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Performance Marketing
Abrechnung mit den Propheten im Online Marketing

Abrechnung mit den Propheten im Online Marketing

Ralf Scharnhorst | 04.03.16

Welche Online-Marketing-Prognosen waren falsch? Ein Geständnis von Ralf Scharnhorst.

„Das Neue wirkt alleine schon, weil es neu ist“: ein ungeschriebenes Gesetz im Marketing. Die erste Marke, die man in einem neuen Werbemedium sieht, bleibt hundertfach stärker in Erinnerung als die zweite. So schaut unsere Branche immer auf die Zukunft und ihre Propheten.

Gleichzeitig gilt „Prognosen sind schwierig, insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen.“

Seit 15 Jahren posaune ich selber Prognosen heraus: jedes Jahr im März meine „10 Thesen zur Zukunft des Marketing“. Bevor es wieder losgeht – einen Blick zurück auf die größten Fehlprognosen.

Der Banner ist tot

2001 hatte ich prognostiziert „Der Banner ist tot“. Wir brauchten schon damals individuellere Werbeformen. Aber nur die großen Player wie Google (Search-Textlinks) und Facebook konnten sie durchsetzen – viel später. Und statt großen Werbungtreibenden, die ihr gesamtes Digital-Budget in Video umschichten, kamen unzählige kleine Werbungtreibende, die mittlere Budgets in Standard-Banner investieren.

Weniger daneben lag ich mit „Das Internet schluckt andere Medien – zunehmend wird Radio und TV online übertragen. Das mobile Internet löst sich zunehmend von der grauen PC-Kiste im Büro.“ 2002 wurden die ersten UMTS-Mobilfunknetze aufgebaut.

„Spam wird es in zwei Jahren nicht mehr geben“ - Bill Gates 2004, © Flickr / Sam Churchill, CC BY 2.0
„Spam wird es in zwei Jahren nicht mehr geben“ – Bill Gates 2004, © Flickr / Sam Churchill, CC BY 2.0

Alles wird virtuell

2004 habe ich virtuelle Welten mit Werbung darin als großen Trend vorausgesagt – und lag daneben. „Second Life“ startete als Online-3D-Infrastruktur und die Nutzer von „Habbo Hotel“ bezahlten horrende Summen für virtuelle Güter. Aber für die meisten User blieben diese Welten so unbekannt wie sie noch heute sind. Ob Virtual-Reality-Brillen bald die dritte Welle virtueller Welten auslösen?

Blogger werden reich

2006 rief ich „Content braucht keinen Verlag mehr – Blogger können auch ohne vom Schreiben leben“. Falsch. Ich bin bis heute keinem Blogger begegnet, der dauerhaft alle seine Brötchen durch Schreiben verdient. Die Lösung ist eher „You don’t blog as a job. You blog to get one.“

Erst in den letzten Jahren kamen die Krautreporter, Roland Tichy oder Perspective Daily auf – und beweisen, dass es zwar ohne großen Verlag geht, aber doch nicht alleine ohne eine gewisse Struktur.

"Steve Jobs", © Flickr / Ben Stanfield, CC BY-SA 2.0
„Ein Abo-Modell für Musik wird nie funktionieren“ – Steve Jobs 2003, Foto: © Flickr / Ben Stanfield, CC BY-SA 2.0

Wer braucht schon Datenschutz

2007 habe ich den Datenschutz für tot erklärt und „die automatische Gesichtserkennung und Namenszuordnung auf Online-Fotos und bei Filmen von Überwachungskameras“ vorhergesagt. Diese Technologie haben zwar inzwischen Facebook, Google und Apple, aber sie wird im „deutschen Internet“ nicht verwendet. Und vor allem nicht im Marketing eingesetzt.

Dagegen nicht ganz falsch war damals „Bald schon können Sie alle Musik, die jemals aufgenommen wurde und alle Filme immer mit sich herumtragen“ – werbefinanziert. Danke, Spotify!

U.S.-Präsident Rutherford B. Hayes 1876 , © Flickr / Opus Penguin, CC BY-SA 2.0
„Das Telefon ist eine nette Erfindung, aber wer will so etwas schon benutzen?“ – Der U.S.-Präsident Rutherford B. Hayes 1876 , © Flickr / Opus Penguin, CC BY-SA 2.0

Google und Facebook werden auch wieder verschwinden

Immer mal wieder habe ich prognostiziert, dass andere Suchmaschinen Google Marktanteile abnehmen werden. Vor Google habe ich Hotbot, Lycos, AskJeeves, Altavista oder Excite genutzt und sogar rein deutsche Anbeiter wie Spider, Dino-online oder Fireball. Daher erscheint mir noch heute vollkommen unlogisch, warum es keine Suchmaschine nach Google geben sollte. Es ist für den User ja so viel leichter zu wechseln als bei Ebay oder Facebook.

Ich lag falsch. Liegt das Geheimnis in der Börsenkapitalisierung? Der Anzugskraft auf junge Talente? Oder darin, dass Googles Sales-Chef Philipp Schindler es ähnlich sieht: „every day I wake up and worry about competition“?

Marketing-Professor und Adele-Double Scott Galloway, © Tina Bauer / OnlineMarketing.de
„Der Aktienkurs von Amazon wird einbrechen“ – Marketing-Professor und Adele-Double Scott Galloway, © Tina Bauer / OnlineMarketing.de

A propos Facebook: früher hatte es Wettbewerber. Daher lautete meine Prognose: „jeder findet das zu ihm passende Social Network“ – das kann derzeit eigentlich nur stimmen, wenn das Network Facebook heißt.

Facebook ist ungeschlagen darin, die Funktionen anderer Networks aufzusaugen – was früher nur YouTube, LinkedIn oder Twitter konnten, kann es inzwischen auch. So wird es wohl eher eine Frage der Generationen, bis es abgelöst wird. Die Jugend findet es uncool, sich in dem Network anzumelden, in dem Papi schon 300 Freunde hat. Und geht auf Instagram. Nur: sie bleibt damit im Facebook-Konzern.

Was sind Prognosen wert?

Was lernen wir daraus? Das wichtigste an Prognosen ist, dass man sie mit seiner eigenen Meinung vergleicht und kontrovers diskutiert. Einen Plan A und einen Plan B hat. Und Termine und Kennzahlen setzt, nach denen man sich für einen davon entscheidet.

Was waren die Vorhersagen, die Euch am meisten genervt haben? Oder wo lagt Ihr total daneben? Diskutiert mit – hier unten in den Kommentaren.

Kommentare aus der Community

Cynthia am 17.03.2016 um 11:50 Uhr

Haha. Ich hab mich nie so wirklich mit Prognosen im Vorfeld befasst. Aber ich finde sehr den Beitrag sehr amüsant. Was doch bereits Internet Größen falsch vorhergesagt haben. Herrlich. Da sieht man doch wieder das man nicht in die Köpfe der Menschen reinschauen kann was diese wohl als nächstes gut finden werden und was Trend ist. Das fällt mir doch glatt noch Bill Gates ein der sagt: „Internet ist nur ein Hype.“ :D

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