen. Seitenbetreiber, die an dem Acceptable Ads-Programm teilnehmen, verpflichten sich bestimmten Rahmenbedingungen für Werbung auf ihrer Website. Das ist in der Regel kostenfrei. Ab einer bestimmten Menge an Impressions wird eine „Lizenzierungsgebühr“ fällig, die sich auf einer Beteiligung an den jeweiligen Einnahmen durch Werbung beläuft. Das bedeutet, dass größere Publisher mit viel Traffic für das Whitelisting zahlen müssen. Publishern werden mit Acceptable Ads „nachhaltige, nutzerfreundliche Monetarisierungsmöglichkeiten“ für Adblock User an die Hand gegeben, so Faida.

Nicht jeder sieht das so. Eyeo befand sich in den vergangenen vier Jahren immer wieder im Rechtsstreit. Dabei ging es vor allem um den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs und einer aggressiven Geschäftspraxis. Insbesondere Springer trieb die Entscheidung über die Legalität von Eyeos Geschäftsmodell vor den Bundesgerichtshof. In letzter Instanz gewannen die Kölner.

In den USA werde das ganze Thema progressiver angesehen, meint Faida. Überhaupt ist Deutschland weitaus uninteressanter als der US-Markt. „Deutschland ist unser Heimatmarkt, war aber noch nie im Fokus bei uns.“ 98 Prozent des Geschäfts findet in Übersee statt. 40 der Top 100 Websites in den USA arbeiten bereits mit Eyeo zusammen. Weltweit haben über 20 Prozent der Top 10.000 Websites Acceptable Ads implementiert.

Wettrüsten unter Programmierern und Ad Exchanges von Adblockern

Die Adblocker-Rate ist hierzulande auf einem „stabilen hohen Niveau“ bei ca. 25 Prozent. Jeder Vierte greift also auf Adblocker in irgendeiner Form zurück. Mobil ist die Wachstumskurve deutlich steiler, auch weil sie später angefangen hat. Die Opt-Out-Rate der User aus dem Easylist-Filter sei sehr gering, so Faida. Ob das schlicht an der Unwissenheit der Nutzer oder der fehlenden Motivation liegt, sich mit den Funktionen und verschiedenen Filtermöglichkeiten von Adblock Plus zu beschäftigen, sei dahingestellt. Faida sieht dies als Beweis, dass „unaufdringliche Werbung“ funktioniert. Denn Adblock Usern ginge es nicht darum, keine Werbung zu sehen – sondern nur die richtige. Für Publisher sei die Zielgruppe durchaus wertvoll, weil sie größtenteils jüngere, technisch versierte Nutzer beinhaltet. Also jene, die bereitwillig Geld im Internet ausgeben, da sie damit aufgewachsen sind.

Die Adblocker-Rate vom OVK aus 2017. Bislang wurde für 2018 nur Q1 mit 23,40 Prozent offiziell bekanntgegeben.

Diese Argumentation legen auch die Adblocker Blocker vor, also Lösungen, die Tools wie Adblock Plus aushebeln. Publisher können somit die Werbung ausspielen, die sie möchten, unabhängig von einer Filterliste. Für Eyeo bedeutet das regelmäßiges Wettrüsten mit anderen Programmierern. Erst 2017 haben die Entwickler „ein längeres Pingpongspiel mit Facebook gespielt“. Nach 14 Monaten hat das Soziale Netzwerk aufgegeben. „Ein schönes Signal“, meint Faida. Er vergleicht das Aushebeln von Adblockern mit der Umgehung eines E-Mail-Spamfilters.

Es gibt aber tatsächlich auch eine Gruppe von Usern, die gar nicht für Werbung empfänglich ist. Daher arbeitet Eyeo an einer alternativen Micropayment-Lösung. „Niemand will 20 unterschiedliche Abos abschließen im Netz. Es muss eine einheitliche Lösung geben.“ Doch wie genau die aussieht, weiß Eyeo auch noch nicht. Eine Rolle dabei spielt auf jeden Fall Flattr, ein Dienst, der Anfang 2017 vom Pirate Bay-Gründer Peter Sunde übernommen wurde.

Das Hauptaugenmerk liegt zurzeit aber auf einem Projekt, das schon vergangenes Jahr gelauncht wurde: die eigene Ad Exchange. Hier sollen ausschließlich Acceptable Ads programmatisch verkauft werden. Das Geschäftsmodell wird somit skalierbar. Einige größere Medienhäuser in den USA wenden die Ad Exchange bereits erfolgreich an. Namen werden nicht genannt, man befinde sich jedoch „in der Endphase der Betaphase“. Es dauert also nicht mehr lang und der Betreiber eines Werbeblockierers verkauft Werbung automatisiert in einem größeren Rahmen. Eine Ironie sieht Till Faida darin anscheinend nicht. Es ist schließlich „unaufdringliche, nicht störende Werbung“.

Kommentare aus der Community

Martin am 10.10.2018 um 10:03 Uhr

Interessanter Artikel. Allerdings ist Adblock Plus nicht der letzte Schrei unter den Adblockern. Ich kenne einen, der auch Anti-Adblocker locker aushebelt, etwa die von Spiegel Online und Bild Online.

Antworten
Anton Priebe am 10.10.2018 um 10:35 Uhr

Hi Martin,

danke für deinen Kommentar! Technologisch magst du recht behalten, aber gemessen an den Downloadzahlen ist Adblock Plus doch deutlich das beliebteste Plugin. An wen hattest du gedacht?

Grüße
Anton

Antworten
Matz am 23.10.2018 um 12:32 Uhr

Dürfte uBlock Origin sein. Damit kann man auf Spiegel u. Blöd lesen, ohne Werbung zu sehen. Aber wenn man seine Gehirnzellen liebt, dann sollte man diesen Müll lieber nicht lesen.

Antworten
Anton Priebe am 23.10.2018 um 12:41 Uhr

Genau, den hatte ich auch im Sinn. Ist aber international gesehen eher ein kleines Licht, würde ich behaupten.

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