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4-Tage-Woche: Wer weniger arbeitet, ist produktiver und glücklicher

4-Tage-Woche: Wer weniger arbeitet, ist produktiver und glücklicher

Maja Hansen | 28.08.18

Firmen in Köln und in Neuseeland haben auf die 4-Tage-Woche umgestellt. Die Produktivität der Angestellten bleibt gleich und die Zufriedenheit erhöht sich.

Die eigene Produktivität im Arbeitsalltag dadurch erhöhen, dass man weniger arbeitet? Diese Annahme scheint im ersten Moment widersprüchlich. Doch ein Unternehmen aus Neuseeland reduzierte genau aus diesem Grund die Arbeitszeit für jeden Angestellten. In einem achtwöchigen Testlauf bekamen sie jede Woche einen zusätzlichen Tag frei. Der Clou dabei: Die Bezahlung und die vertragliche Grundlage blieben jeweils erhalten. Auch eine Digitalagentur aus Köln wagte den Schritt. Kann dieses Modell Mitarbeitende wirklich produktiver machen?

Angestellte sind nicht nur 20 Prozent produktiver, sondern auch glücklicher

Ja, diese Methode funktioniert. Die Firma verzeichnete eine zwanzigprozentige Erhöhung der Produktivität, obwohl die Angestellten weniger arbeiteten. Zusätzlich waren die meisten durch die neu zugestandene freie Zeit auch noch glücklicher. Andrew Barnes, der Chef des Unternehmens, bezeichnet das Fazit dieses Testlaufs als einen vollkommenen Erfolg.

Um ein Ergebnis festhalten zu können, wurde die achtwöchige Testphase von Jarrod Haar, Professor für Human Resource Management der Universität Auckland, begleitet. Er stellte fest, dass sich die Zufriedenheit der Angestellten auf allen Ebenen steigerte – im Job sowie in der Freizeit. Außerdem hatten die Mitarbeitenden mehr Spaß an ihrer Arbeit und waren deutlich produktiver im Vergleich zu vorher.

Genau dieses Fazit erwartete Barnes bereits. Zuvor war er daran interessiert, die Produktivität seiner Angestellten zu steigern. In diesem Zuge informierte er sich und las mehrere globale Produktivitätsreporte, in denen diese Methode mehrfach angepriesen wurde.

Doch dieses Ergebnis hinterlässt viele offene Fragen. Fragen über unsere Arbeitskultur und auch Fragen über die Wertschätzung von Mitarbeitenden. Die Frage danach, ob unsere momentanen Strukturen überhaupt noch zeitgemäß und zweckerfüllend sind. Diese ist, auch basierend auf dem Ergebnis dieses Experiments, wohl mit einem Nein zu beantworten.

Kölner Unternehmen stellt auf Vier-Tage-Woche um

Auch eine Digitalagentur in Köln wagte den Schritt zur Vier-Tage-Woche. Wie der Stern berichtet, haben von nun an alle Angestellten am Freitag frei. Die Geschäftsführerin von „young and hyperactive“ Nadine Mohr erklärte im Interview mit Page:

Die Auslastung bei uns ist hoch, ein Projekt jagt das nächste, und die Wochenenden sind immer viel zu kurz. Eigentlich sind wir alle nie zur Ruhe gekommen.

Mohr wurde im Netz auf das Modell der Vier-Tage-Woche aufmerksam. Doch der Gedanke an die Reaktion ihrer Kunden verschaffte ihr, vor allem im Hinblick auf die Erreichbarkeit, Bedenken. Um dieser Angst zu begegnen beschloss sie, dass notfalls immer jemand einspringen kann, wenn es etwas Dringendes gebe. Daraufhin entschloss sich die Geschäftsführerin dazu, es einfach auszuprobieren.

Mohr entschied sich zu diesem Schritt, da ihr die Motivation ihrer Mitarbeitenden am Herzen lag. Mit der Einführung der Vier-Tage-Woche erhofft sie sich, dass die Angestellten am Montag endlich mal wieder den Kopf frei hätten, um motivierter und kreativer zu arbeiten. Genau wie bei der neuseeländischen Firma war für sie klar, dass Gehälter und Urlaubstage unverändert bleiben. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde für alle von 40 auf 36 Stunden reduziert.

Das bisherige Fazit der Geschäftsführerin ist durchweg positiv: Die Angestellten seien entspannter und nutzten den freien Tag beispielsweise für ihre Familie oder eigene Projekte.

Auch andere Beispiele zeigen positive Auswirkungen

Es gibt weiterhin weltweit andere Beispiele, in denen nicht ein ganzer Arbeitstag gestrichen, sondern die tägliche Arbeitszeit reduziert wurde. In Schweden hat die Regierung beispielsweise versucht, es Arbeitnehmern in Altersheimen zu ermöglichen, nur sechs Stunden pro Tag zu arbeiten. Die Angestellten verzeichneten eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Weniger Stress und mehr Zeit für Familie und Freunde seien entscheidende Faktoren gewesen. Allerdings stellte dieses Experiment für die Gemeinde eine Herausforderung dar, da zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden mussten, um dem Stundenwegfall zu begegnen.

In Island erlaubte die Regierung Stadtangestellten in Reykjavik ihre Arbeitswoche um vier oder fünf Stunden zu kürzen. Auch dieser Test zeigte, dass die Produktivität trotz weniger Arbeitszeit auf demselben Niveau blieb. So blieben auch die Kosten gleich. Außerdem waren die Angestellten wieder zufriedener und fielen krankheitsbedingt weniger aus.

Diese beiden Versuche zeigen, dass die Art der Arbeit entscheidend darüber ist, ob die Reduzierung des täglichen Arbeitspensums kosteneffektiv ist. Für Berufsfelder, die im Schichtdienst angesiedelt sind, ist eine ständige Präsenz unabdingbar. Das bedeutet, dass mehr Mitarbeitende eingestellt werden müssten, um die volle Arbeitszeit abzudecken. Für Büroangestellte ist dies meist nicht der Fall. So werden sie, wie auch in den Experimenten klar wurde, effizienter, wenn weniger Zeit für eine Aufgabe zur Verfügung steht und dehnen ihre Aufgaben nicht nur auf die vertraglich festgelegte Arbeitszeit aus. Dennoch werden Teilzeitangestellte schlechter bezahlt als Vollzeitarbeitende, obwohl die Produktivität laut diesen Untersuchungen wenig voneinander abweicht.

Work-Life-Balance, Wertschätzung und Produktivität – 3 zusammenhängende Begriffe

Helen Delaney, Dozentin an der Business School der Universität Auckland, hebt hervor, dass der Erfolg des Perpetual Guardian-Prozesses in Neuseeland vor allem auf die Beteiligung der Mitarbeitenden zurückzuführen sei. Gegenüber The Guardian sagte sie, dass die Angestellten eine Vielzahl an Innovationen und Initiativen mitentwickelt hätten, sodass man auf eine produktivere Art und Weise arbeiten könne. So wurden beispielsweise manuelle Prozesse automatisiert oder die nicht arbeitsbezogene Internetnutzung reduziert. Der Geschäftsführer von Perpetual Guardian wird nun mit dem Vorstand besprechen, ob die viertägige Woche ein Zukunftsmodell für das Unternehmen darstelle und dauerhaft eingeführt werden sollte.

Letztendlich sind die drei Begriffe Work-Life-Balance, Wertschätzung und Produktivität drei zusammenhängende Dinge. Wer Wertschätzung seitens seines Arbeitgebers erfährt, wird produktiver. Wenn diese Anerkennung sich dann optimalerweise in einer Reduzierung der Arbeitszeit zu den gleichen Konditionen äußert, wird die Work-Life-Balance zwangsweise davon profitieren. Natürlich ist dieser Schritt für viele Arbeitgeber mit Risiken verbunden. Deshalb sollte wie bei dem Beispiel aus Neuseeland, das Team mit in die Optimierung der Ausgestaltung der täglichen Arbeit miteinbezogen werden.

Klar ist: Wer seine Mitarbeitenden wertschätzt, egal auf welche Art und Weise, hat ein produktiveres und ein zufriedeneres Team mit einer im besten Fall ausgeglichenen Work-Life-Balance. So wie die Experimente zeigen, sind Angestellte in einer Vier-Tage-Woche ähnlich bis genauso produktiv wie in einer 40-Stunden-Woche. Die Vielzahl der Untersuchungen und Tests bezüglich der Veränderung der Arbeitszeiten, um die Produktivität und die Zufriedenheit der Angestellten zu steigern, zeigt eindeutig, dass der ursprüngliche Acht-Stunden-Tag wackelt und die Arbeitswelt sich neu orientieren will – oder muss.

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