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Technologie
Mensch vs. Maschine – Wenn Algorithmen bessere Botschaften entwickeln als Marketer
Assaf Baciu, Co-Founder Persado

Mensch vs. Maschine – Wenn Algorithmen bessere Botschaften entwickeln als Marketer

Anton Priebe | 04.07.16

Künstliche Intelligenz schreibt starke Marketing-Botschaften. Assaf Baciu, Persado, erklärt im Interview, was seine Technologie leisten kann und was nicht.

Der Content Marketing Hype hat dafür gesorgt, dass die Mehrheit der Unternehmen ihre potentiellen Kunden mit Mehrwert stiftenden Inhalten erreichen wollen anstatt mit plumpen Werbebotschaften. Doch die Effektivität dieser Strategie basiert letztendlich darauf, dass der User in irgendeiner Form konvertiert. Dabei hängt die Conversion Rate der Inhalte stark mit der Sprache zusammen, die dabei benutzt wird. Davon ist zumindest Persado überzeugt. Das US-amerikanische Unternehmen optimiert Marketing-Texte mithilfe von künstlicher Intelligenz, um die User emotional zum Kauf zu verleiten. Wir haben einen der Gründer dazu befragt, was hinter der Technologie steckt.

Schreibt künstliche Intelligenz bessere Marketing-Texte als menschliche?

Persado konnte erst kürzlich 30 Millionen Dollar einsammeln und kommt damit auf über 65 Millionen Dollar Fremdkapital seit der Gründung vor fünf Jahren. Investiert haben unter anderem die früheren Partner Goldman Sachs, Bain Capital Ventures, StarVest Partners, American Express Ventures und Citi Ventures. Zu den Kunden des New Yorker Unternehmens, das auch in Athen, London, Rom, Toronto, San Francisco sowie Rio De Janeiro ansässig ist, gehören Größen wie Microsoft, Staples oder Verizon. Als nächstes steht der deutsche Markt auf der Liste, ein Büro in Frankfurt wurde dafür vor kurzem eröffnet. Doch was bringt Persado eigentlich nach Deutschland?

„Cognitive Content“ nennt Assaf Baciu, Senior Vice President Product & Engineering und Co-Founder von Persado, sein Produkt. Nachdem er und Alex Vratskides bei der Mobile Commerce Plattform Upstream entdeckt hatten, wie viel Einfluss bereits ein Wort in SMS-Nachrichten auf die Antwortraten haben kann, gründeten sie Ende 2012 Persado mit dem Ziel Sprache zu optimieren, um Kaufanreize auszulösen. Dafür setzen sie eine Technologie ein, die eine Botschaft auf ihr Format, ihre Struktur, Beschreibung, ihren emotionalen Gehalt und CTA hin analysiert. Dies wird für eine Vielzahl von Kanälen wie Facebook, Display Advertising, E-Mail und eben auch den Mobile-Sektor genutzt. Die eingesetzte AI lernt bei jeder Kampagne stetig weiter.

Wir fragten genauer nach, wie das funktioniert.

Interview mit Assaf Baciu, Mitgründer von Persado

OnlineMarketing.de: Ihr optimiert Marketing-Texte mithilfe eines Algorithmus. Wie genau funktioniert das?

Assaf Baciu - Persado_500Assaf Baciu: Persado generiert marketing-optimierten Content mithilfe von Cognitive Computing Technologien – ein System, das Algorithmen für maschinelles Lernen, linguistische Datenverarbeitung und das Generieren von natürlicher Sprache verbindet.

Cognitive Computing verbessert traditionell menschliche Aufgabenfelder: In unserem Fall setzen wir die Technologie für das Erstellen von Nachrichten und Botschaften ein. Dank unserer einzigartigen Erkenntnisse über rationale und emotionale Kaufreize erstellt unsere Plattform datengesteuerte Botschaften, die einen starken Eindruck bei den Lesern hinterlassen und sie zum Handeln motivieren.

Bei den Millionen von Marketing-Botschaften, die Persado über die Jahre kreiert hat, haben wir festgestellt, dass Emotionen zu mehr als 60 Prozent Einfluss auf unterschiedliche Response Rates der Kunden haben. Unsere Plattform arbeitet auf Basis von 19 primären Emotionen und ist in der Lage zu erkennen, welche emotionale Sprache in einer bestimmten Botschaft am effektivsten ist. Wir erkennen anhand der Inhalte, wie Kunden auf verschiedene emotionale Reize reagieren und sind in der Lage, die effektivste Botschaft auszuwählen, die den Leser zum Handeln inspiriert.

Das klingt nach einem sehr technischen Geschäft. Wer ist an der Entwicklung beteiligt?

Persado beschäftigt derzeit mehr als 200 Mitarbeiter an neun Standorten weltweit. Und es braucht wirklich das gesamte Team, um jedes einzelne Produkt zu entwickeln. Unsere Unternehmensführung hat die Vision, das Produktteam baut kontinuierlich die Funktionen der Plattform aus, die Kampagnenteams verbessern im Sinne der Kunden und Vertrieb- und Marketingabteilung geben Feedback weiter, mit dem wir die Software weiter optimieren können. Jede Stimme wird gehört und berücksichtigt.

Wie verhindert ihr, dass sich die Markenbotschaften immer gleich anhören?

Die Kommunikation wird genau auf die jeweilige Marke angepasst, ihre einzigartige Stimme, den Produktangeboten, den Kampagnenzielen und dem Zielsegment. Mit Algorithmen analysieren und lernen wir, wie Verbraucher auf Millionen von Marketing-Botschaften reagiert haben. Sie geben uns ein beispielloses Wissen darüber, welche Wörter, Sätze und Bilder besonders effektiv sind und Kunden zum Handeln bewegen.

Das "Wheel of Emotion" dient als Grundlage für die Optimierung
Das „Wheel of Emotion“ dient als Grundlage für die Optimierung

Wie viele Sprachen beherrscht der Algorithmus bereits und welche sind noch geplant? Gibt es dabei Schwierigkeiten aufgrund der semantischen Unterschiede in den verschiedenen Sprachräumen?

Unsere Software-Lösung arbeitet derzeit in 23 Sprachen, darunter Deutsch, Englisch (Britisches Englisch ist ab sofort verfügbar), Griechisch, Italienisch und Portugiesisch. Unsere Plattform ist so konfiguriert, leicht kulturelle und sprachliche Nuancen zu erkennen und mit einzubinden. Und davon gibt es einige, auch im Englischen. Zum Beispiel beim Vermitteln von Aufregung: Die Amerikaner lassen sich eher vom Wort „awesome“ begeistern, aber die Briten reagieren lieber auf „brilliant“.

Wie viel Handarbeit steckt noch bei der Optimierung mit drin? Was kann nicht automatisiert werden?

Unsere Plattform für marketing-optimierten Content ist eine Verbesserung der menschlichen Kreativität, sie ersetzt sie aber nicht. Persado ermöglicht es kreativen Teams – sei es für einen Marketingmitarbeiter Inhouse oder als Agenturpartner – effektivere und für Kunden emotionale Inhalte zu erstellen, die sie zum Handeln bewegen.

Ein Blick in das Office von Persado in New York
Ein Blick in das Office von Persado in New York

Braucht man in Zukunft überhaupt noch Texter im Marketing oder sind die Computer nicht viel schlauer?

Unternehmen fragen vermehrt nach persönlicheren Marketing-Nachrichten nach. In der heute schnelllebigen digitalen Welt bleibt den Marken nur ein kleines Fenster, in der sie ihre Zielgruppe ansprechen können. Wozu Persado fähig ist, ist die persönlichen Nuancen der Leser und ihres Umfelds zu erkennen und Botschaften zu erstellen, die diese Unterschiede berücksichtigen. Und das in einem Maß hinsichtlich Genauigkeit und Effektivität, die bisher niemand von alleine erreichen konnte.

Wollt ihr über das Marketing hinaus in andere Branchen expandieren? Wer kann von eurer Technologie noch profitieren?

Wir sehen noch weitere Anwendungsmöglichkeiten für eine Vielfalt an Branchen, in denen Sprache eingesetzt wird, um Menschen zum Handeln zu bewegen und für Maßnahmen zu begeistern – von Human Resources über das richtige Einnehmen von Medikamenten bis hin zur Fitness-Motivation und vieles mehr.

Vielen Dank für das Interview!

Kommentare aus der Community

Alto Kirchhoff am 05.07.2016 um 08:57 Uhr

Es gibt keine Möglichkeit den Kunden mit Content vorzugaukeln, dass man eigentlich nichts verkaufen will. Irgendwann muss man das Produkt nennen, aber bereits vorher hat der Leser es kapiert. Er soll kaufen. Jetzt mal ganz ehrlich, ist es nicht wesentlich besser ein Produkt und seine Vorteile richtig zu erklären und seinen Charme spielen zu lassen und darüber Geschichten zu erzählen was die Marke ausmacht. Es ist nicht innovativ so zu denken, aber es funktioniert auf lange Sicht sehr sehr gut.

Antworten
Emrah Baskin am 27.04.2016 um 09:24 Uhr

Würde gerne mehr Einblick in das System bekommen. Wie sieht das Resultat aus, und was wird reingesteckt welcher Content um an Ende welchen Content zu erhalten. Ich bezweifel das dies jetzt schon funktioniert aber klingt spannend und lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Antworten
Reverend Speaks am 25.04.2016 um 09:52 Uhr

OK, es funktioniert. Aber die Frage lautet: Möchten wir in einer Gesellschaft leben, in der Botschaften durch Maschinen erzeugt werden? Wir gewinnen Effizienz und verlieren das Menschliche. Eine Ent-Seelung findet statt.

Antworten
jol am 25.04.2016 um 10:19 Uhr

In einer Welt, in der die Marketingbotschaften so grottenschlecht und stereotyp sind, wie wir es oftmals erleben, wundert es mich nicht, dass ein Computer besser formulieren kann. Mir ist es ziemlich egal, ob ich von einer Maschine oder von einem Menschen verarscht werde.

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