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Selfimprovement
Kann man Resilienz erlernen? Die 5 R’s zur Resilienz

Kann man Resilienz erlernen? Die 5 R’s zur Resilienz

Ein Gastbeitrag von Jolita Gurskyte | 20.01.22

Resilienz hilft dir dabei, deine mentale Gesundheit während Krisenzeiten zu schützen. Um sie zu erreichen, braucht es aber vor allem Selbstreflektion.

Alle reden über Resilienz. Das Zauberwort, um mental gesund durch noch so stressige Zeiten zu gelangen – und wenn es isoliert im Home Office ist. Nur: Wie werden Menschen resilient in Zeiten, in denen jedesmal, wenn sie glauben, dass die Pandemie nun wirklich ausgestanden ist, die nächste Variante um die Ecke kommt? Hilfreich dafür sind die 5 R’s, die Leadership-Coach Kate Berardo in ihrem Buch The 5Rs of Culture Change entwickelt hat. Die 5 R ’s bestehen aus: Routinen, Reaktionen, Rollen, Relationships und Reflektion. Integriert man diese fünf Faktoren bewusst in den Arbeits- und Lebensalltag, kann Resilienz erlernt und mit Veränderungen besser umgegangen werden. Wie helfen uns die 5 R ’s in Zeiten der Pandemie?

Wie uns die R ’s im Alltag begleiten

Menschen sind Gewohnheitswesen. In diesem Sprichwort steckt mehr Wahrheit als uns bewusst ist. Und aus diesem einen Satz ergibt sich die Bedeutung der 5 R’s, um mental gesund zu bleiben. Wir haben feste Abläufe, also Routinen. Das erste R. Die einen trinken morgens den ersten Kaffee nach der Dusche, die anderen bevorzugen Schwarztee und lesen dabei die Tageszeitung. Einige fahren mit dem Auto ins Büro, andere nutzen das Fahrrad. Am Arbeitsplatz angekommen halten die einen “für gewöhnlich” einen Plausch mit ihren Lieblingskolleg:innen. Damit wären wir auch schon beim zweiten R: Am Arbeitsplatz entstehen Beziehungen (Relationships). Menschen reagieren aufeinander. Die einen helfen neuen Kolleg:innen, sich am Arbeitsplatz zurecht zu finden und erklären, wer welche Entscheidungsbefugnisse hat. Sie nehmen, oft unbewusst, unterschiedliche Rollen im Team ein – das dritte R.

Permanent interagieren und reagieren – das vierte R – wir aufeinander, egal ob in Meetings, in der Kaffeepause oder beim gemeinsamen Lunch. Sind wir mit uns und unserer Situation zufrieden, pendelt sich der Alltag und die Arbeitswelt in einem gesunden emotionalen Gleichgewicht ein. Sport, gemeinsames Musizieren oder auch der Spieleabend sorgen dafür, dass unser Organismus nicht den ganzen Tag mit Stress-Hormonen um sich feuert, sondern auch ausreichend Glückshormone, also körpereigene Botenstoffe, produziert.

Wie uns die Pandemie aus der Bahn geworfen hat

Doch seit Anfang 2020 ist nichts mehr, wie es einst war. Alle Automatismen stehen seitdem auf dem Kopf – und nicht immer fördern die neuen Routinen Gesundheit, Wohlbefinden und Bewegung.

Um dies an einem hypothetischen Beispiel zu illustrieren: Statt sich frisch zu machen und sich nach einem Blick in die Tageszeitung auf das Fahrrad zu schwingen, setzen sich einige im Pyjama in den eigenen vier Wänden an den Firmenlaptop. Dem ersten Kaffee folgt der zweite und dritte. Die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem vermischen sich (Rollen) und Beziehungen (Relationships) mit den Kolleg:innen entwickeln sich nicht mehr in der Kaffeepause, sondern über den Team-Chat. Wir reagieren teils ganz verschieden auf die neue Situation und den neuen räumlich-distanzierten Umgang miteinander.

Einige reagieren zugegeben so, dass sie gesund und wohlauf damit umgehen, andere schlittern in eine schwierige Phase. Sie schalten den Laptop abends nicht aus, finden keinen Ersatz für den Arbeitsweg auf dem Fahrrad, um abzuschalten und sich zu bewegen, und kein digitales Pendant für den Kaffeeplausch, um den Bedarf nach sozialer Interaktion zu decken. Entfällt dann noch für längere Zeit der Sport in der Gruppe, ist es mit der Resilienz nicht weit hin. Nur allzu schnell rutschen wir dann durch Stress auf der Arbeit in den Burnout.

Reflektion als wichtigster Schritt

Der Schlüssel für Resilienz ist daher die permanente Reflektion – das fünfte R. Ganz grundsätzlich, aber umso mehr in Zeiten, in denen unsere jahrelang eingeübten Gewohnheiten auf dem Prüfstand stehen und in denen es uns als soziales Wesen erschwert wird, mit anderen Menschen Beziehungen einzugehen und unsere verschiedenen Rollen im Privaten und Beruflichen einzunehmen.

Um zu reflektieren, ob sich die eigenen Routinen, Rollen, Relationships und Reaktionen sich so entwickeln, dass sie die eigene Resilienz in Zeiten der anhaltenden Pandemie fördern, sind kleine Reflektionsübungen förderlich: Es hat sich für viele bewährt, einmal wöchentlich in Ruhe über die Veränderungen der letzten Woche nachzudenken und zu hinterfragen, wie man sich in welchen Situationen verhalten hat. Durch konstante Selbstreflektion lernen wir viel über uns selbst. Auf diese Weise wachsen wir an den Veränderungen, die in unserem Leben stattfinden, anstatt daran zu scheitern. So kontrollieren wir unsere Routinen und nicht unsere Routinen uns. 

Reflektieren durch Hinterfragen

Gerade in Bezug auf die anderen vier R’s sollte man hinterfragen:

Typische Fragen, um die eigenen Routinen zu hinterfragen

Hat man ausreichend Bewegung und Abwechslung? Gibt es Ruhephasen, kleine Pausen und Momente der Entspannung, um den Kopf frei zu bekommen? Hat man den Weg mit dem Fahrrad zum Arbeitsplatz durch ein tägliches Workout ersetzt? Schaltet man auch im Home-Office nach der Arbeit ab oder nimmt man die letzte berufliche E-Mail gar mit ins eigene Bett?

Typische Fragen, um die eigenen Rollen zu hinterfragen

Erfüllen mich meine Aufgaben und Arbeitsabläufe sowie die Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen auch im Home-Office oder in der hybriden Arbeitswelt mit Zufriedenheit? Überfordert mich das Vermischen der privaten mit der beruflichen Welt? Habe ich noch ausreichend Zeit mit meiner Familie, meinen Kindern, meinen Freunden – also in einer anderen sozialen Rolle als am Arbeitsplatz? Wie hat sich meine Rolle in den letzten Wochen verändert? Habe ich meine Bedürfnisse für gewisse Aufgaben und Rollenverteilungen richtig kommuniziert? 

Typische Fragen, um die eigenen Reaktionen zu hinterfragen

Wie habe ich in bestimmten Situationen reagiert (dünnhäutig, genervt oder fröhlich, entspannt)? Habe ich oft gelacht oder mehr gejammert? Wie fröhlich war ich in bestimmten Situationen? Wie angespannt in anderen? Wie kann ich, gerade wenn Druck herrscht, gelassener reagieren? Welche Signale teilen mir meine Reaktionen mit? Habe ich die Reaktionen meines Gegenübers ernst genommen und aufrichtig zugehört? Habe ich die Reaktion der anderen Person richtig aufgefasst?

Typische Fragen, um die eigenen Relationships zu hinterfragen

Habe ich viel Zeit mit Menschen verbracht, die mir etwas bedeuten? Hatten wir gemeinsam eine gute Zeit? Wie war mein Kontakt mit meinen Kolleg:innen? Wie hat sich die Beziehung zu meinen Kolleg:innen und Freund:innen verändert? Nehme ich mir die Zeit neue Beziehungen zu knüpfen? Pflege ich alte Beziehungen?

So können Unternehmen helfen, Resilienz zu lernen

Doch wie können nun Unternehmen ihre Mitarbeitenden durch die 5 R’s dabei unterstützen, Resilienz zu lernen – und mit Veränderung auch in der Arbeitswelt besser umgehen zu können? 

  • Routinen: Neue Routinen brauchen Zeit. Um die neuen Strukturen auch im Arbeitsalltag zu etablieren, ist Kommunikation das A und O. Regelmäßige Check-ins mit Vorgesetzten und Kolleg:innen sind notwendig, um die neuen Ansätze und Abläufe zu besprechen und gegebenfalls auch anzupassen.
  • Reaktionen: Um negative Stimmungen zu vermeiden, müssen Mitarbeitende sowie Führungskräfte besonders viel Fingerspitzengefühl für die Gefühle ihrer Mitmenschen aufbringen – und insbesondere auch die einzelnen Personen mit ihren Bedürfnissen und ihrer völlig individuellen Privatsituation berücksichtigen (eine alleinerziehende Mutter reagiert wahrscheinlich anders als ein Single auf das Home-Office, gerade wenn das oder die Kinder in Quarantäne sind).
  • Rollen: Die hybride Arbeitswelt hat die Art und Weise der Zusammenarbeit verändert. Kurze Rückfragen über den Schreibtisch entfallen und auch der direkte Kontakt mit Kunden sowie Workshops sind seltener. Klare To-Dos und Aufgabenverteilungen sind nun das beste Rezept, Unsicherheit und Missverständnissen vorzubeugen: Vorgesetzte oder vertraute Kolleg:innen können für Klarheit sorgen und Hilfestellungen geben. Sobald festgelegt ist, was das Unternehmen im Vergleich zu früher nun von seinen Mitarbeitenden erwartet und wie effektiv von zu Hause aus gearbeitet werden kann, wird sich auch der Stress mindern.
  • Relationships: Regelmäßige Telefonate oder Videoanrufe mit Arbeitskolleg:innen zu planen, hilft, um in Kontakt zu bleiben. Diese Zeit sollte für zwischenmenschliche Gespräche genutzt werden, um dem Arbeitstrott im Home Office ein Stück weit zu entfliehen.
  • (Selbst)Reflektion: Um nicht in eine Sinnkrise zu rutschen, brauchen wir individuelle Ziele und Prioritäten. Dabei kann die Pandemie auch eine Art Chance sein. Indem wir uns regelmäßig für kurze Zeit aus dem routinemäßigen Alltag heraus nehmen, können wir herausfinden, was uns wirklich wichtig ist. Auch reflektierende Fragen im regelmäßigen Feedback-Gespräch können helfen – vorausgesetzt die Vertraunsbasis stimmt.

Schlussendlich sind Menschen keine Roboter aus Nullen und Einsen. Körper und Geist reagieren permanent auf unsere Umwelt und suchen Lösungen für die kontinuierlichen Herausforderungen. Nicht immer gelingt dies automatisch – genau dann sollte man bewusst eingreifen. Dies gilt auch jenseits der Pandemie. Von daher besteht die Hoffnung, dass wir alle – so der Spuk ein Ende hat – gestärkt hervorgehen und vor allem besser auf unser eigenes Wohlbefinden achten können.

Kommentare aus der Community

Markus am 16.03.2022 um 15:31 Uhr

Ich denke auch, dass man Resilienz nicht von Grund auf erlernen kann. Anderseits glaub ich schon, dass es etwas bringt, wenn man sich zum Beispiel immer wieder Gedanken über Dinge macht und sich so selbstreflektiert. Genau wie Sie es gesagt haben: Es muss der Impuls aus dem Inneren kommen.

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Peter Palfrader am 26.01.2022 um 12:21 Uhr

Sehr interessant.

Für alle die sich mit dem Thema näher auseinander setzen möchten, kann ich dieses Buch empfehlen. (ich habe das e-book gewählt)

Praxisbuch „Maximale Resilienz“
unter anderem direkt hier erhältlich:

https://matthiasschmal.com/?page_id=1472&lang=de

Antworten
Dr. phil. Dipl.-Sportl. Erich Blöchinger am 26.01.2022 um 08:40 Uhr

Resilienz ist eine ganzheitliche Angelegenheit, bei dem bio-psychosozialen Ansatz, geht es bereits beim Körper los. Im Sinne der med. Trainingstherapie ist das wichtigste Aerobes Ausdauertraining (mäßig, aber regelmäßig Spazierengehen etc.). Die Wissenschaft kann den gefühlten Regenerationseffekt Messe, denn aber auch jeder Laie spüren kann; genaueres erfährt man in guten Therapiezentren, die sich vorbeugend und auch therapeutisch gleich auch noch um Rücken etc. Kümmern können. Liegen chronische / verschleissbedingte Beschwerden vor, hilft Gelenk- bzw. Rückenschonender Muskelaufbau. Die Kassen bezahlen Rezepte für KG an Geräten

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Dorothea am 23.01.2022 um 21:59 Uhr

Resilienz ist nicht unbedingt erlernbar. Entscheidend ist wie stark man in einer Grenzsituation in der Lage ist das beste aus sich herauszuholen. Es liegt also an einem selbst. Das Aussen kann nur bedingt Hilfen leisten.
Es ist also eine innere Entscheidung.

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Thelen, Markus Ernst am 27.01.2022 um 16:40 Uhr

Sie, die Resilienz, ist nicht wirklich erlernbar, wenn der Impuls nicht aus dem Inneren kommt, aber man kann trotzdem etwas tun, immer wieder auf sich selbst achten, also Achsamkeit üben, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, ist erlernbar. Und sich nicht scheuen, auf andere zuzugehen, den Dialog zulassen.

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